„Dass der Marktanteil des Holzbaus bei neuen Ein- und Zweifamilienhäusern die 20-Prozent-Marke im bundesweiten Schnitt bereits deutlich überschritten hat, ist sicher ein Grund zur Freude. Die Hände in den Schoß legen dürfen wir aber noch lange nicht: Bis 2030 müssen mehr als die Hälfte aller Neubauten vorwiegend aus Holz bestehen, wenn wir den Klimawandel zumindest ansatzweise in den Griff bekommen und die Erderwärmung – wie im Pariser Klimaschutzabkommen festgelegt – auf maximal zwei Grad begrenzen wollen. Wir sind auf einem guten Weg, dürfen in unserem Engagement jedoch nicht nachlassen.“, rief DHV-Präsident Erwin Taglieber die rund 100 Unternehmensvertreter im Maritim Konferenzhotel Darmstadt zu intensiver Mitwirkung am Gelingen der zahlreichen ambitionierten Verbandsprojekte auf.
Baurecht vereinfachen
Für Ulf Cordes, Vize-Präsident des auf 250 Mitglieder gewachsenen Deutschen Holzfertigbau-Verbandes, liegt in der vollständigen Harmonisierung der 16 Landesbauordnungen (LBO) der Schlüssel zum Erfolg. „Was wir brauchen, sind bundeseinheitliche Baustandards. Dass die Ländergesetze in vielen Punkten voneinander abweichen, zwingt Holzbauunternehmen zu kostspieligen und zeitaufwändigen Anpassungen der Gebäudeplanung. Das bringt unnötige Verzögerungen in der Vorfertigung von Bauteilen und größeren Elementen mit sich. In Anbetracht der herrschenden Wohnungsknappheit ist das kontraproduktiv und nicht länger hinnehmbar“, appellierte Cordes an die politischen Entscheidungsträger in Bund und Ländern, das klimaschonende und zeitsparende Bauen mit Holz durch Vereinheitlichung der Baugesetze zu erleichtern und das Baugeschehen spürbar zu beschleunigen.
Bautätigkeit verdoppeln
Auf dieser Grundlage können Holzfertigbau-Unternehmen ihre Aktivitäten im Mehrgeschossbau gezielt intensivieren und den dringend benötigten Wohnraum schaffen, auf den so viele Menschen sehnlichst warten. DHV-Präsident Erwin Taglieber, der seit Juni auch dem Deutschen Holzwirtschaftsrat (DHWR) vorsteht, betonte, dass der Holzfertigbau schneller als jede andere Bauweise in der Lage ist, Gebäude zu errichten und Wohnungen bezugsfertig zu stellen.
Fest steht, dass die jährliche Neubautätigkeit mehr als verdoppelt werden muss, um für genügend Wohnraum in ganz Deutschland zu sorgen. Deshalb darf es aus Sicht des DHV kein Beharren auf Althergebrachtem geben: „Besondere Umstände erfordern beherzte Maßnahmen, wozu zuvorderst die serielle Vorfertigung von Wänden, Decken und Dachtragwerksbauteilen in Holzbauweise sowie insbesondere der zeitsparende Holzmodulbau zählen.“, schlussfolgerte DHV-Geschäftsführer Konstantin zu Dohna unter anhaltendem Beifall des Auditoriums.
Neue DHV-Website
Beharrlich auf die Vorteile des Holzfertigbaus hinzuweisen und verlässliche Informationen in attraktiver Form zu präsentieren, ist im Wettbewerb mit anderen Bauweisen unerlässlich. Der DHV hat daher seine Website komplett erneuern lassen. Die neuen Seiten des handwerklichen Holzfertigbaus im WorldWideWeb stellte den Verbandsmitgliedern Ulf Cordes in seiner Eigenschaft als Obmann des Arbeitskreises Kommunikation vor. Mit der Freischaltung ist in Kürze zu rechnen (https://www.d-h-v.de).
Tagungsschwerpunkt Technik
Traditionell liegt der Fokus des DHV auf holzbautechnischen Themen, über die Wolfgang Schäfer einen profunden Überblick gab: „2022 werden es nicht weniger als 17 Forschungsprojekte sein, an denen sich der DHV aktiv und/oder finanziell beteiligt.“, kündigte der techn. Geschäftsführer an. Die Ergebnisse kommen allen Mitgliedsunternehmen zugute; beispielsweise in Form von Merkblättern und Praxishilfen, die intelligente Ausführungen im Detail darstellen und fachkundig erläutern. Die neuesten Publikationen des DHV widmen sich u. a. sicheren bodentiefen Verglasungen, mehrgeschossigen Holzbauten, Auswirkungen der Planungsmethode BIM auf den Holzbau oder auch Aspekten des baulichen Gesundheitsschutzes.
