Den Auftakt der Vortragsreihe machte Prof. Dipl.-Ing. Architekt Ludger Dederich von der Hochschule Rottenburg/Neckar. Er widmete sich aktuellen Entwicklungen im Bereich organischer/natürlicher Dämmstoffe und stellte ihre physikalischen wie funktionalen Eigenschaften anorganischen/mineralischen sowie synthetischen/petrochemischen Materialien gegenüber. Beeindruckend war dabei die Vielzahl verschiedener Dämmstoffe, die dem Holzbau respektive der Bauwirtschaft mittlerweile zur Verfügung steht: Unter allen bauaufsichtlich zugelassenen organischen Naturdämmstoffen, zu denen vornehmlich Baumwolle, Flachs, Getreidegranulat, Hanf, Holzfaser, Holzwolle, Kokosfaser, expandierter Kork, Schafwolle, Schilfrohr, Stroh, Strohleichtlehm, Torf und Zellulosefasern zählen, vereinen Zellulose (37 Prozent) und Holzfasern (29 Prozent) die größten Marktanteile auf sich. Zusammen machen sie zwei Drittel der in Deutschland im Holzbau eingesetzten organischen Dämmstoffe aus. Im Holzbau werden daneben auch mineralische Dämmstoffe eingesetzt, hauptsächlich Glaswolle (22 Prozent) und Steinwolle (6 Prozent). Die Bereitschaft, zwischen organischen und mineralischen Dämmstoffen zu wechseln, schätzte Prof. Dederich auf der Grundlage einer aktuellen Befragung von Marktteilnehmern aus dem Holzbau als vergleichsweise gering ein. Das bedeutet, dass sich Holzbauunternehmen vorzugsweise systemtreu verhalten, wenn es um die Wahl von Dämmstoffen für Dach-, Decken- und Wandaufbauten geht. Ob dies auch zu einer besonders ausgeprägten Marken- und Lieferantentreue führt, ließ die anschauliche Analyse freilich offen.
Den Holzbau stärken
Bemerkenswert ist, dass eine Kleine Anfrage der Fraktion der Grünen im Deutschen Bundestag vom 7. Juli 2016 eine Laissez-faire-Haltung der Bundesregierung offenbarte (s. Antwort der BR vom 5. August 2016), die es dem Baustoff Holz, dem Holzbau und Naturdämmstoffen alles andere als leichter macht, sich gegen etablierte Anbieter mineralischer und synthetischer Produkte zu behaupten. Getreu der Devise, der Markt werde es schon richten, verweigert die Bundesregierung jede Regulierung des Marktgeschehens. Statt Rahmenbedingungen zu schaffen, die natürlichen Baumaterialien beispielsweise durch eine Quotenregelung für Bauvorhaben der öffentlichen Hand die Chance eröffnen, ihre klimaschützenden und wohnklimaregulierenden Eigenschaften unter Beweis zu stellen, zieht man sich mit einem Hinweis auf ingenieurmäßige Betrachtungsweisen, die sich stets am konkreten Bauprojekt orientieren, aus der Affäre. Bleibt festzuhalten: Mit regierungsamtlichen Lippenbekenntnissen ist weder dem Holzbau noch Naturdämmstoffen gedient – und schon gar nicht dem Verbraucher, der gerade jetzt nach Alternativen zu synthetischen Dämmprodukten sucht.
Mit Sicherheit immer höher
Über Möglichkeiten zur Markterweiterung durch mehrgeschossige Gebäude in Holzbauweise (Gebäudeklassen 4 und 5) referierte Dipl.-Ing. (FH) Wolfgang Schäfer, Leiter des Fachbereichs Technik beim Deutschen Holzfertigbau-Verband e.V. (DHV, Ostfildern; www.d-h-v.de). Der erfahrene Bauphysiker verdeutlichte Chancen und Risiken durch zahlreiche gesetzliche Neuerungen im Bereich des Brandschutzes. In diesem Zusammenhang lenkte er die Aufmerksamkeit der GDF-Mitglieder auf zwei neue Forschungsprojekte, die für den Holzbau wesentliche Erleichterungen in der Praxis bringen dürften: Unter dem Projektnamen TIMPULSE soll eine brandschutztechnische Grundlagenuntersuchung zur Fortschreibung bauaufsichtlicher Regelungen im Hinblick auf eine erweiterte Anwendung des Holzbaus durchgeführt werden. Ziel ist eine Novellierung der Bauordnungen MBO und M-HFHHolzR, um der Holzbauweise das Erreichen der Hochhausgrenze zu ermöglichen. Dazu soll ein vollständiger Konstruktionskatalog sämtlicher Holzbaudetails erarbeitet und bereitgestellt werden. Eine Genehmigung des Gemeinschaftsprojekts unter Beteiligung mehrerer Hochschulen, Institute und Materialprüfanstalten, Verbände sowie der Bauaufsicht steht noch aus.
