Das Zukunftsprojekt Industrie 4.0 ist seit Jahren in aller Munde. Doch noch immer fehlen wichtige Werkzeuge, um den neuen Industriestandard in die Praxis umsetzen zu können. Abhilfe soll das PAiCE-Förderprogramm (Platforms, Additive Manufacturing, Imaging, Communication, Engineering) des Bundeswirtschaftsministeriums schaffen. Ein daran angeschlossenes Vorhaben ist das Leuchtturmprojekt IC4F (Industrial Communications for Factories), an dem der Hamburger Intralogistiker STILL maßgeblich beteiligt ist. „Die insgesamt 15 Projektpartner aus Industrie und Forschung – darunter die Robert Bosch GmbH, Siemens, die Deutsche Telekom AG und Nokia – haben während der vergangenen dreieinhalb Jahre einen Technologiebaukasten für eine vertrauenswürdige industrielle Kommunikations- und Computinginfrastruktur erarbeitet“, erläutert Ansgar Bergmann, Project Manager aus dem Bereich Technologie & Innovation, der die Projektanteile von STILL verantwortet hat. Dieser Baukasten basiere auf einer offenen Architektur und erlaube modulare Erweiterungen für neue Anwendungen und Kommunikationstechnologien. „Die Ergebnisse unserer Forschung“, so Bergmann weiter, „werden es den Anwendern ermöglichen, geeignete Informations- und Kommunikationstechniken entsprechend der Anforderungen einer Industrie 4.0 sowie eines spezifischen Migrationsansatzes auszuwählen.“ Bei den sicheren, robusten und echtzeitfähigen Kommunikationslösungen für die verarbeitende Industrie kommen Schlüsseltechnologien aus den Bereichen 5G, Multi-Access-Edge-Computing (MEC), Cloud Computing, Virtualisierung sowie Industrial Monitoring und Analytics zum Einsatz.
Mittendrin statt nur dabei
Besonders stolz ist Ansgar Bergmann darauf, dass STILL an diesem Projekt nicht nur „einfach teilgenommen hat“, sondern seine Expertise voll und ganz einbringen und die Entwicklung entscheidend mitbestimmen konnte. „Wir haben unseren großen Erfahrungsschatz, über den wir in den Bereichen industrieller Vernetzung und der Industrie 4.0 verfügen, gewinnbringend in die Waagschale geworfen. Dabei ist uns zugutegekommen, dass wir im Auftrag der Bundesregierung und des VDMA bereits in der Vergangenheit mehrere Leitfäden für die Industrie mitgestaltet haben“, so der STILL Experte. Auf der anderen Seite konnte auch der Hamburger Intralogistiker Nutzen ziehen aus der Teilnahme am IC4F-Projekt. Bergmann: „Zunächst haben wir uns selbst bewiesen, dass wir die erfolgreiche Vernetzung im Lager beherrschen und unsere Ansätze funktionieren. Zudem konnten wir viele neue Erkenntnisse gewinnen, die wir jetzt in der Zusammenarbeit mit unseren Kunden für beide Seiten gewinnbringend einsetzen werden.“
Livevorführungen verdeutlichen Projekterfolg
Am 22. Oktober fanden diese Arbeiten ihren vorläufigen Abschluss. STILL lud dafür Projektpartner und interne Stakeholder in den Stammsitz an der Elbe ein. Dort ist auch ein für die Projektdurchführung notwendiges Mobilfunk-Campus-Netzwerk von der Firma Nokia eigens eingerichtet worden, welches als Wegbereiter für neue Kommunikationstechnologien wie 5G dienen wird. In mehreren Livevorführungen wurden dann die wegweisenden Ergebnisse der Projektarbeit präsentiert. Eine Livevorführung („Use Case Truck-to-X Communication“), die maßgeblich von STILL entwickelt wurde, beschäftigte sich beispielsweise mit der Torsteuerung in einer Fabrikhalle. Bei diesem Anwendungsfall wurden sowohl Gabelstapler als auch andere Fabrikinstallationen in eine gemeinsame Kommunikationsumgebung eingebunden. Die Indoor-Lokalisierung liefert die Positionsdaten der Stapler, welche anschließend von verschiedenen Anwendungen der an der Livevorführung beteiligten Partner weiterverarbeitet wurden. In diesem Beispiel erfolgte die Torsteuerung rein aus einer virtuellen Welt heraus. Das Tor öffnete automatisch, sobald sich ihm ein Gabelstapler näherte. Die Umsetzung dieser Torsteuerung wurde als sogenannte Verwaltungsschale implementiert. Dafür wurden vom Gabelstapler und vom Tor digitale Zwillinge erzeugt. In den Teilmodellen der Verwaltungsschale wurden dann alle physikalischen Eigenschaften von Stapler und Tor permanent zur Verfügung gestellt. Das virtuelle Modell, welches die Abläufe steuerte, war somit kontinuierlich in der Lage, diese Daten zu vergleichen und etwa das Tor nur dann zu öffnen, wenn der Stapler von seinen Dimensionen her auch wirklich durchpasst. Zusätzlich wird auf die Fahrsteuerung des Staplers zugegriffen und der Fahrer gewarnt, falls es eng wird. Torbeschädigungen wie sie heute auftreten, würden somit der Vergangenheit angehören.
Hoher Kundennutzen
Insgesamt wurden in Hamburg während der Präsenzveranstaltung einige Livevorführungen und eine Vielzahl von neuen oder erweiterten industriellen Anwendungsfällen gezeigt, z.B. der „Bring your Own Network“-Ansatz von Siemens zur leichteren Installation von Multi-Tenant-Netzen in Unternehmen oder das moderne „Zertifikatsmanagement über die Cloud“ der Telekom, das sowohl die Sicherheit als auch den Komfort im Bereich der industriellen Kommunikation erhöht. „Diese Proof-of-Concept-Implementierungen dienen dazu, die Methodik zu überprüfen und die Anwendungsfälle zu validieren“, so Ansgar Bergmann. Der STILL Experte ist fest davon überzeugt, dass viele Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem IC4F-Projekt später auch in industrielle Anwendungen fließen und von großem Nutzen für die Kunden von STILL sein werden. „Mit diesen Erfahrungen im Rücken sind wir der ideale Ansprechpartner, wenn es um Industrie-4.0-Themen oder um die Vernetzung im Lager geht“, ist sich Ansgar Bergmann sicher.