*FUNGUSCHAIN Abschlusskonferenz findet am 14. April 2021 um 9 Uhr online statt
Haben Sie bereits gewusst, dass etwa 25 Gewichtsprozent eines jeden Kilogramms Pilze als Abfall weggeworfen werden? Der Stiel zum Beispiel ist der Teil des Pilzes, der normalerweise nicht verwertet und verkauft wird.
Nebenprodukte des Pilzanbaus: Extraktion hochwertiger Biomoleküle aus Pilzabfällen. Rohstoff statt Abfall!
Laut GEPC (Europäische Gruppe der Pilzzüchter) wurden im Jahr 2015 in den Mitgliedsländern über 1.000.000 Tonnen Pilze gezüchtet [1], bei denen ca. 250.000 Tonnen Abfall anfielen. „Fast 98 % der inländischen Produktion von Speisepilzen fällt auf Champignons. Rund 70.000 Tonnen wurden 2019 auf 332 Hektar in Deutschland produziert“[2], bei deren Aufzucht ca. 17.500 Tonnen Pilzabfälle entstanden. Für Laien wie auch für Pilzkenner mag diese Menge überraschend erscheinen. Bei Unternehmern mit bioökonomischem Fokus wecken mehrere Tausend Tonnen ungenutzte Bioabfälle, die in Europa pro Jahr anfallen, aber ganz besondere Aufmerksamkeit, da diese aufgewertet und industriell genutzt werden können.
Mit der Erkenntnis, dass diese Abfälle eigentlich gar nicht als solche betrachtet werden müssen, sondern durch Extraktion hochwertige Biomoleküle gewonnen werden, aus denen später vielseitige Produkte hergestellt werden können, kam der Zusammenschluss von TECNARO, Monaghan Mushrooms, Total Corbion und 13 weiteren Unternehmen und Instituten zustande.
Zu diesem Zweck hat der irische Projektpartner und einer der größten Pilzproduzenten, Monaghan Mushrooms, ein Zentrum zur Behandlung von Pilzabfällen eingerichtet, in dem die bei FUNGUSCHAIN untersuchten Verfahren zur Stabilisierung, Vorbehandlung und Kaskadenextraktion durchgeführt werden. Das FUNGUSCHAIN-Projekt hat sich auf die Etablierung eines neuen Bioraffineriekonzepts konzentriert, um Moleküle in vier Schritten zu extrahieren: Kaltextraktion, mikrowellenunterstützte Extraktion, Druckwasserextraktion und anaerobe Vergärung. Jede dieser Phasen kann parallel zu den anderen erfolgen und impliziert eine andere Extraktionsmethodik, um unterschiedliche Produkte zu erhalten.
Einsatzmöglichkeiten in verschiedenen Branchen: Lebensmittel, Kunststoff und Kosmetik
Das FUNGUSCHAIN-Projekt hat die vielfältigen Möglichkeiten und Vorteile, die Pilzrestmoleküle auf sozialer, wirtschaftlicher und industrieller Ebene bieten können, wissenschaftlich nachgewiesen. Das Modell der Kreislaufwirtschaft umfasst durch die Verwendung von Rohstoffen die gesamte Wertschöpfungskette der beteiligten Branchen: Lebensmittel, Kosmetik und Kunststoff.
FUNGUSCHAIN hat den Nutzen von extrahierten Pilzmolekülen in der Ernährung untersucht, da ihre Eigenschaften unter anderem beim metabolischen Syndrom, das mit Fettleibigkeit einhergeht, helfen können. Auch die Zugabe dieser Moleküle zu bestimmten Lebensmitteln wie Brot, Wurst oder Instant-Pilzsaucen hat sehr positive Auswirkungen auf die Gesundheit gezeigt, wobei sie besonders für gefährdete Verbraucher wie ältere Menschen interessant sind, da diese Moleküle zu einer Vitamin-B12-Ergänzung oder einer Quelle für veganes Protein werden.
Dank des Engagements und der Synergie zwischen den Partnern hat FUNGUSCHAIN auch verschiedene Arten von Biokunststoffprodukten entwickelt. Es wurden viele Formulierungen entwickelt, die Biokunststoffe und Pilzreste (zusätzlich zu Additiven und Bioschmierstoffen) kombinieren. So wurde eine breite Palette von biologisch abbaubaren Produkten wie kompostierbare Mülltüten, Einkaufstüten oder Folien für landwirtschaftliche Kulturen/ für den Agrarsektor entwickelt und hergestellt. Besonders vorteilhaft für die Kunststoffproduktion ist ein spezielles Extrakt der Pilzabfall-Biomasse, das als eine Co-Kohlenstoffquelle für den Fermentationsprozess genutzt werden konnte, womit das Fundament zur Herstellung von Biopolymeren gegeben ist.
