Wie der geforderte Schulterschluss zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft erfolgen kann, welche Formate es gibt, welche Rahmenbedingungen gesetzt werden müssen, das diskutierten über 220 TeilnehmerInnen, darunter Transferverantwortliche von Wissenschaftseinrichtungen, Transferdienstleister, UnternehmensvertreterInnen und Verantwortliche für Innovationspolitik auf Bundes- und Landesebene zwei Tage lang intensiv in der Hamburger Staats- und Universitätsbibliothek. Viele vorgetragene Good-Practice-Beispiele von Innovationsökosystemen und Public Private Partnerships aus dem Ausland, wie z. B. Dänemark, Italien, Kolumbien und den Niederlanden, zeigen, wie Innovation Hubs mit Beteiligung mehrerer Universitäten, einiger hundert Unternehmen – von Start-up über KMU bis Industriekonzern – verschiedener Branchen sowie zivilgesellschaftlicher Organisationen, von Kommunen und Schulen koordiniert werden. Spannende Impulse von über 50 ReferentInnen veranschaulichen, welche Strukturen, Prozesse und Rahmenbedingungen nützlich sind sowie welche „Cooperative Culture“ und Skills zur Organisation derartiger Ökosysteme mit vielen unterschiedlichen Partnern vorliegen sollten.
Die Konferenzbeiträge belegen: Auch in Deutschland gibt es zahlreiche erfolgreiche Kooperationsformen, von Hubs, Science Parks und Industry-on-Campus-Modellen mit Co-Creation-Ansätzen bis hin zu kompletten regionalen Innovationsökosystemen. So präsentiert sich das Cyber Valley in Tübingen, Europas größtes KI-Foschungs- und Transferkonsortium mit mehr als 20 Forschungseinrichtungen sowie Partnern aus Industrie und Stiftungen. Die rege Diskussion verschiedener Akteure aus der Metropolregion Hamburg veranschaulicht, wie es gelingt, Wissenschaft, Wirtschaft, Verbände und Verwaltung zusammenzubringen, handfeste Strukturen und Prozesse für ein erfolgreiches Transfergeschehen zu schaffen und damit Innovationen auf die Straße zu bringen.
Eine große Herausforderung liegt darin, solche Konstrukte mit den verschiedensten Partnern zu koordinieren. Dies kommt in der Diskussion zu regionalen Innovationsbündnissen am Beispiel von Projekten zum Ausdruck, bei denen ganze Wertschöpfungsketten entstehen und an denen auch BürgerInnen als Konsumierende oder PatientInnen mit ihren Bedürfnissen beteiligt sind. Als wesentlich für den Erfolg erweist sich dabei der sogenannte „Kümmerer“, welcher Prozesse anschiebt und vorantreibt sowie die verschiedenen Stakeholder mit ihren unterschiedlichen Interessen, Zielen und Geschwindigkeiten in der Durchführung orchestriert. Diese Rolle schreiben die Konferenzteilnehmenden maßgeblich den Transferstellen von Wissenschaftseinrichtungen zu. Gleichzeitig betonen sie, dass auch Gemeinden, Kommunen und Städte aktive Partner bei der Ausgestaltung von Innovationsbündnissen sein sollten, indem sie z. B. neben einer Förderung auch Räume und Infrastruktur bereitstellen sowie als Nachfrager der Innovationsleistungen auftreten. Weitere Erfolgskriterien sind nach Ansicht der Teilnehmenden eine übergeordnete Strategie des Bundes, die die grundlegende Zielrichtung für den Innovationsstandort Deutschland definiert, sowie eine nachhaltige, projektunabhängige Finanzierung gut funktionierender Transferstrukturen.
Als Fazit der gut besuchten und hochkarätig besetzten Jahreskonferenz der
TransferAllianz lässt sich festhalten: Der Transferbegriff hat sich in den letzten Jahren gewandelt, und die Anforderungen an den Wissens- und Technologietransfer sind stark gestiegen. Transfer ist heute nicht mehr nur ein bidirektionaler Prozess zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, es braucht vielmehr einen multidirektionalen Ansatz unter Einbindung von Gesellschaft und Politik. Mit dem Aufbau einer Agentur für Transfer und Innovation (DATI) unterstützt die Bundesregierung die Entstehung dieser Ansätze in regionalen Innovationsbündnissen. Zur Bewältigung ihrer neuen Koordinationsaufgabe in Innovationsökosystemen müssen sich Transferstellen neu aufstellen. Transferverantwortliche benötigen zusätzliche Fähigkeiten und einen langen Atem, um das Vertrauen der Partner in den Bündnissen aufbauen zu können. „Wir brauchen agile und nachhaltige Transferstrukturen. Dafür ist nicht unbedingt mehr Geld im System erforderlich, sondern vielmehr eine zielgerichtete Verteilung von Fördermitteln und Abstimmung von Förderprogrammen. Dabei sollte der Aufbau von Doppelstrukturen vermieden und die nachhaltige Finanzierung funktionierender Transferstrukturen gesichert werden“, stellt Koch fest. Die Diskussion über die Weiterentwicklung des Transfer, geeignete Transferförderung sowie die bessere Verzahnung der Aktivitäten des Bundes- und der Länder sollen im Rahmen eines Bund-Länder-Dialogs, den die TransferAllianz gemeinsam mit dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft am 14. September dieses Jahres in Berlin durchführen wird, intensiviert werden.
Weitere Informationen zu der TA-Konferenz und Angeboten der TransferAllianz unter TransferAllianz e.V.: TA-Konferenz 2023