Ein Haus zu bauen, könnte so einfach sein: Man kaufe sich ein Grundstück, bestelle vier Wände und ein Dach und lasse das Ganze auf eine Bodenplatte oder Kellerdecke stellen. Bliebe noch die Tür aufzuschließen und mit Kind und Kegel einzuziehen. Schön wär’s, wenn Hausbau so einfach ginge! Aber warum eigentlich nicht? Der Deutsche Holzfertigbau-Verband hat sich Gedanken darüber gemacht, warum wir uns mit einer Unzahl von Gesetzen, Verordnungen, Normen und Vorschriften das Bauen selbst unnötig schwermachen.
„Der Paragraphenwald gehört gelichtet!“ (DHV-Präsident Erwin Taglieber)
„Es kann nicht angehen, dass für die Herstellung der gleichen Sache in jedem Bundesland andere Regeln gelten. Häuser braucht und baut man schließlich überall! Da es nach wie vor der Traum der meisten Bundesbürger ist, in den eigenen vier Wänden zu wohnen, sollte es jedem Wohnungsbaupolitiker ein Herzensanliegen sein, dass sich dieser Traum für möglichst viele Bürger auch erfüllt. Und zwar sinnvollerweise schon in der Lebensphase der Familienplanung – nicht erst kurz vor dem Rentenalter“, sagt Erwin Taglieber, Holzbauunternehmer aus Oettingen in Bayern. Als Präsident des Deutschen Holzfertigbau-Verbandes fordert er deshalb eine Rosskur für die deutschen Baugesetze sowie klaren Vorrang für das Ziel, Wohnraum für Familien zu schaffen. Damit spricht er über 300 mittelständischen Hausbauunternehmen aus der Seele, die den miteinander kooperierenden Holzbau-Verbänden Deutscher Holzfertigbau-Verband (DHV, Ostfildern; www.d-h-v.de), ZimmerMeisterHaus (ZMH, Schwäbisch Hall; www.zmh.com) und 81fünf high-tech & holzbau AG (81fünf, Lüneburg; www.81fuenf.de) angehören.
„16 Landesbauordnungen sind 15 zu viel!“ (DHV-Vizepräsident Ulf Cordes)
Bislang gleicht es einem Abenteuer, sich mit dem Thema Baurecht zu befassen. Dass dieses Rechtsgebiet so ungeheuer kompliziert ist, liegt zunächst einmal daran, dass das Bauen in Deutschland als Ländersache gilt. Jedes Bundesland hat gemäß Bauordnungsrecht eine eigene Landesbauordnung (LBO) erlassen, die den landestypischen Baustilen, traditionellen Bauweisen, topographischen Gegebenheiten sowie technischen Anforderungen etc. Rechnung tragen soll. Geregelt wird, wie, womit, wie hoch, in welchem Abstand gebaut werden darf und anderes mehr.
In vielerlei Hinsicht haben sich die LBOs einander mit der Zeit zwar angenähert – aber längst noch nicht in jedem Punkt. „Die größten Unterschiede zwischen den Landesbauordnungen bestehen beim Brandschutz.“, sagt Bauphysiker Dipl.-Ing. Wolfgang Schäfer, Geschäftsführer Technik beim Zimmererverband Holzbau Baden-Württemberg (www.holzbau-online.de). Architekten, Bauunternehmen und Bauhandwerker müssen deshalb nach wie vor bei jedem Bauwerk darauf achten, dass sie gemäß geltender Landesbauordnung planen, bauen und zu Werke gehen. Dabei wäre es viel effizienter, identischen bzw. ähnlichen Erfordernissen mit den gleichen Maßnahmen und Bauteilen gerecht zu werden. Trotz aller Bestrebungen auf Bundesebene, das geltende Baurecht zu harmonisieren, indem man Reformkommissionen einberuft oder Ausschüsse einsetzt, wird das Rad in 16 Bundesländern immer wieder neu erfunden. Ob das an tatsächlichen sachlichen Erfordernissen liegt oder eher daran, dass 16 Landesbauminister andernfalls um ihren Einfluss bangen müssten, sei einmal dahingestellt.
„Von Land zu Land abweichende Baugesetze machen wenig Sinn.“ (Wolfgang Schäfer, Geschäftsführer Technik beim Zimmererverband Holzbau Baden-Württemberg)
Was die konkreten Schutzziele angeht, besteht für von Bundesland zu Bundesland abweichende Regelungen so gut wie keine sachliche Notwendigkeit. Demgemäß sind Fragen zum Wärme-, Hitze-, Schall- und Feuchteschutz in den meisten LBOs schon näherungsweise ähnlich gefasst. „Überspitzt formuliert, müsste man sonst ja unterstellen, dass es in Brandenburg anders brennt als in Bayern, Baden-Württemberg oder Berlin“, weist Bauphysiker Wolfgang Schäfer auf das Verwirrpotenzial hin, das im Nebeneinander unterschiedlicher Bauordnungen der Länder schlummert. Eigentlich sollen sie alle das Gleiche bewirken: das Bauen praktikabel und standortgerecht zu regeln. Für die ausführenden Hausbauunternehmen entpuppt sich das Nebeneinander von 16 Landesbauordnungen allerdings als erheblicher Kostenfaktor, der das Bauen über den Verwaltungsweg verkompliziert und unnötig verteuert.
