„In Zeiten immer weiter steigender Anforderungen an Schaltanlagen ist ein eigener Erwärmungsprüfstand für uns wichtiger denn je“, betont Dirk Seiler. „Denn damit können wir die unterschiedlichsten Varianten unserer VAMOCON Schaltanlage bereits in der Entwicklungsphase schnell und zeitunabhängig prüfen, die Konstruktion optimieren und den Worst Case für weitere Schritte ermitteln“, so der Geschäftsführer der SEDOTEC GmbH & Co. KG in Ladenburg. Hierzu hat das Unternehmen im Sommer 2020 in Ladenburg einen Erwärmungsprüfstand in Betrieb genommen. Das erweitert die eigenen Möglichkeiten zur Prüfung von Schaltanlagen zum Nachweis der Erwärmung und macht das Unternehmen unabhängig von der Terminvergabe externer – oft ausgebuchter - Prüfeinrichtungen. „Das kommt natürlich letztendlich unseren Kunden zugute, wenn wir unsere Innovationen bereits ausgiebig vorgeprüft haben, bevor wir abschließende Prüfungen zum Bauartnachweis in einem externen, unabhängigen Prüflabor durchführen lassen“, erklärt Seiler.
Erwärmungsprüfung zum Schutz von Menschen und Anlagen
Auf dem neuen Prüfstand können Erwärmungsprüfungen nach DIN EN 61439 bis 4.000 A erbracht werden. Die seit 2014 verbindlich geltende Norm definiert klare Regeln für Niederspannungs-Schaltgerätekombinationen. Hier sind die sicherheitstechnischen Anforderungen an elektrische Betriebsmittel festgelegt, die Planer, Anlagenbauer, Elektroinstallateure und Endkunden genauso schützen, wie die Anlagen selbst. In einem eigens dafür errichteten und abgeschlossenen Prüffeld hat Sedotec hierfür eine Dreiphasen AC-Hochstromversorgung mit einem Stromkonstanter bis 4.000 A von REO installiert. Hinzu kommt eine Temperaturerfassung mit bis zu 99 Messpunkten. Mehrere Widerstandswagen zur Stromeinstellung der Abgänge haben die hauseigenen Konstrukteure passend dazu selbst entwickelt und aufgebaut.
Technologisch ist die Herausforderung, dass alles immer kleiner, schneller und kostengünstiger werden soll. Die Schaltgeräte werden in der Zukunft immer weiter ausgereizt werden bis an die Grenzen der Physik. Dabei sind Sicherheitsanforderungen und Haftungsfragen treibende Faktoren, auch, weil immer weniger Fachkräfte zur Verfügung stehen.
Anforderungen an Sicherheit steigen ständig
Allerdings werden Herstellerwerte von Schaltgeräten außerhalb des Schaltschranks, also frei in der Luft mit drei Metern Kupferschienenanbindung ermittelt. Im Schaltschrank ist die Situation aber eine ganz andere. Da ist die Temperatur der umgebenden Luft höher und die Kühlwirkung und Länge der Kupferanbindung geringer. Also müssen die Bemessungswerte der Geräte im eingebauten Zustand heruntergesetzt werden, um betriebstechnisch auf der sicheren Seite zu bleiben. Hinzu kommt, dass die Geräte immer seltener über Reserven verfügen, denn die sind Kosteneinsparungen zum Opfer gefallen. Das heißt, in der Folge müssen immer mehr Varianten geprüft werden und können nicht mehr einfach abgeleitet werden. Hinzu kommt die zunehmende Digitalisierung in den Schaltgeräten. Die verwendeten Elektronikkomponenten schränken die Grenzübertemperatur der Schaltgeräte weiter ein, was den Prüfaufwand nochmals erhöht. Und alles muss detailliert dokumentiert und schriftlich bestätigt werden. Als Hersteller des Schaltanlagensystems VAMOCON liefert Sedotec zugesicherte Eigenschaften für den Anwender und Betreiber. „Deshalb erweitern wir unsere Prüfmöglichkeiten in Ladenburg“, stellt Seiler klar.
Mess- und Prüftechnik hilft bei Corona-Auflagen
Die Prüfungen sollen ermitteln und nachweisen, dass der Schaltschrank und die darin eingebauten Schaltgeräte sich im extremen Belastungsfall immer innerhalb der zulässigen Werte bewegen und erwärmen. Mit dem „Nachweis unter separater Betrachtung individueller Funktionseinheiten sowie der kompletten Schaltgerätekombination“ prüft Sedotec die einzelnen Abgänge im Schaltschrank einzeln und separat. Anschließend werden die Abgänge im Parallelbetrieb geprüft. So können die Verantwortlichen eine Aussage über den maximalen Bemessungsstrom der einzelnen Abgänge und einen Bemessungsbelastungsfaktor im Parallelbetrieb der Abgänge treffen.
Eingesetzt wird die in vielen Prüflaboren bewährte Messtechnik des deutschen Herstellers Ahlborn aus der Reihe ALMEMO 5690. Die Messwerte werden bei laufender Prüfung über einen PC auf das Firmennetzwerk übertragen. Dies hat gerade in Corona-Zeiten einen bedeutenden Vorteil: Mitarbeiter können den Verlauf der Prüfung live aus der Ferne von ihrem Arbeitsplatz aus verfolgen, ohne vor Ort anwesend sein zu müssen.
Bauartnachweise als dokumentierte Sicherheit für Anwender
Es muss lediglich das prüfende Personal anwesend sein und den normgerechten Ablauf sowie den Prüfstand überwachen. Begleitende Personen, die im Büro oder sogar im Homeoffice den Mindestabstand in Coronazeiten einhalten, erhalten so dennoch einen nachvollziehbaren Eindruck der durchgeführten Prüfung. Seiler erklärt auch, warum das so wichtig ist: „Gerade wenn wir unsere eigenen Produkte im Erwärmungsprüftstand vorprüfen, ist die Nachvollziehbarkeit und das Erkennen von Optimierungspotentialen sehr wichtig. Wir beteiligen hier möglichst alle Wissensträger aus unserem Unternehmen, um letztendlich das bestmögliche Ergebnis zu erzielen.“ Am Ende soll schließlich der Bauartnachweis der Erwärmung nach DIN EN 61439 bis 4.000 A stehen.