E-Busse erobern hierzulande mehr und mehr den öffentlichen Personennahverkehr. Die Zunahme elektrifizierter Fahrzeuge ist dabei nicht nur auf die kommunalen Bestrebungen für mehr Umweltschutz zurückzuführen, sondern auch explizit politisch gewollt. Die Clean Vehicle Directive der Europäischen Union setzt unter anderem Mindestquoten für die öffentliche Beschaffung emissionsarmer und -freier Fahrzeuge und wird im August 2021 in nationales Recht übergehen. Elektromobilität ist deshalb nicht nur ein nachhaltiger Trend, sondern für Unternehmen wie SBRS ein klarer Wachstumsmarkt. Die in Dinslaken ansässige Firma ist Turnkey-Lieferant im Bereich Ladeinfrastruktur für den öffentlichen Nahverkehr. SBRS liefert seine Lösungen sowohl an Bushersteller, die häufig als Generalunternehmen bei kommunalen Projekten fungieren, aber auch an die Kommunen direkt im Rahmen öffentlicher Ausschreibungen. Gegründet im Jahr 2017 mit 44 Mitarbeitern, beschäftigt SBRS heute 93 Mitarbeiter und hat seinen Umsatz in diesem Zeitraum fast verdreifacht.
Den Erfolg verdankt das Unternehmen insbesondere seinem technischen Know-how und der Entwicklung individueller Anwendungen. Für den öffentlichen Nahverkehr setzt SBRS zumeist auf ein Ladekonzept mit zwei zentralen Säulen: „Die Kombination aus Depot- und Streckenladung ist unserer Meinung nach die Zukunft der nachhaltigen Mobilität“, sagt Andreas Stahl, Leiter Vertrieb bei SBRS. Der Unterschied liegt dabei vor allem in der Ladegeschwindigkeit. Während im Depot abgestellte E-Busse in der Regel über Nacht mehrere Stunden lang aufgeladen werden, befinden sich auf der Strecke Schnellladepunkte, die die Fahrzeuge in wenigen Minuten mit genug Strom für mehrere Kilometer versorgen.
Ohne Kühlung keine Schnellaufladung
Die Kühlung der Ladepunkte ist elementar, denn bei der Schnellladung entsteht im Gegensatz zur langsamen Depotladung mehr Wärme. Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit sind eindeutig die wichtigsten Kriterien – sowohl in Bezug auf die Kältetechnik als auch die Ladeinfrastruktur insgesamt. „Die Kühlung muss schlichtweg funktionieren, damit die Busse geladen werden können und einsatzbereit sind“, sagt Bastian Thiel, Sales Manager bei technotrans. SBRS setzt deshalb auf Lösungen des Sassenberger Spezialisten im Bereich der Flüssigkeiten-Technologie. Die Zusammenarbeit begann im Jahr 2017 mit einem Projekt in Osnabrück. technotrans lieferte zunächst Lösungen für vier Schnellladepunkte auf der Fahrtstrecke und eine Depot-Ladestation. 2019 erhielt das Unternehmen den Auftrag für weitere 16 Schnelllader á 300 kW und 50 Depotlader á 150 kW in der Friedensstadt. Damit sind zum Ende des Jahres 2021 rund 80 Prozent der gesamten Fahrzeugflotte der Stadt Osnabrück batterieelektrisch unterwegs.
Ob Osnabrück, Venedig oder Brüssel: Bei den Schnellladepunkten der SBRS kommt in der Regel die Pantograf-Technologie zum Einsatz. „Der Ladevorgang startet automatisch innerhalb von fünf bis zehn Sekunden, nachdem ein Bus am Schnellladepunkt eingefahren ist und den Pantographen kontaktiert hat – eine manuelle Aktivierung ist nicht notwendig“, sagt Stahl. Fahrzeug und Ladungselektronik bauen in dieser kurzen Zeit eine Kommunikation auf und tauschen im Rahmen eines „Handshakes“ Leistungsparameter aus, beispielsweise den Batteriestatus. Dabei übermittelt das Batteriemanagementsystem die entsprechenden Anforderungen des Fahrzeugs an die Ladestation, die daraufhin die benötigte Leistung bereitstellt. Anschließend startet der Ladevorgang. Die Haltedauer des Busses insgesamt hängt vor allem vom jeweiligen Fahrzeugtyp, Batteriesystem und der Fahrtstrecke ab.
