Angesichts der Klimakrise ist die Dekarbonisierung der Wirtschaft, insbesondere der Energiewirtschaft, das Gebot der Stunde. Produktionsverfahren, die die Atmosphäre mit dem klimaschädlichen Kohlendioxid belasten, müssen hin zu klimafreundlichen Methoden umgestellt werden. Damit weniger Treibhausgase in die Atmosphäre gelangen, sollen schädliche Energiequellen wie Gas, Öl oder Kohle durch kohlenstoffarme erneuerbare Energieträger wie Wind- und Solarkraft ersetzt werden.
Derzeit setzt die Glasindustrie in Deutschland zum Schmelzen von Glas zu 90 Prozent Gas und nur zu 10 Prozent Strom ein. In Thüringen, wo die Glasindustrie ein bedeutender Wirtschaftszweig ist, wird von 41 Glaswannen derzeit nur eine mit Strom geheizt. Um ihre Produktion zu dekarbonisieren und wirtschaftlicher zu arbeiten, ist die Thüringische Wiegand-Glashüttenwerke GmbH, einer der größ- ten Hersteller von Behälterglas Deutschlands, dabei, ihre Produktion auf vollelektrische Schmelzwannen umzustellen, die mit regenerativen Energiequellen wie Wind und Sonne geheizt werden.
Das Forschungsprojekt ZO.RRO 2 („Zero Carbon Cross Energy System for Glass Industry“) bereitet den Wiegand-Glashüttenwerken den Weg zur Umstellung und macht ihre Elektroenergieversorgung nachhaltig und wirtschaftlich. Doch vollelektrische-Schmelzwannen für Produktionsmengen von über 150 Tonnen pro Tag zu betreiben, ist nicht einfach: Werden die Wannen nicht durchgängig gleichmäßig und ausfallsicher beheizt, wird nicht nur die enthaltene Glasschmelze zerstört, auch sie selbst könnten unbrauchbar werden. Da Sonnen- und Windenergie nicht stetig verfügbar ist, ist ihr Betrieb daher nicht unproblematisch. Weil zudem die Betriebe nicht den gesamten Strom, der für die Glasherstellung benötigt wird, auf ihrem Werksgelände selbst erzeugen können, müssen für eine effektive Dekarbonisierung auch die Rahmenbedingungen stimmen: An den Produktionsstandorten muss die Energieversorgung zuverlässig und die erneuerbare Energie stetig und in ausreichender Menge verfügbar sein, und dies bei wettbewerbsfä- higen Energiepreisen. Auch hierfür wird das ZO.RRO-2-Projekt Lösungen erarbeiten.
Doch nicht nur die Glasherstellung selbst, für die die Hüttenwerke die meiste Energie benötigen, könnte klimafreundlicher und wirtschaftlicher betrieben werden: Auch vorverarbeitende Schritte bei der Glasverarbeitung wie Mischen, Zerkleinern und Vermengen des Glases und die Nachverarbeitung, Formgebung, Kühlung und Verpackung, könnten mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen betrieben werden – ebenfalls ein Ziel von ZO.RRO 2..
ZO.RRO 2 will nicht nur die Glasproduktion klimafreundlicher machen, das Projekt hat die Industrie insgesamt im Blick. Am Beispiel der Glasindustrie in Thüringen möchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler herausfinden, ob die gewonnenen Erkenntnisse auf andere energieintensive Industriebranchen übertragbar sind, ob also generell industrielle Produktionsprozesse über eine effizientere Energieversorgung dekarbonisiert werden können. Neben dem Umweltschutz betrachten die Forscher auch wirtschaftliche Aspekte der Industrie: Sie wollen herausfinden, ob eine Umstellung des deutschen Stromnetzes von Wechselstrom auf Gleichstrom die energetische Effizienz der Versorgung energieintensiver Industrie erhöhen und somit die Produktion wirtschaftlicher machen würde.
Partner des Forschungsprojekts „Zero Carbon Cross Energy System for Glass Industry (ZO.RRO 2)“
Geförderte Partner
- Technische Universität Ilmenau (Konsortialführer)
- Fraunhofer IOSB-AST – Institutsteil Angewandte Systemtechnik
- IfE GmbH – Ingenieurbüro für Energiewirtschaft
- KoCoS Messtechnik AG
- TEAG Thüringer Energie AG
- TEN Thüringer Energienetze GmbH und Co KG
- TMZ Thüringer Mess- und Zählerwesen Service GmbH
- Wiegand-Glashüttenwerke GmbH
Assoziierte Partner:
- HEINZ GLAS GmbH & Co. KGaA
- 50Hertz Transmission GmbH
- HM Heizkörper GmbH Heating Technology