Bewährter Praxis folgend, suchen Unternehmen auch auf dem Feld der Digitalisierung nach Empfehlungen, die weiterhelfen. Da kommt mitunter ein Consulting ins Spiel, das mit vorgefertigtem Rezept die Zauberformel präsentiert: Vergessen Sie die konventionelle Kundenorientierung, stellen Sie sich auf absolute Kundenzentrierung um. Fangen Sie mit einer guten Idee bei Null an, probieren Sie das scheinbar Unmögliche – es gibt nichts in der Schublade, was Ihnen weiterhilft. Sind derartige Ratschläge falsch? Nein, das sind sie nicht, kennt doch jeder die Namen, die damit einzigartige Erfolge erzielen. Hilfreich sind solche Empfehlungen allerdings nicht, wenn sie an Unternehmen gerichtet werden, die der Gründungsphase längst entwachsen sind.
Wer das kleinste Risiko vermeidet, setzt sich dem größten aus
Die Realität, der sich Unternehmen heute mehr denn je stellen müssen, lässt sich so beschreiben: In einer durch Digitalisierung innovativ geprägten Welt nehmen die Handlungsoptionen permanent zu. Die Zahl der Regeln, mit denen sie beherrschbar sind, nimmt dagegen relativ ab. Das schafft zunehmende Unsicherheit. Sie versetzt vor allem kleine und mittlere Unternehmen in eine Schneckenhausmentalität, in der die Devise gilt: Wir schauen erst einmal, was die anderen tun. Damit will man Risiken ausschließen. So verständlich und begründet diese Haltung im Einzelfall auch sein mag, unbestreitbar ist, dass die damit verbundenen Risiken zunehmen. Wer wartet, bis die Wege geebnet sind, kommt zwar ans Ziel, aber erst nach denen, die sie gepflastert haben – und daher in aller Regel zu spät. Das ist die Falle, in der Unternehmen gefangen sind, wenn ihnen die Geschäftsfelder wegbrechen. Attentismus ist keine Erfolgsstrategie, sondern das größte Unternehmensrisiko im Zeitalter der digitalen Transformation.
Daten aktivieren: auf fundierter Basis zunehmende Chancen nutzen
Dieser Ansatz eröffnet zukunftssichere Perspektiven. Denn er verweigert sich nicht der Veränderung, sondern gestaltet sie mit. Nicht aus der Not heraus und nicht getrieben, sondern abwägend und sie entschieden wollend. Übergeordnete marktrelevante Trendeinschätzungen einmal ausgeklammert, setzt man operativ dort an, wo man sich auskennt. Im Normalfall also auf dem sicheren Terrain seines Tagesgeschäfts. Damit lassen sich Risiken minimieren und zugleich ist man in der Lage, sich bietende Chancen umfassend auszuloten und zu nutzen.
Der Schlüssel dafür sind Daten. Man muss sich immer wieder verdeutlichen: Jeder Kontakt mit einem Kunden oder auch nur potenziellen Kunden generiert Daten – und dies selbst dann, wenn keine Reaktion erfolgt. Kommen Kontakte zustande, geben sie Auskunft über Präferenzen, Wünsche und Absichten zu einer bestimmten Zeit und unter bestimmten Bedingungen. Das Wichtigste dabei: Es sind Informationen in Echtzeit. Wertet man diese zielgerichtet aus, läuft man den Kunden nicht mehr hinterher, sondern agiert auf Augenhöhe mit ihnen. Denn auch das ist neu und, wenn man nur wenige Jahre zurückblickt, revolutionär: Die erhaltenen Informationen können in einem automatisch, aber keinesfalls unpersönlich geführten Dialog immer wieder neue Informationen hervorbringen. Automatisch – das ist Produktivität auf höchstem Niveau, in Effektivität und Effizienz nicht zu überbieten. Die automatische Generierung von Daten erweitert das nutzbare Chancenspektrum in einem bisher noch nie erlebten Ausmaß. Dies ist die fundamentale Einsicht im Zeitalter der digitalen Transformation von der Unternehmen profitieren können.
Nachhaltige Vertrauensbildung durch digitale Markenführung
Vertrauen gewinnt man nicht über Nacht. Es muss erarbeitet werden und sich entwickeln. Unternehmen, die auf dem Weg der digitalen Transformation voranschreiten, lernen sehr schnell, dass die Gewinnung von Vertrauen einen völlig neuen Stellenwert hat. Er rückt stark in den Fokus und prägt die Unternehmensidentität. Dazu gehört auch, dass die gesamte Kommunikation des Unternehmens eine deutlich andere Ausrichtung erfährt. Botschaften werden sich zwar weiterhin an Produkteigenschaften, Serviceleistungen und dergleichen orientieren, aber durchgängig einer vertrauensbildenden Tonalität unterliegen. Bildchen malen und Sprüche klopfen genügen dafür nicht. Auch die gestalterische Beherrschung modernster Medienprodukte, wie z. B. Websites, ist nicht hinreichend.
Es geht um mehr: Digitale Markenführung ist die neue Disziplin, die besondere Kompetenzen verlangt. Zu nennen ist hier vor allem das Verständnis technischer Zusammenhänge bis hin zu den „Befindlichkeiten“ der damit in den Unternehmen befassten Menschen. Wirtschaftlichkeit ist auch auf Betriebsebene neu zu verstehen, ebenso die Logistik auf materiellen und virtuellen Ebenen. Am wichtigsten: Das Werben um Offenheit. Es setzt voraus, selbst offen zu sein – und dennoch eine klare Meinung vertreten zu können. Auf den Punkt gebracht, lässt sich sagen: Die digitale Transformation ist auch der Charakter einer sich neu begreifenden kommunikativen Professionalität.