Herr Seiler, seit unserem letzten Gespräch (SSB 1+2 2020) sind schon wieder drei Jahre vergangen – besonders harte Jahre für uns alle. Wie sind Sie mit Sedotec durch die Krise gekommen?
Ja, die letzten Jahre waren wirklich hart. Und wir haben auch Federn gelassen. Allerdings haben wir die Zeit auch intensiv genutzt, um zu restrukturieren und unsere Strategie zu überarbeiten. Das wichtigste Ergebnis ist, dass wir Ende 2023 die Auftragsfertigung für Konzerne einstellen werden. Wir werden dann ausschließlich als Systemlieferant agieren und uns auf unser eigenes System Vamocon konzentrieren.
Das klingt nach einer mutigen und radikalen Veränderung.
Ja, das ist es auch – und eine riskante obendrein. Um alle unsere Beschäftigten auf diesem Weg mitzunehmen, haben wir hierfür weiter viel Zeit und Arbeit in Kultur, Mindset und Zusammenarbeit bei Sedotec investiert. Was wir lange vor Corona begonnen hatten, findet nun noch stärker Beachtung. Wir haben ein Unboss Managementsystem eingeführt. Ziel ist dabei der Aufbau eines starken Teams mit Führungskräften, die eine Kultur schaffen, in der sich die Mitarbeitenden sicher fühlen, ihre Meinung sagen, Risiken klug eingehen und manchmal auch scheitern - denn nur so lernen und wachsen wir alle. Es beginnt damit, dass die Mitarbeitenden die strategischen Ziele und ihre Rolle mit Aufgaben, Befugnissen und Verantwortungen kennen. Diese Kultur mit dem Unboss Gedanken im Mittelpunkt ist uns sehr wichtig. Denn: Stimmt die Kultur nicht, kann man alles andere vergessen. Oder wie BWL-Papst Peter Drucker sagt: „Kultur frisst Strategie zum Frühstück!“
Dies war in den vergangenen Jahren ein immenser Kraftakt für alle unsere Mitarbeitenden. Bei denen möchte ich mich hiermit noch einmal ausdrücklich bedanken. Ohne die Tatkraft, Leidenschaft und den Durchhaltewillen aller Beteiligten wäre dies nicht möglich gewesen. Aber es hat sich gelohnt. Wir sind 2023 zum vierten Mal hintereinander als TOP ARBEITGEBER MITTELSTAND ausgezeichnet worden. Und wir arbeiten hart daran, auch weiterhin zu den besten Arbeitgebern des deutschen Mittelstands zu gehören. Das Ergebnis spüren wir seit langem. Fachkräftemangel ist bei uns kein Thema. Wir werden im Markt wahrgenommen und bekommen regelmäßig alle freien Stellen besetzt. Und auch mit den anderen Ergebnissen bin ich sehr zufrieden. Wir haben 2022 nahezu alle Unternehmensziele erreicht.
Wollen Sie die unseren Lesern verraten?
Ja, gerne. Wir haben insgesamt einen einstelligen Millionenbetrag in Ausstattungen und die Zukunft als Systemlieferant investiert. Im Rahmen der Restrukturierung und Neuausrichtung haben wir für unser System Vamocon ein neues Wertstromdesign umgesetzt. Aktuell sind wir dabei, unser ERP-System auf ein völlig neues Level zu bringen, und für die Digitalisierung der Zukunft fitzumachen. Das ist dann das Sahnehäubchen für das neue Wertstromdesign als Systemlieferant. Ferner reformieren wir unseren Vertrieb, um noch stärker auf die Bedürfnisse unserer Vamocon-Kunden reagieren zu können. In unserer Strategie haben wir eine radikale Kundenorientierung verankert, der sich alles unterordnet. Wir nutzen alle Stärken im Unternehmen, um Innovationen schnell und vor allem kundenzentriert zu entwickeln. Das schließt auch ein, dass wir manchmal Unmögliches möglich machen werden. So werden wir uns in Zukunft noch viel stärker von Mitbewerbern abheben. Darauf freue ich mich persönlich am meisten.
In der Vergangenheit waren ja gerade die innovativen Neuentwicklungen das, was Sedotec bei Planern und Betreibern bekannt und beliebt gemacht hat. Welche Neuheiten dürfen ihre Kunden denn zukünftig erwarten?
