Als zukunftsorientiertes Unternehmen ist es für das Kunststoff-Zentrum SKZ selbstverständlich, eine sowohl zuverlässige als auch ökologisch sinnvolle Energielösung einzusetzen. Deshalb setzt das SKZ, ein Institut der Zuse-Gemeinschaft, bei neu geplanter Infrastruktur, wie der Modellfabrik und dem Trainingszentrum Qualitätswesen, als auch bei Bestandsgebäuden zukünftig auf Fernwärme. Die notwendige Erweiterung der Fernwärmeleitung wird durch den Neubau der Modellfabrik des SKZ ermöglicht und bringt somit den Ausbau des Fernwärmenetzes in der Region voran.
Die Grundsteinlegung für die neue Modellfabrik des SKZ in Würzburg erfolgte im Juli 2020. Die Bauarbeiten schreiten gut voran und die Rohbauarbeiten des Kellers werden bald planmäßig abgeschlossen. Auch mit den Bauarbeiten für das neue Trainingszentrum Qualitätswesen in unmittelbarer Nähe zur Modellfabrik, soll in Kürze begonnen werden. In direkter Nachbarschaft befinden sich bereits seit vielen Jahren die Verarbeitungstechnika sowie das Technologie-Zentrum des SKZ. Der Standort im Industriegebiet Ost Würzburg-Lengfeld ist somit der mit Abstand größte SKZ-Sitz neben der Zweigstelle in der Würzburger Zellerau und fünf weiteren Standorten in Deutschland.
Die Neubauten wurden auf Wunsch des SKZ so geplant, dass eine bestmögliche Effizienz hinsichtlich Kosten/Nutzen-Verhältnis sowohl in der Bauphase als auch im laufenden Betrieb erzielt werden kann. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Baukosten. In der Modellfabrik werden im Vergleich zu anderen kürzlich entstandenen Forschungsbauten in Würzburg rund 4-mal mehr Mitarbeiter pro verbautem Euro einen Arbeitsplatz finden. Auch hinsichtlich der Emissionen und des Energieverbrauchs wird Wert auf Effizienz gelegt. Hierbei liegt die Nutzung von Fernwärme sehr nahe. Sie kommt aus dem nahe gelegenen Müllheizkraftwerk, ist umwelt- und ressourcenschonend und sichert somit die Lebensqualität. Der biogene Anteil des zur Wärmeerzeugung verwendeten Abfalls beträgt rund 50 % und zählt zu den erneuerbaren Energiequellen, dessen Anteil CO2-neutral ist.
Am SKZ in Lengfeld führt bislang keine Fernwärmeleitung vorbei, an die ein Anschluss möglich wäre. In der ersten Planungsphase der Modellfabrik schien eine Verlängerung der Fernwärmeleitung von der Justizvollzugsanstalt bis zum SKZ um rund 1 km nicht realisierbar. Im Zuge notwendiger Umplanungen wendete sich das Blatt jedoch. „Ich bin sehr froh, dass während der Antragsberatungen mit der Regierung von Unterfranken nochmals vom dortigen Sachgebietsleiter Hochbau, Roman Zirngibl, der Hinweis kam, dass die Fernwärmenutzung für das SKZ doch die ideale Lösung im Hinblick auf geringe Investitions- und auch Betriebskosten sei. Das verlieh den Beratungen mit dem örtlichen Energieversorger WVV, dem Netzbetreiber MFN sowie dem Zweckverband Abfallwirtschaft als Betreiber des Müllheizkraftwerks nochmals neuen Anschub. Die anschließenden Beratungen waren aufgrund der vielen Akteure recht komplex und es gab auch den einen oder anderen Rückschlag“, so Dr. Thomas Hochrein, Bauherr und Geschäftsführer am SKZ, und ergänzt: „Doch am Ende zahlte sich Durchhaltevermögen aus und das Ergebnis gibt dem recht. Alle Beteiligten waren immer guten Mutes und zeigten dabei volles Engagement bei der Lösungssuche“.
