Die bayerische Kunststoffindustrie ist mit etwa 600 Betrieben und einem jährlichen Umsatz von rund 20,8 Milliarden Euro ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Steigende Anforderungen, die sich unter anderem aus den regulatorischen Entwicklungen des EU-Green-Deal ergeben, üben bereits heute einen hohen Veränderungsdruck auf die Kunststoffindustrie aus: Dazu zählen etwa die zu erwartenden Rezyklatquoten für spezifische Kunststoffanwendungen und Polymere, das Verbot von Einwegprodukten oder die Anforderungen an die Langlebigkeit und Reparaturfähigkeit von Produkten im Zuge der kommenden EU-Ökodesign-Verordnung. Hinzu kommt, dass der Freistaat Bayern als erstes Bundesland bereits bis 2040 klimaneutral werden will – eine geeignete Klimastrategie und ein Klimamanagement auch für die Unternehmen der Kunststoffbranche wird dadurch unabdingbar.
Drei Treibhausgasszenarien entwickelt
In der Analyse wurde für die Herstellung und Verwertung der in Bayern eingesetzten Kunststoffe für das Jahr 2021 eine Klimawirkungskennzahl (KW-Kennzahl) in Höhe von ca. 8,7 Mio. Tonnen CO₂-Äquivalenten (CO₂e) ermittelt werden. Mit Blick auf das Jahr 2040 wurden drei Treibhausgasszenarien entwickelt. Szenario 1 orientiert sich dabei an den bestehenden politischen Vorgaben, Szenario 2 zeigt das Treibhausgasminderungspotenzial bei weitgehender Ausschöpfung bestehender Technologietrends und Szenario 3 stellt ein Best-Case Szenario dar, das insbesondere von einer stärkeren Vermeidung des Kunststoffeinsatzes, auch bedingt durch andere Nutzungsmuster, ausgeht. Je nach Szenario können die Treibhausgasemissionen bis 2040 auf 5,5 Mio. Tonnen CO₂e (Szenario 1) bis 2,1 Mio. Tonnen CO₂e (Szenario 3) reduziert werden.
Technische Infrastruktur in Bayern muss ausgebaut werden
Um die insgesamt mit Kunststoffen verbundenen Umweltauswirkungen und insbesondere den Treibhauseffekt zu reduzieren, sind vor allem verstärkte Entwicklungsanstrengungen zu Materialreduktion, Substitution von Kunststoffneuware und gezielte Wiederaufbereitung von Kunststoffabfällen erforderlich. Hierfür müssen auch die technische Infrastruktur und Unterstützungsangebote an F&E-Einrichtungen in Bayern weiter ausgebaut werden, um so die bayerischen Unternehmen bei der Transformation gezielt unterstützen zu können.
Dauerhafte Wettbewerbsfähigkeit der Rezyklate muss hergestellt werden
Die derzeit in Vorbereitung befindliche EU-Ökodesign-Verordnung muss verbindliche Vorgaben für den Materialeinsatz, die Reparaturfähigkeit sowie die Langlebigkeit und Recyclingfähigkeit von Kunststoffen bringen. Im Bereich der Sortier- und Recyclinginfrastruktur stehen verschiedene Tracertechnologien sowie KI-basierte Erkennungs- und Sortiersysteme in den Startlöchern. Für deren industrielle Erprobung sollten umfangreiche Entwicklungsprogramme aufgelegt werden. Um Investitionssicherheit für Sortier- und Recyclinganlagen zu schaffen, muss die dauerhafte Wettbewerbsfähigkeit der Rezyklate hergestellt werden. Um die Stoffströme am Ende des Lebenszyklus möglichst zielgerichtet zu lenken, müssen Geschäftsmodelle für Rücknahme- und Sammelsysteme entwickelt und erprobt werden.
Nutzung biobasierter Kunststoffe in der Regel ökologisch vorteilhaft
Auch die Nutzung von biobasierten Kunststoffen und der Einsatz nachwachsender Rohstoffe im Verbund mit Kunststoffen sind in der Regel ökologisch vorteilhaft. Im Sinne der bayerischen Bioökonomiestrategie sollten Modellregionen gefördert werden, die die gesamte Wertschöpfungskette der Rohstoffbereitstellung und Produktherstellung von biobasiertenKunststoffen und Verbundwerkstoffen abdecken und deren technische und wirtschaftliche Tragfähigkeit unter Beweis demonstrieren.
Kontinuierliches Nachhaltigkeitsmonitoring empfohlen
Um die Wirksamkeit der eingeleitete Maßnahmen und technischen Entwicklungen zu überprüfen, wird ein kontinuierliches Nachhaltigkeitsmonitoring der bayerischen Kunststoffindustrie empfohlen. Nur so können die Umweltfolgen von Rebound-Effekten und des fortschreitenden Wirtschaftswachstums in die Betrachtung einbezogen werden.
Zur gesamten Studie
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