Geprüfter Bauteilekatalog für den ganzen Holzbau
Weiterhin soll unter der Bezeichnung www.dataholz.de eine kostenfrei nutzbare Datenbank entstehen, auf der bauphysikalische und baurechtliche Informationen zu Holzbauteilen gebündelt werden.
Beim Thema Schallschutz wies Wolfgang Schäfer u.a. auf die Novellierung der Schallschutznorm DIN 4109 hin. In diesem Kontext ist die Verschärfung der Anforderungen an den Trittschallschutz zu sehen: Unter Anwendung eines neuen Nachweisverfahrens sind künftig auch die Schallnebenwege zu berücksichtigen.
Fehler beim Sockelanschluss vermeiden
Wolfgang Schäfers Kollegin Dipl.-Ing. (FH) Caroline Göttlein demonstrierte die fachgerechte Ausbildung von Sockelanschlussdetails im Holzbau. Ihr Augenmerk richtete sie dabei vorrangig auf die Schwelle – ein wichtiges Bauteil, das zahlreichen Einwirkungen ausgesetzt ist; beispielsweise durch aufstauendes Regenwasser. „Generell ist eine akribische Ausführung der Schwelle bei jedem Neubau anzuraten. Denn später lässt sich das Bauteil ganz und gar nicht mehr so einfach austauschen“, sagte Göttlein. In jedem Fall soll der Bauherr eines neuen Holzrahmenbaus oder Holzfertighauses auch auf das umgebende Gelände achten: Anschüttungen von Erdreich an den Gebäudesockel oder die gedämmte Fassade sollten unterbleiben, eine Abdichtung gegen nichtstauendes Sickerwasser hat im Tiefgeschoss unterhalb der Geländeoberkante an den erdberührten Außenwänden zu erfolgen; notwendige Durchdringungen sind fachgerecht abzudichten. Der Verlauf der Geländeoberkante ist zu planen und eine Abdichtung ist bis 15 cm über GOK zwingend vorzunehmen. Ein Merkblatt über die praxisgerechte Sockelausbildung ist bei der Geschäftsstelle des Deutschen Holzfertigbau-Verbandes e.V. (DHV) im Mehrverbändehaus Forum Holzbau in Ostfildern erhältlich.
Herausforderungen annehmen
Dipl.-Ing. Jörg Hiller, Mitarbeiter des GDF-Mitgliedsunternehmens Bauer Holzbau GmbH aus Satteldorf, verknüpfte theoretisches Fach- und Normenwissen mit der Holzbaupraxis. Worauf bei güteüberwachten Mehrgeschossern in Holzbauweise zu achten ist, beleuchtete er anhand konkreter Beispiele aus der Vorfertigung. So hat Bauer Holzbau in Korntal-Münchingen zwei dreigeschossige Flüchtlingsheime in Holzbauweise errichtet. Die Holzrahmenbauten, die jeweils 15 Wohnungen inklusive Bad und Küche umfassen, wurden als Holzrahmenbauten mit Holzbalkendecken und Dachtragwerken aus robusten Nagelplattenbindern (www.nagelplatten.de) ausgeführt. „Es ist die vornehmste Aufgabe des Holzbauunternehmens, langlebige Gebäude von hoher Qualität mit guter Detailausbildung schadensfrei zu erstellen“, sagte Hiller. Dafür gilt es, alle Anforderungen hinsichtlich Wärmedämmung, sommerlichen Hitzeschutz, Schall- und Brandschutz etc. in ihrem komplexen bauphysikalischen Zusammenspiel unter einen Hut zu bringen. Die Lösung besteht in einer minutiösen Bauteile-Logistik, die die verschiedenen gewerkespezifischen Planungen einbezieht. Um ein qualitativ hochwertiges Gebäude aus Holz zu erstellen, ist außerdem auf der Baustelle eine Baubegleitung mit Argusaugen erforderlich, wozu auch die minutiöse Überwachung der Nachunternehmer zählt.
Genial durchdacht, genial gemacht.
Dipl.-Ing. (FH) Walter Bauer, Geschäftsführer der Bauer Holzbau GmbH, empfahl den GDF-Mitgliedern, die Fertigung von Wand-, Decken- und Dachelementen in die Halle zu verlegen, um sie von Wetterlaunen unabhängiger zu machen. Der Vorfertigungsgrad lässt sich durch Einsatz der patentierten Produktionsanlage tectofix 3000 optimieren, die sich als ganzheitliche Lösung für die rationelle Fertigung von Holzhaus-Bauelementen in Top-Qualität anbietet. „Dank modularer Bauweise können Sie Dächer in beliebiger Länge in der Halle vorfertigen, und die Montagezeit auf der Baustelle verkürzt sich auf wenige Stunden bei einem konventionellen Dachstuhl und einen Tag bei einem marktüblichen Wohnhaus“, erläuterte Walter Bauer den Nutzen der Anlage. Abschließend lud er die GDF-Mitglieder ein, sich am Samstag, den 5. November, beim Infotag der Bauer Technik in Satteldorf ein eigenes Bild von der Vorfertigungsanlage zu machen.
(az)
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