Im Kreise der FUNGUSCHAIN-Beteiligten konnte hier die TECNARO GmbH aus Ilsfeld in Baden-Württemberg ihre Kompetenzen einbringen und erweitern. Als Produzent biobasierter und biologisch abbaubarer Produkte führt TECNARO im Wesentlichen drei verschiedene Produktfamilien, wobei die Werkstoffgruppe ARBOBLEND die zentrale Rolle im Zusammenspiel mit Pilzabfällen spielt. Die Projektverantwortlichen Dr. Michael Schweizer und M.Sc. Erna Muks führten die Werkstoffentwicklung mit Begeisterung voran. „In diesem Projekt wurden viele Erkenntnisse generiert, die vor allem das Abbauverhalten der neu entwickelten Werkstoffe beinhalten. So konnte die Abbaubarkeit verstanden und zu einem großen Teil gesteuert werden, indem die entsprechenden Rezepturen angepasst, eingestellt und weiterentwickelt wurden“, erläutert Muks. „Unser ohnehin sehr flexibles und facettenreiches ARBOBLEND Spektrum kann dank des FUNGUSCHAIN Vorstoßes künftig um eine Vielzahl neuer Rezepturen bereichert werden“, so die beiden geschäftsführenden Gesellschafter Jürgen Pfitzer und Helmut Nägele der TECNARO GmbH und weiter beschreibt Pfitzer: „In der Wertschöpfung aus Pilzabfällen ist dem FUNGUSCHAIN Netzwerk ein revolutionärer Schritt gelungen, von dem alle profitieren können. Wir bei TECNARO können uns nicht nur mit unserem Know-how einbringen, sondern auch viele völlig neue Anwendungsgebiete für unsere Biokunststoffe erschließen.“
Im Bereich der Kosmetikindustrie hat das Projekt dank der Einarbeitung von Chitosan in die Rezepturen neue nachhaltige Produkte hervorgebracht. So wurden drei Arten von Produkten mit 100 % natürlichem Ursprung als Ersatz für chemische Antioxidantien entwickelt: Emulsionen, ätherische Öle und Seifenstücke.
In einer weiteren Variante der Verwertung können die verbleibenden Pilzabfälle zur Generierung von Biogas genutzt werden.
FUNGUSCHAIN ist ein perfektes Beispiel dafür, wie zirkuläre Bioökonomie Realität wird. Die Aufwertung von Abfällen ist ein Schritt in Richtung Rückgewinnung und Gewinnung von Wertstoffen, die in Schlüsselsektoren der europäischen Wirtschaft eingesetzt werden.
Am 14. April 2021 wird das Projekt FUNGUSCHAIN seine Abschlusskonferenz online veranstalten. Die Teilnehmer der Veranstaltung werden die Möglichkeit haben, zu erfahren, wie Pilzreste in eine Kreislaufwirtschaft eingeführt werden können und welche Möglichkeiten es für die Industrie gibt.
Um an dem Abschlussmeeting teilzunehmen, registrieren Sie sich bitte über den folgenden Link:
https://aitiip.webex.com/aitiip/onstage/g.php?MTID=eb2890174caa86acd8e72a8ce89a7cce6
Am 20. April 2021 wird das FUNGUSCHAIN-Konsortium ein letztes virtuelles Event veranstalten, bei dem Interessenten und Endverbraucher einen Ort finden werden, um die wissenschaftlichen Ergebnisse des Projekts weiter zu verfolgen. Im Rahmen dieses Treffens werden die technischen Merkblätter (Factsheets) der Produkte vorgestellt und einige zusätzliche Informationen zu Proteinpulver, Glucanen, Chitosan, Lipiden und Polyphenolen sowie fermentierbaren Zuckern ausgetauscht. Es wird Zeit für die Teilnehmer geben, Fragen zu stellen und eine Diskussion zu führen.
Um an dem Steakholder-Event teilzunehmen, registrieren Sie sich bitte über den folgenden Link:
https://aitiip.webex.com/aitiip/onstage/g.php?MTID=e9e8636130a3872f7417d06e156c30422
Das europäische Konsortium
Das FUNGUSCHAIN-Konsortium hat 16 Partner aus zehn verschiedenen europäischen Ländern zusammengebracht, darunter Forschungszentren und führende Unternehmen der biobasierten Wirtschaft mit bioökonomischer Ausrichtung. Im Forschungsprojekt (Antragsnummer: 720720) konnte jede teilnehmende Organisation ihre Schwerpunktkompetenzen effektiv in die Weiterentwicklung des Konzeptes einbringen. BioDetection Systems B. V. (Niederlande) war für die Koordination des Projekts verantwortlich. Die übrigen beteiligten Unternehmen und Einrichtungen sind Aitiip Technology Center (Spanien), die Universität von
Alicante (Spanien), NOVAMONT (Italien), KTH Royal Institute of Technology (Schweden), Saponia (Kroatien), OWS (Belgien), Biotrend (Portugal), Condensia (Spanien), Biozoon (Deutschland), ECPN (Italien), MiPlast (Kroatien), Monaghan Mushrooms (Irland), Total Corbion PLA (Niederlande), Neem Biotech (Großbritannien) und die TECNARO GmbH (Deutschland).
[1] http://www.infochampi.eu/about-gepc-2/; Quelle: Eurostat / GEPC
[2] Presseinformation der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung: Speisepilze in der heimischen Küche: Champignons klare Spitzenreiter, Juli 2020. https://www.ble.de/SharedDocs/Downloads/DE/Pressemitteilungen/2020/200701_Speisepilze.pdf;jsessionid=A96527359D050AC0C0523F9DA2F61A6B.1_cid325?__blob=publicationFile&v=2
Weitere Informationen über Funguschain https://funguschain.eu/