Monika Schmidt: KoPart eG ist Einkaufsgenossenschaft des StGB NRW. Seit 2014 bieten Sie Ihren Mitgliedern die Möglichkeit, über den „elektronischen Katalogeinkauf“ von landesweit gebündelten und ausgeschriebenen Rahmenverträgen zu partizipieren. Welche Mehrwerte ergeben sich seither für Ihre Mitglieder?
Dr. Ralf Togler|Vorstandsvorsitzender der KoPart eG: als Einkaufsgenossenschaft bietet die KoPart eG ihren Mitgliedern den Mehrwert, ihren Bedarf aus landesweit gebündelten, ausgeschriebenen Rahmenverträgen abzurufen. Zum einen hat das wirtschaftliche und vergaberechtliche Vorteile. Vor dem Hintergrund fehlender Fachkräfte entlasten unsere Einkaufsservices aber vor allem die Mitarbeiter in den Städten und Gemeinden.
Monika Schmidt: wo stehen Sie heute? Wie viele Kommunalverwaltungen greifen auf Ihren Katalog Einkauf zu, wie viele Kataloge und Lieferanten haben Sie im Sortiment
Dr. Ralf Togler: Inzwischen nutzen bereits über 100 Verwaltungen und kommunale Organisationen unsere Services. Mit ca. 50 Rahmenverträgen decken wir den erforderlichen Bedarf an Alltagsgütern gut ab. Der Umsatz der abgerufenen Produkte liegt bei mehreren Millionen €; Tendenz steigend. Das zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Monika Schmidt: über wirtschaftliche und vergaberechtliche Vorteile hinaus, hat sich der e-Einkauf in Krisenzeiten bei vielen unserer Kunden als wendig und robust erwiesen. Haben Sie ähnliche Erfahrungen sammeln können?
Dr. Ralf Togler: Tatsächlich haben wir das bei den zahlreichen Krisen der kürzeren Vergangenheit, so bspw. der Versorgung von Flüchtlingen, in Zeiten von Corona und bei der Hochwasserkatastrophe erlebt. Gerade in Krisenzeiten ist es wichtig, schnell auf kommunale Anforderungen reagieren zu können. Waren es 2014/2015 zunächst Betten, Matratzen, oder anderer Hausrat; so waren während der Pandemie Masken, Raumluftgeräte, oder Tablets für das Homeschooling von Schülern in NRW gefragt. Wasserpumpen und schweres Gerät waren dagegen bei der Hochwasserkatastrophe erforderlich. Durch die gebündelten Vorgehensweise der KoPart eG konnten die erforderlichen Produkte schnell abgerufen werden.
Monika Schmidt: autorisierte Besteller ordern seit 2019 über das eWarenhaus Berlin, auf Grundlage ausgeschriebener Rahmenverträge des Landesverwaltungsamtes. Wie kam es zu dieser „Digitalstrategie“?
Achim Florin | Polizei Berlin:
Die Digitalisierung des in die Jahre gekommenen analogen Bestellsystems ist alternativlos. Einerseits ist die bisherige Verfahrensweise nicht mehr zeitgemäß und führt zu Medienbrüchen im Beschaffungsprozess, andererseits bringt ein volldigitaler Prozess Mehrwert und Synergien bei den nutzenden Dienststellen und den Lieferanten. Also ein Effizienzgewinn auf beiden Seiten.
Im Rahmen der Digitalisierung des Prozesses konnten auch weitere Komponenten automatisiert integriert werden. Hier ist insbesondere die gleichzeitige Mittelbindung zu den Bestellungen in unserem Haushalts- und Kassensystem zu nennen. Ein wirklicher Meilenstein in dem Projekt.
Monika Schmidt: wo lagen die Herausforderungen und wo stehen Sie heute?
