In den heute gängigen computergestützten Klimamodellen ist die Modellierung von Wolken eine der größten Fehlerquellen für eine bessere Prognose der globalen Erwärmung. Das schnelle Kommen und Gehen der Wolken bereitet Klimaforschern wegen der scheinbaren Unberechenbarkeit großes Kopfzerbrechen. Die Schwierigkeit, Wolken zu erforschen, rührt daher, dass zwei an sich bereits komplexe physikalische Prozesse zusammenkommen: Die Turbulenz in Strömungen und die Thermodynamik von Phasenumwandlungen. Was so kompliziert klingt ... ist es auch. Die Bewegung von Luft und auch von Flüssigkeiten wird oft durch Temperaturunterschiede in der Strömung verursacht. Je höher die Unterschiede, desto turbulenter die Luftbewegung. Dadurch wird mehr Wärme verwirbelt, die wiederum starke Strömungen in Gang setzt. Dieses Phänomen nennen die Wissenschaftler turbulente Konvektionsströmungen, wobei unter Konvektion die Übertragung von thermischer Energie verstanden wird. In vielen Fällen gehen diese Strömungen mit Phasenumwandlungen einher. Gesättigter Dampf wird dann durch Kondensation zu Wasser, wobei zusätzliche Wärme freigesetzt wird. Ein alltägliches Beispiel turbulenter Konvektion mit Phasenumwandlungen ist eben das Entstehen und das Vergehen von Wolken in der Atmosphäre.
Der Leiter des Instituts für Thermo- und Fluiddynamik der TU Ilmenau, Prof. Jörg Schumacher, beschreitet zur Erforschung der Konvektion mit Phasenumwandlungen und damit der Wolkenbildung einen neuen Weg. Gemeinsam mit seinem Kollegen Prof. Olivier Pauluis vom Courant Institut für mathematische Wissenschaften der New York University wendet er sich ab von der üblichen Herangehensweise, immer komplexere Strömungsmodelle nach unzähligen Parametern immer mehr zu verfeinern. Die beiden Wissenschaftler "entschlackten" die mathematischen Gleichungen und fragten sich: "Was sind die wesentlichen Bausteine für die Entstehung von Wolkenformationen?" Sie bestimmten so einige Parameter, die in der Vergangenheit von der Klimaforschung nicht berücksichtigt worden waren. Ihr bisheriges Klimamodell sah beispielsweise weder Niederschläge noch Eisbildung in den Wolken vor.
Gleichzeitig ermittelten Schumacher und Pauluis die Grenzen ihrer im Vergleich mit herkömmlichen Modellen vereinfachten Beschreibung. Indem sie zum Beispiel den Grad der Turbulenz erhöhten, fanden sie heraus, dass zur Wolkenbildung eine horizontal immer weiter ausgedehnte Atmosphärenschicht notwendig wäre, ein Phänomen, das in der realen Wetterlagen aber nicht vorkommt. Für die Wissenschaftler bedeutete dies, dass für die Wolkenbildung weitere Phänomene verantwortlich sein müssen, sie mussten also zusätzliche physikalische Prozesse in ihr Modell einbinden. Zum Beispiel die Rückstrahlung von Infrarotlicht in die obere Atmosphäre. In der Tat reflektieren Wolken einfallende Sonnenstrahlung und sorgen dafür, dass Wärme von den Kontinenten und Ozeanen teils in die höhere Atmosphäre entweichen kann, teils aber auch zurückgesendet wird. Wolken sind also auf verschiedene Arten direkt oder indirekt an der Erwärmung der Atmosphäre beteiligt.
Ihre Erkenntnisse gewannen Schumacher und Pauluis im Laufe des letzten Jahres mithilfe von Simulationen von Wolkenmodellen auf dem bundesweit schnellsten Superrechner am hoch spezialisierten Jülich Supercomputing Centre. Um vergleichbare Rechnungen an einem handelsüblichen PC durchzuführen, müssten 4000 Computer ein Jahr lang ununterbrochen arbeiten. Die Ergebnisse der Computersimulationen wurden jetzt in den Proceedings der National Academy of Sciences der USA veröffentlicht [Proc. Nat. Acad. Sci. USA, Early Edition, 18. Julli 2011]. Die Fachzeitschrift, die neueste Forschungsergebnisse aus allen Bereichen der Wissenschaft publiziert, hat den hohen Journal Impact Factor von ca. 10. Dieser Impact Factor einer Zeitschrift misst, wie oft andere Zeitschriften Artikel aus ihr im Verhältnis zur Gesamtzahl der dort veröffentlichten Artikel zitieren. Je höher der Impact Factor, desto angesehener die Zeitschrift.