Erst vor einigen Wochen sagte Angela Merkel auf dem 3. IT-Gipfel in Darmstadt: "Der Abschwung ist hier noch nicht zu spüren, und wir werden alles tun, damit das so bleibt". Geplant sind Investitionen in eine flächendeckende Breitbandabdeckung. Nun stellt sich die Frage, inwiefern die öffentliche Hand überhaupt eine Wahl hätte, ihre IT-Investitionen zu reduzieren.
Das Superwahljahr 2009 mit acht Kommunalwahlen, fünf Landtagswahlen und der Bundestagwahl lässt zwar vermuten, dass zahlreiche Projekte verschoben oder sogar eingestellt werden. Dennoch sind viele Investitionen kaum zu verschieben, da sie gesetzlich schon verankert sind und durchgeführt werden müssen. Dazu zählt z.B die Umstellung der Kameralen auf eine Doppische Buchführung. Der genaue Zeitpunkt hängt für die Kommunen, die als erste umstellen, von der Entscheidung der Länder ab. Die meisten Bundesländer haben hierzu schon Zeitpläne vorgelegt, die sich teilweise bis zum Jahr 2015 hinziehen. Aber auch die Länder selbst haben mit der Einführung der Doppik bereits begonnen und der Bund folgt in naher Zukunft.
Die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie muss nach EU-Vorgabe bis Ende 2009 abgeschlossen sein. Dies ist keine triviale Aufgabe, die außerdem ein hohes Maß an IT-Investitionen nach sich zieht: vor allem müssen sämtliche Landes- und Kommunalbehören vernetzt werden. Erstrebenswert sind nach Ansicht der Unternehmen und Bürger Online-Dienstleistungen, die den Unternehmen ein "One-Stop-Government" ermöglichen. Konkret bedeutet dies, dass ein Kunde der öffentlichen Verwaltung alle einzuschlagenden Amtswege von einem einzigen Zutrittspunkt aus machen kann. Das Land Sachsen ist bei der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie Vorreiter in der Bundesrepublik.
Viele öffentliche Einrichtungen sind zudem gezwungen, ihre Verwaltungsprozesse zu optimieren und mit IT zu stützen, da der demographische Wandel dauerhaft dazu führt, dass Verwaltungen mit immer weniger Personal bessere (Online)-Dienste bereitstellen müssen. Zwar können einige Einrichtungen auf die Hilfe von öffentlichen IT-Dienstleistern zurückgreifen, doch auch diese benötigen wiederum moderne Software und Unterstützung von privaten IT-Dienstleistern, um ihrer Aufgabe gerecht zu werden.
Wirft man einen Blick auf den Gesundheitssektor, so finden sich dort zwei Schwerpunktthemen: Die Gesundheitskarte und die Modernisierung der Krankenhaus-IT.
Die Einführung der Gesundheitskarte zieht sich nun schon einige Jahre hin, scheint allerdings in einigen Bundesländern bald flächendeckend ausgerollt zu werden - wie z.B. in der Region der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (Niederrhein, Rheinland und Bergisches Land) im ersten Quartal 2009. Investitionen in eine flächendeckende Infrastruktur zur Vernetzung der Ärzte, Krankhäuser und Versicherer werden notwenig sein.
Für das Jahr 2009 haben die Krankenhäuser in Deutschland eine Finanzspritze von rund 3 Mrd. Euro erhalten. Viele Krankenhäuser fusionieren und müssen natürlich auch ihre IT-Landschaft konsolidieren. Außerdem ist die Ausstattung mit durchgängigen IT-Systemen bislang nur unzureichend vorhanden. Gesundheitseinrichtungen haben zudem meist wenig eigenes IT-Personal, das die Projekte stemmen könnte und müssen auf externe Hilfe zurückgreifen.
Ein Blick auf die Bundeswehr zeigt, dass sich das Haushaltbudget des Verteidigungsministeriums 2008 um fast 20% erhöht hat und für das Jahr 2009 noch einmal knapp 6% mehr vorgesehen sind. Zwar sind viele IT-Investitionen schon in den Herkules-Deal eingegangen, dennoch müssen darauf aufbauende Anwendungen modernisiert und aufgrund der zunehmenden Anzahl von Auslandseinsätzen der Bundeswehr flexibilisiert werden. Auch hier kann von einem Rückgang der IT-Ausgaben an externe Dienstleister nicht die Rede sein.
Vergleicht man nun die Auswirkungen der Krise im Jahr 2009 in den verschiedenen Branchen, so wird der Markt für Projektgeschäft (Project Services) z.B. in der diskreten Fertigung um 1% schrumpfen. Dagegen wächst der Markt im öffentlichen Sektor um mehr als 4% und im Gesundheitssektor sogar um 6%. In beiden Fällen bedeutet dies zwar einen leichten Rückgang des Wachstums zum Jahr 2008, dieser ist allerdings hauptsächlich den vielen Wahlen und der Verzögerung von weiteren Entscheidungen geschuldet. So wird auch in dieser Krise, wie schon Anfang des Jahrhunderts, der öffentliche Sektor ein Fels in der Brandung sein.
Einige IT-Dienstleister werden sich nun fragen, wie sie diesen Markt für sich erschließen können. Dies ist, von Ausnahmen, abgesehen nur anzuraten, wenn ein Unternehmen schon substanzielle Referenzen in dieser Branche vorweisen kann. Andernfalls sind die Eintrittsbarrieren zu hoch und zu kostspielig.
PACs SITSI® Vertical Report "Public Sector Germany" erscheint jährlich und analysiert den Markt für Software- und IT-Services im öffentlichen Sektor. Sowohl qualitative als auch quantitative Informationen geben einen Ausblick über Trends, Anforderungen und Wachstumsfaktoren. Weitere Informationen zur Studie erhalten Sie auf unserer Website.