Achim Florin | Polizei Berlin:
Die Herausforderungen waren vielschichtig. Dabei waren die technischen Details weniger problematisch. Hier wäre lediglich die Anbindung an unser Haushalts- und Kassensystem hervorzuheben. Die Implementierung der „Datenrouten“ war aufgrund der einzuhaltenden Sicherheitsvorgaben schon diffizil. Weit schwieriger war die organisatorische Umsetzung des Projektes. Die Einbindung der Dienststellen bedeutete einen großen Kraftaufwand, denn es galt die einzelnen Mitarbeitenden mitzunehmen und die Vorteile des eWarenhauses transparent zu machen. Die Einführung des Systems bedeutete ja zugleich eine Änderung etablierter Verhaltensweisen und z.B. auch den Abschied von über die Jahre „lieb“ gewordenen Excel-Tabellen.
Monika Schmidt: welche Ziele verfolgen Sie mittel- und langfristig?
Achim Florin | Polizei Berlin:
Ziel des Projektes ist es, das eWarenhaus Berlin in enger Abstimmung mit dem Landesverwaltungsamt berlinweit als Standardverfahren für die Abrufe aus dem Sammelbestellverfahren zu etablieren und eine zukunftssichere Fortführung des Betriebs zu erreichen. Parallel arbeiten wir weiter an einer Erweiterung des Warensortiments und vollständigen Integration der abrufberechtigten Dienststellen.
Monika Schmidt: KommKa steht für Kommunales Kaufhaus RP und ist Tochter des GSTB RP.
Seit 2016 steuern Städte und Gemeinden aus RP ihren Einkauf auf Grundlage landesweit gebündelter Rahmenverträge.
Was bewegt Kommunalverwaltungen Ihr Angebot anzunehmen, bzw. Mitglied bei KommKa zu werden?
Klaus Fassnacht:.
Da gibt es mindestens drei Gründe.
- Man kann zu günstigen Einkaufspreisen ohne eigene Ausschreibung, oder Vergleichspreise die Bedarfe decken, da die Rahmenverträge von Komka regelmäßig ausgeschrieben werden.
- Durch die vollständig digitale Lösung erhalten die Kommunen erstmals 1zu1 Daten ihrer Verbräuche
- Jede kleine Beschaffung ist aufwändig. Wer macht sich gerne die Arbeit, wenn zehnmal im Jahr Tonerkartuschen, Babywindeln oder Feuerwehrhelme bestellt werden müssen. Immer wieder suchen, auswählen, bestellen, Zahlung veranlassen.
Klaus Fassnacht: Weil er gefordert war. Bereits 2014 hat die EU mit der Richtlinie 2014/55/EU die elektronische Rechnungsstellung als neuen Standard bei öffentlichen Aufträgen auf den Weg gebracht. Bis April 2020 sollte der Einsatz der standardisierten Rechnungsformate XRechnung und ZUGFeRD 2.0 obligatorisch für die kommunale Verwaltung werden. Umso erfreulicher, dass bereits im April 2020 die ersten Kommunen unsere eRechnungen automatisiert empfangen und verarbeiten konnten. Es ist uns wichtig, Grundlagen zu schaffen, mutig in Sachen Digitalisierung voranzugehen. Für uns war klar, ohne Digitalisierung des Einkaufs keine belastbaren Daten für die E-Vergabe. Und ohne E-Einkauf keine Daten für die digitalisierte Abrechnung, die einmal Manntage verursachte und nun Minuten.
Monika Schmidt: Personalmangel im öffentlichen Sektor spitzt sich zu. Studien prognostizieren 1,6 Mio fehlende Fachkräfte auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene.
Wie sehen Sie vor diesem Hintergrund die zukünftige Rolle des Kommunalen Kaufhauses und was sind Ihre Ziele?
Klaus Fassnacht: Die aktuell 10994 Gemeinden verfügen über kein "Einkaufspersonal". Die vollständige Beschaffung läuft nebenbei, und bindet schon heute unglaubliche Ressourcen. Denken sie an Recherche, Angebote einholen, Einkaufsvorgang teilweise "zu Fuß", Genehmigung, Wareneingang etc. Heute schaufeln wir durch die Vereinfachung der Beschaffung auf Knopfdruck schon Zeiten frei. Das nimmt durch die Routine zu und wird damit in Bezug auf ihre genannte Prognose in Zukunft völlig unnötige Arbeiten eliminieren. Damit wird Zeit für den Hauptjob geschaffen.