Kundenspezifische Auslegung der Technik
technotrans entwickelte für alle Projekte maßgeschneiderte Konzepte, die exakt auf die Anforderungen der SBRS zugeschnitten sind. Dass dabei zuweilen sehr spezifische Lösungen gefragt sind, zeigt das Beispiel Düsseldorf. Hier installierte technotrans eine passive flüssigkeitsbasierte Zentralkühlung, die ohne Einsatz eines Kompressors arbeitet. Das bedeutet, das Kühlmedium wird über eine Pumpe durch die Ladepunkte zirkuliert. Das Medium wird außerdem in einem Luft-Wasser-Wärmetauscher (also dem Rückkühler) gegen die Umgebungsluft gekühlt und fließt dann wieder zum Ladepunkt. Der Rückkühler befindet sich auf dem Dach eines kleinen Betonhäuschens, dessen Inneres zehn Ladepunkte und die Pumpen beherbergt. Alle Ladepunkte werden zentral über einen Rückkühler versorgt. Die Kühlleistung pro Ladepunkt beträgt rund 6,5 bis 13 kW.
Um die optimale Verfügbarkeit sicherzustellen, setzten SBRS und technotrans an „neuralgischen“ Punkten auf Redundanz. Beim oben genannten zentralen Kühlsystem hat technotrans beispielsweise den Rückkühler mit mehreren frequenzgeregelten Lüftern ausgestattet – sollte einer ausfallen, wird also immer noch gekühlt. Die Pumpstation verfügt zudem über insgesamt zwei Pumpen, die zeitlich alternierend laufen, um die Versorgung der Ladepunkte mit Kaltwasser abzusichern. Auch bei der dezentralen Kühllösung schafft technotrans eine gewisse Gesamtredundanz, um Stillstände zu vermeiden.
Hohe Energieeffizienz, niedriges Geräuschniveau
Ein maßgeblicher Aspekt für SBRS war die energieeffiziente Auslegung. „Die technotrans-Kühler haben einen relativ geringen Eigenenergieaufwand, um die entstehende Verlustwärme abzuleiten. Dabei liegt der Vorteil nicht unbedingt in der Einsparung, sondern darin, dass diese Energie gar nicht erst ‚erzeugt‘ werden muss“, betont Stahl. Das erreicht technotrans durch den Einsatz drehzahlgeregelter Komponenten in seinen Kühllösungen. Sie stellen eine bedarfsgerechte Leistung sogar im Teillastbetrieb bereit und spielen auch bei der Lautstärke eine wichtige Rolle. „Bei diesen Projekten sprechen wir von einer städtebaulichen Integration in Wohngebiete, die unter anderem der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm unterliegt. Vereinfacht ausgedrückt müssen wir nicht nur die vorgegebenen Lautstärkegrenzwerte einhalten, sondern dabei auch das akustische Abstrahlverhalten der schallemittierenden Quellen berücksichtigen“, erklärt Stahl.
Die Lautstärke des Kühlsystems ist abhängig von der Lüfterdrehzahl, die wiederum von der Umgebungstemperatur und der eingestellten Solltemperatur abhängt. Um die Lautstärke möglichst gering zu halten, entwickelte technotrans ein spezielles Konzept zum bedarfsgerechten Leistungsabruf: „Mit steigender Umgebungstemperatur erhöht sich auch die Toleranz im Sollbereich, um die Lüfterdrehzahl bis zu einem gewissen Punkt langsam ansteigen zu lassen“, erklärt Thiel. Konkret heißt das: Beträgt die Temperatur des Kühlmediums aufgrund der warmen Umgebungsbedingungen 26 Grad Celsius, während die Solltemperatur auf 25 Grad Celsius eingestellt ist, dreht der Lüfter nicht gleich auf 100 Prozent Leistung, um diesen Unterschied auszugleichen, sondern startet im niedrigen und damit auch geräuscharmen Leistungsbereich.
Zusammenarbeit mit Perspektive
Die spezifische Auslegung der Kühlanlagen war es, die SBRS vom Sassenberger Technologiekonzern überzeugte. „technotrans hat sich einerseits auf dem Markt einen Namen gemacht und ist andererseits ein Hersteller – das war für uns ausschlaggebend –, der seine Anlagen lösungsorientiert an unsere Systeme adaptieren konnte. Technisch sind wir deshalb sehr zufrieden“, sagt Stahl. Zudem lieferte technotrans alles aus einer Hand: von der Konzeptstudie über die Erarbeitung der Technik bis hin zur finalen Lösung. Das Unternehmen führte auch die Installation der Rohrleitungskomponenten durch. Heute hat technotrans aus den zunächst sehr spezifischen Geräten mehrere Serien definiert, die seit 2018 bei weiteren Projekten zum Einsatz kommen. Für beide Unternehmen steht fest, dass die partnerschaftliche Zusammenarbeit auch in Zukunft fortgesetzt wird. Weitere Projekte im europäischen Umland stehen bereits in den Startlöchern.