Beispiel „Anleiterhöhe“
Natürlich steht es außer Frage, dass die Rettung von Personen im Brandfall höchste Priorität besitzt und es die baulichen Gegebenheiten der Feuerwehr so einfach wie möglich machen sollten, ihre Aufgaben zu erfüllen. Warum aber in Brandenburg das Fenster im Obergeschoss eines Einfamilienhauses andere Dimensionen haben muss als in Hessen oder Baden-Württemberg, warum es darüber hinaus auch Unterschiede in der Höhe gibt, in der es in der Außenwand platziert sein darf, ist schwer zu verstehen. Für einen Fertighaushersteller heißt es dennoch, sein Produkt der jeweiligen Landesbauordnung anzupassen, die am Standort des jeweils zu errichtenden Neubaus gilt – auch, wenn das Bauen durch mehr Planungsaufwand letztlich teurer wird.
Vorbild Baden-Württemberg
Aus Sicht des Deutschen Holzfertigbau-Verbandes ist die Landesbauordnung von Baden-Württemberg vorbildlich und sollte als Universalvorlage für die Muster-Bauordnung (MBO) dienen, deren Inhalte im Zuge der Harmonisierung und Vereinheitlichung der LBOs in allen Bundesländern in geltendes Landesrecht zu überführen wären. Insbesondere die Regelungen zu Gebäuden der Klassen IV (bis 13 m Höhe und Nutzungseinheiten mit jeweils nicht mehr als 400 m²) und V (Gebäude über 13 m Höhe) erleichtern in Baden-Württemberg die Verwendung des Werkstoffs Holz in Anwendungsbereichen, die bisher anderen Werkstoffen vorbehalten waren. Hinzu kommt, dass das Land Baden-Württemberg mit seiner aktuellen Holzbau-Offensive dem Einsatz des Naturbaustoffs nachhaltig den Rücken stärkt und öffentliche Gebäude, bei denen das Land der Bauherr ist, künftig vorrangig in moderner Holz- oder Holz-Hybrid-Bauweise umsetzen lassen will. Damit trägt Baden-Württemberg der Tatsache umfassend Rechnung, dass Holz als Baumaterial ein hochwirksames Speichermedium ist, das die Atmosphäre von klimaschädlichem Kohlendioxid entlastet.
Mit der Verwendung von Holz aus bauordnungsrechtlicher Sicht befassen sich die Forschungsprojekte „Holzbau-Richtlinie B.-W.“ und „TIMpuls“ (www.hb.bgu.tum.de/de/timpuls/startseite.htm), an denen sich auch der Deutsche Holzfertigbau-Verband beteiligt.
„Letztlich ist es eine Frage des politischen Willens, ob und in welchem Umfang in einem Bundesland mit Holz gebaut werden darf. Wie beliebt das Bauen mit Holz bei privaten Bauherren ist, sieht man in Baden-Württemberg, wo mehr als jedes dritte Einfamilienhaus in Holzrahmen- bzw. Holzfertigbauart errichtet wird“, unterstreicht DHV-Präsident Erwin Taglieber. Für die politische Entscheidung, Gebäude aus Holz in allen Bundesländern in vergleichbarem Umfang wie in Baden-Württemberg zu ermöglichen, braucht es Fakten, die TIMPuls liefert. Als Holzbauunternehmer hat er keinen Zweifel, dass sich der Werkstoff auch bei Mehrgeschossgebäuden bundesweit durchsetzen wird. (az)
Weitere Informationen über das Bauen mit Holz finden sich auf https://www.d-h-v.de, https://www.81fuenf.de sowie https://www.zmh.com
Leistungsstarke Interessengemeinschaft: DHV, ZMH und 81fünf
Mit zusammen über 300 Mitgliedsbetrieben bilden der Deutsche Holzfertigbau-Verband e.V. (DHV, Ostfildern), die Vereinigung ZimmerMeisterHaus (ZMH, Schwäbisch Hall) und die Gruppe 81fünf AG (Lüneburg) eine leistungsstarke Gemeinschaft, die übereinstimmende Interessen gegenüber Politik, Wirtschaft und Gesellschaft seit Dezember 2015 gebündelt artikuliert. Größte Organisation in diesem Verbund ist der DHV, der als zentrales Sprachrohr fungiert. Zu den Mitgliedsunternehmen der drei holzwirtschaftlichen Verbände, die das Bauen in Deutschland nachhaltig mitgestalten, zählen Holzfertigbaubetriebe, Architektur- und Planungsbüros sowie Zulieferfirmen aller baubeteiligten Gewerke. Darüber hinaus gehören Sägewerke, Baumaschinenhersteller sowie Dienstleister aus bauaffinen Branchen wie zum Beispiel Gebäude-Energieberater, Statiker, Softwareentwickler, Vermessungsingenieure und Medienvertreter dem holzwirtschaftlichen Interessenverbund an. Das gemeinsame Ziel heißt Holzbau komplett: von der Beratung über die Planung und Vorfertigung bis zur bezugsbereiten Ausführung von Wohnhäusern, Büro-, Gewerbe- und Zweckbauten in allen erdenklichen Formen und Größen. Weitere Informationen: www.d-h-v.de