Ein Urteil des österreichischen Berufungsgerichts, OLG Linz, bestätigt in zweiter Instanz die für Sycor Austria positive erstinstanzliche Entscheidung des LG Wels im wesentlichen Kern: Es verpflichtet u.a. die Arineo als Gegenseite, die unlautere Abwerbung weiterer Mitarbeiter in Österreich zu unterlassen und bestätigt, dass die Beklagten für sämtliche Schäden haften, die der Sycor Austria aus der unlauteren Abwerbung von Mitarbeitern entstanden sind oder noch entstehen.
Die Klägerin ist die österreichische Sycor. Die Unterlassungsbegehren, soweit ihnen stattgegeben wurde, sind auf Österreich beschränkt. „Aufgrund der gerichtlichen Feststellungen gehen wir jedoch davon aus, dass die Entscheidung auch für die in Deutschland anhängigen Gerichtsverfahren von besonderem Interesse ist“, sagt Rüdiger Krumes, Geschäftsführer der Sycor.
Das Berufungsgericht bestätigte die Feststellung, dass es einen systematischen Abwerbungsplan für Mitarbeiter und Kunden der Sycor-Gruppe gab und dieser von einer Gruppe ehemaliger Sycor-Führungskräfte gesteuert und auch umgesetzt wurde, zu der u.a. der heutige Arineo CEO Dr. Marko Weinrich zählte. Die gerichtliche Entscheidung des Oberlandesgerichts Linz ist nicht rechtskräftig.
Das Berufungsgericht hat u.a. festgehalten, dass der wesentliche Schaden, den die Klägerin durch das wettbewerbswidrige Vorgehen der Beklagten erlitt, in der Abwerbung der Mitarbeiter zu sehen ist – da nach Ansicht des Berufungsgerichts branchenspezifisch bei der wettbewerbswidrigen Abwerbung der Mitarbeiter die Kunden wegen des engen Betreuungsverhältnisses und der Problemkenntnisse dieser Mitarbeiter sehr häufig mitwechseln.
Zum Hintergrund: Sycor hat handfeste Anhaltspunkte dafür, dass Arineo sich bei der Abwerbung von Mitarbeitern und Kunden unlauterer Mittel bedient hat. Aus diesem Grund hat der in Göttingen beheimatete IT-Dienstleister im September 2019 eine Klage gegen die Arineo GmbH in Deutschland eingereicht. Bereits im Juli 2019 hatte der österreichische Ableger von Sycor eine Klage u.a. gegen die Arineo GmbH und die Arineo Austria GmbH in Österreich eingereicht, über die nun in zweiter Instanz entschieden wurde.
Insgesamt sind der Näder Holding und der Sycor-Gruppe Schäden in Millionenhöhe entstanden.
Das Urteil des OLG Linz im Detail:
- Das OLG Linz bestätigte das Begehren der Sycor Austria auf Unterlassung der unlauteren Abwerbung von weiteren Mitarbeitern (nur) in Österreich zur Gänze. Die diesbezügliche Berufung der Beklagten wurde verworfen.
- Weiter bestätigte das OLG Linz das Begehren, dass die Beklagten zur ungeteilten Hand für sämtliche Schäden haften, die der Sycor Austria aus der unlauteren Abwerbung von Mitarbeitern durch die Beklagten entstehen. Auch diesbezüglich wurde die Berufung der Beklagten verworfen. Haftung zur ungeteilten Hand heißt, dass jeder der Beklagten für den gesamten Schaden haftet (gesamtschuldnerisch).
- Der Berufung der Beklagten wurde lediglich im Hinblick auf die Frage der Klagebefugnis der Sycor Austria für Handlungen gegen ihre Konzerngesellschaften, entsprochen, diesbezüglich sah das Berufungsgericht keine Klagebefugnis der Sycor Austria. Weiterhin war nach Ansicht des Berufungsgerichts auch das Feststellungsbegehren der Sycor Austria, um jenen Bereich, den das Erstgericht hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens abgewiesen hat, nämlich die behauptete unlautere Kommunikation gegenüber Kunden, einzuschränken.
- Der Berufung der Sycor Austria, gerichtet gegen die erstinstanzliche Abweisung des Unterlassungsbegehrens wegen behaupteter unlauterer Kommunikation gegenüber Kunden (zwecks Abwerbung) durch die Beklagten, wurde durch das Berufungsgericht abgewiesen.
- Das Urteil ist nicht rechtskräftig und kann mittels eines Rechtmittels bekämpft werden. Zuständiges Revisionsgericht ist der Oberste Gerichtshof (OGH). Der OGH entscheidet letztinstanzlich. Der OGH kann nur bei Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung angerufen werden.
- Urteil 1. Instanz: Das Landesgericht Wels hat nach einem umfassenden Beweisverfahren, welches im April 2021 beendet wurde, am 15. Juni 2021 ein erstinstanzliches Urteil gefällt. Dieses hat den Ansprüchen der Sycor überwiegend stattgegeben, insbesondere hinsichtlich der Unterlassung von Mitarbeiterabwerbung und der Feststellung der Haftung der Beklagten für Schäden aus der unlauteren Mitarbeiterabwerbung.
- Rechtsmittel der Parteien gegen das Urteil der ersten Instanz. Die erstinstanzliche Entscheidung wurde sowohl seitens der Sycor Austria, als auch seitens der Beklagten mittels Berufung an das Oberlandesgericht (OLG) Linz in Frage gestellt. Die Berufung der Sycor Austria wandte sich lediglich gegen die Abweisung des Unterlassungsbegehrens zur unlauteren Kundenkommunikation (zwecks Abwerbung). Die Berufung der Beklagten umfasste das gesamte Urteil, soweit es der Klage der Sycor Austria stattgegeben hat, also insbesondere hinsichtlich der Unterlassung von Mitarbeiterabwerbung und der Feststellung der Haftung der Beklagten für Schäden aus der unlauteren Mitarbeiterabwerbung.