So konnte nun kürzlich ein Kooperationsvertrag unterzeichnet werden, das dem SKZ über lange Zeit die Versorgung mit Fernwärme sichert und auch den Ausbau der Fernwärmeleitung im Industriegebiet Lengfeld Ost vorantreibt. Damit ist auch verbunden, dass der Großteil der SKZ-Bestandsliegenschaften ebenfalls an die Fernwärme angeschlossen werden und auch Anrainer der neuen Fernwärmeleitung am Friedrich-Bergius-Ring die neue Energiequelle zukünftig nutzen können. Die gesamte Transportleistung der neuen Leitung ist zur Deckung eines Wärmebedarfs bis rund 4,0 Mio. Kilowattstunden geeignet. Gegenüber der Nutzung der Wärme im bundesdeutschen Mix ergibt dies eine Einsparung von mehr als 800 Tonnen CO2 jährlich. Dies entspricht einer Einsparung jährlicher CO2-Emissionen von etwa 370 PKW bei einer Fahrleistung von je 15.000 km pro Jahr. Die WVV-Töchter Mainfranken Netze GmbH und Stadtwerke Würzburg AG werden im Auftrag des Zweckverbands Abfallwirtschaft dieses Vorhaben realisieren.
Die erreichte Lösung ist für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation. Denn neben der Nutzung der Wärme, die quasi als Abfallprodukt im Kraftwerk anfällt, geht das SKZ noch einen Schritt weiter. Das SKZ hat durch seine Prüf- und Produktionstechnik ebenso einen immensen Kältebedarf. Zudem sollen die neuen Gebäude im Sommer gekühlt werden, um trotz steigender Durchschnittstemperaturen ein angenehmes Arbeiten für die Mitarbeiter zu ermöglichen. Damit entsteht in den Sommermonaten der höchste Energiebedarf für Kälte, während das Kraftwerk in dieser Zeit die wenigsten Abnehmer für Fernwärme hat. Wenn die überschüssige Wärme in Kälte umgewandelt werden könnte, wäre das eine ideale Lösung zugunsten eines stark verbesserten Wirkungsgrads im Sommer.
„Und dafür gibt es eine Lösung“, so Patrick Langen, Facility Manager des SKZ, der sich als Energiemanager auch um die effiziente Versorgung der SKZ-Infrastruktur kümmert. „Das Zauberwort lautet ‚Absorptionskältemaschine‘. Üblicherweise wird die Kälte recht teuer und energieintensiv aus elektrischer Energie hergestellt. Durch die Installation einer solchen Absorptionskältemaschine kann ‚ganz einfach‘ die Wärmeenergie in Kälte umgewandelt werden. Das ist bislang kaum bekannt und etabliert. Damit kann jedoch eine ressourcenschonende und klimaschonende Energieversorgung realisiert werden. Das ist eine Blaupause für die Kunststoffindustrie, aber auch weit darüber hinaus. Wir sind stolz, dass wir dies im Zuge der Modellfabrik umsetzen können.“, erklärt Langen. Die notwendige Haustechnikplanung soll für alle Gebäude aus einer Hand des regionalen Haustechnikspezialisten abi Technische Gebäudeausrüstung GmbH & Co.KG erfolgen. Für die Versorgung der SKZ-Neu und -Bestandsgebäude werden zwei Absorptionskälteanlagen mit einer Leistung von jeweils 200 kW installiert.
Prof. Martin Bastian, Institutsleiter des SKZ, begrüßt diese Errungenschaft sehr: „Wir haben uns kürzlich im Geschäftsführungskreis dazu verpflichtet, dass wir das SKZ zum ersten klimaneutralen Institut entwickeln wollen. Neben dem Ausbau der Fotovoltaik ist die zukünftige Nutzung der Fernwärme und die damit verbundene Verlängerung der Fernwärmeleitung bis ans SKZ ein wichtiger Baustein. Wir können damit unseren Kunden zukünftig CO2-neutrale Dienstleistungen anbieten – bis hin zur kompletten Klimaneutralität des SKZ“.