In der Tat sind die Innovationen ein großer Teil unserer DNA. Wir haben die Schalterfreiheit, die Steckmodule und schlankere Kupplungen als neuartige Lösungen in den Markt gebracht. Wir haben den ersten Online-Konfigurator mit 3-D Ausgabe entwickelt. Und wir haben die Sicherheit von Mensch und Anlage mit neuen Entwicklungen auf ein höheres Niveau gebracht. Und manche unserer Entwicklungen sind inzwischen zum Standard geworden.
Warum kommen von Ihnen so viele innovative Lösungen mit praxistauglichem Kundennutzen? Das erwartet man ja eher von „den Großen“ der Branche.
Wir brennen für den Fortschritt mit maximalem Kundennutzen. Deshalb dürfen unsere Kunden auch in Zukunft regelmäßig weitere innovative, praxistaugliche Lösungen von uns erwarten. Dafür haben wir vor vielen Jahren schon unseren Produktentstehungsprozess mit „Design Thinking“ festgelegt, den alle intensiv leben. Das Wichtigste daran sind konsequentes Vorgehen sowie dauerhaftes, konsistentes Dranbleiben. Das hilft dabei, die richtigen Produkte zu entwickeln, die Produkte richtig zu entwickeln und die Produkte zum richtigen Zeitpunkt fertig zu haben. Darüber hinaus schafft dieser Prozess Transparenz für alle Beteiligten und einen besseren, weil störungsfreien Durchfluss in der Produktentwicklung.
Gewinnen Sie deshalb „die Großen“ sogar als Partner, die Sie auf Augenhöhe wertschätzen?
Ja, das glaube ich schon. Hinzu kommt eine auf Vertrauen basierende Offenheit, die wir jüngst gemeinsam mit Schneider Electric mit einer neuen Schnittstelle bewiesen haben. Diese neue Schnittstelle zu ecoreal V ist die Symbiose aus den Schneider Electric Produktselektoren mit unserem Konfigurationstool VAMOCAD. Dabei wurde der Funktionsumfang und die Benutzeroberfläche von VAMOCAD zur Erstellung des Schaltanlagensystems VAMOCON in die bekannte Konfigurationslandschaft ecoreal von Schneider Electric integriert. So lassen sich Schaltgeräte von Schneider Electric ohne Datenverlust oder Mehraufwand mit dem Schaltanlagensystem VAMOCON von Sedotec kombinieren. Diese Zusammenarbeit und das Vertrauen von Schneider Electric in Sedotec bestätigt uns, dass wir uns unter den Top Anbietern etabliert haben.
Und was planen Sie konkret als Nächstes?
Wir bringen noch im ersten Quartal eine professionelle und standardisierte Lösung für den Netzanschluss von Energieerzeugungsanlagen in unserem zukunftsweisenden Highlight VAMOCON 1250 heraus. Wissen Sie, alle sprechen über Erneuerbare Energie, aber professionelle und standardisierte Smart Grid Lösungen zur Einspeisung der selbst erzeugten Energie muss man oft suchen. Das war zugegebenermaßen auch bei uns noch ein Defizit. Mit dem neuen Kuppelschalterfeld können Betreiber die selbst erzeugte Energie jeglicher Art, also die aus erneuerbaren Quellen wie Photovoltaik genauso wie die aus einem Blockheizkraftwerk, sicher einspeisen und zusammen mit der bisher aus dem öffentlichen Netz bezogenen elektrischen Energie nutzen.
Was sind die genauen Vorteile für die Anwender?
Nun, da gibt es einige. Mit dem Kuppelschalterfeld können die Anforderungen der VDE-AR-4110 – Anschluss von Erzeugungsanlagen an das Netz - auch mit VAMOCON 1250 einfach erfüllt werden. Es ist, wie es Kunden von allen unseren Lösungen kennen, modular aufgebaut, platzsparend und kostenoptimiert entwickelt. Improvisierte Lösungen, wie Kabelbrücken von Feld zu Feld sind nicht mehr nötig. Ferner gibt es natürlich Messwandlerfelder mit herausnehmbaren Wandlerlaschen zum Einbau der Verrechnungswandler des Netzbetreibers. Auch diese neuen Felder werden – wie gewohnt – in VAMOCAD online konfiguriert und vormontiert geliefert.
An weiteren solchen kundennahen und praktikablen Lösungen sind wir schon wieder dran. Darüber möchte ich aber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sprechen.
Dann bleiben wir gespannt. Vielen Dank Herr Seiler.
Vielen Dank auch Ihnen.