Mit der "KRITIS"-Verordnung wird §10 des BSI-Gesetzes in einem ersten Schritt umgesetzt. Für die Bestimmung Kritischer Infrastrukturen in den Sektoren Energie, Wasser, Informationstechnik und Telekommunikation sowie Ernährung werden relevante Anlagekategorien definiert und mit Schwellenwerten, korrespondierend mit dem jeweiligen Versorgungsgrad, versehen.
Im Rahmen der aktuellen Anhörung der Verbände und Fachkreise merkt TeleTrusT nach eingehender Erörterung des Entwurfes durch die internen Arbeitsgruppen insbesondere die folgenden Punkte an:
1. Die Zugrundelegung der "500.000er-Regel" für die Schwellenwerte wird als kritisch betrachtet. Die Regel basiert auf der Annahme, dass Ausfälle, bei denen weniger Haushalte betroffen sind, technisch und organisatorisch aufgefangen werden können. Sind im konkreten Fall also 500.000 Haushalte betroffen, kann ein weiterer, ernster Vorfall nicht einmal teilweise abgefangen werden. TeleTrusT regt an, die Schwellenwerte um einen geeigneten Sicherheitspuffer zu ergänzen.
2. Der Benennung absoluter Zahlen für Schwellenwerte lässt eine qualitative Berücksichtigung möglicher "Domino-Effekte" außer Acht. Wie ein europaweiter Stromausfall von 2006 gezeigt hat, kann durch Abschalten einer einzigen, eher weniger wichtigen Leitung das Gesamtsystem massiv beeinträchtigt sein. Neuere Untersuchungen und Modellberechnungen zeigen, dass Angriffe auf kleine Bereiche einer komplexen Infrastruktur durch Kaskadeneffekte die Gesamtstruktur beeinflussen können. Daher regt TeleTrusT an, in der Rechtsverordnung auch die Kumulation von sicherheitskritischen Ereignissen zu berücksichtigen.
3. Das für die Anlagenkategorie "Standortkopplung" zugrunde gelegte Datenvolumen auf Basis des wichtigsten, und - gemessen am Datendurchsatz - weltweit größten Internetknotenpunkts (DE-CIX), erscheint für die Betrachtung für ITK Unternehmen zu hoch. Da über den Internetknotenpunkt nicht nur der inländische, sondern auch der internationale Datenverkehr prozessiert wird, ist das Anwenden des Datenvolumens des DE-CIX auf industrielle und/oder unternehmensinterne Datenverbindungen nicht plausibel. TeleTrusT regt an, die Berechnungsgrundlage zur Festlegung der kritischen Betreiber zu revidieren.
4. Im Referentenentwurf bleibt unklar, inwieweit moderne Telekommunikationsanwendungen wie IP-Telefonie eingeschlossen sind. Derzeit bringen alle Telekommunikationsdienstleister moderne IP-Telefonie als Basisprodukte auf den Markt. Auch über diese Dienste müssen Notrufe erreichbar sein. Daher sollten sie im Fokus der Betrachtung kritischer Infrastrukturen sein. TeleTrusT regt an, klarzustellen, inwieweit die IP-basierten Sprach- und Telefoniedienste in der Rechtsverordnung berücksichtigt werden.