Effektive Arbeitskreise
Zum Transfer von Forschungswissen in die Unternehmen und dem praktischen Erkenntnisgewinn aus wissenschaftlichen Studien tragen beim DHV vor allem die ständigen Arbeitskreise bei. Deren Mitglieder befassen sich mit der immer wichtigeren Kontaktpflege zu anderen Holzbauverbänden, zu politischen Entscheidungsträgern, Meinungsmachern und Repräsentanten des öffentlichen Lebens, mit Digitalisierungsfragen, ökologischen Aspekten wie dem Vermeiden von Emissionen aus Bauteilen sowie der Kommunikation über wichtige Verbandsthemen und ihrer Darstellung für die und in der Presse.
Vorstandsmitglied Gerd Prause warf aus Sicht des AK Verbandspolitik einen Blick in die Zukunft und mahnte: „Unser aktueller Lebensstil ist weder ökologisch noch ökonomisch noch sozial zukunftsfähig. Mit der Natur können wir nicht verhandeln!“ Prause folgerte, dass es an der Zeit ist, die Transformation des Baugeschehens zu forcieren: „Wir müssen die in Deutschland noch immer vorherrschende Art zu bauen grundlegend ändern. Holzbau ist kein Nice-to-have, sondern eine Überlebenstechnik!“ Ziel des DHV und anderer Holzbauverbände sollte sein, diese Erkenntnis jederfrau und jedermann unmissverständlich zu vermitteln. Dazu leistet der AK Kommunikation einen wesentlichen Beitrag: Pressereferent Peter Mackowiack verdeutlichte dies am Beispiel des Regionalen Holzbautags, der diesen Herbst bei Holzbau STARK in Auhausen stattfand – eine Erfolgsgeschichte sonders gleichen! Ähnlich verhält es sich mit dem bundesweiten DHV-KlimaSchutzTag, der auf einer Initiative von Präsident Erwin Taglieber beruht und im Sommer erstmals ausgerufen wurde. „Solche Veranstaltungen sind Meilensteine, die den Holzfertigbau bekannter machen und Interessenten die Vorzüge des Baustoffs Holz nahebringen.“, betonte Mackowiack, der sich in der Organisation beider Events federführend engagiert. Um den Verbandsveranstaltungen aktuelle Themen zu liefern, konferiert Ahmed Al Samarraie regelmäßig mit Repräsentanten des Umweltbundesamtes, des Deutschen Instituts für Bautechnik sowie diverser Forschungsinstitute. Der Vorsitzende des Arbeitskreises ökologischer Holzbau (AKöH) betonte in Darmstadt die Wichtigkeit des Dialogs auch mit Holzbau-Skeptikern: „Nur, wenn wir miteinander reden, können wir praktikable Problemlösungen finden. Es gibt kein richtiges oder falsches Baumaterial, nur zielführende oder kontraproduktive Bauausführungen. Was als sinnvoll gelten soll, müssen wir gemeinsam festlegen.“
Von der Einsparung zur Erzeugung
Einen bemerkenswerten Paradigmenwandel zeichnete Friedmann Stelzer nach, DHV-Vorstandsmitglied und geschäftsführender Inhaber des unabhängigen Ingenieurbüros Energiebündel in Reutlingen: „Lange Zeit ging es beim Bauen vorrangig darum, durch anlagen- und dämmtechnische Maßnahmen möglichst viel Strom und Heizwärmeenergie einzusparen. Dieses Ziel wird merklich durch das Bestreben abgelöst, aus Energieverbrauchern Energieerzeuger zu machen.“ Dabei helfen zahlreiche Programme der Bundesförderung für energieeffiziente Gebäude (BEG). Stelzer gab hierzu einen umfassenden Überblick, der attraktive Gestaltungsmöglichkeiten für Bauherren und Hausbauunternehmen als Antragsteller verdeutlichte.
Brand- und Schallschutz
Fachvorträge weiterer Bauphysik-Experten rankten sich in Darmstadt vor allem um Brand- und Schallschutzfragen: Die Sachverständige Ann-Kathrin Kranz vom Büro Sacher Ingenieure befasste sich mit der Ausführung von Brandschutztüren im Holzbau. Ihre zentrale Frage: Wie lässt sich Nichtbrennbarkeit von Bauteilen erreichen und nachweisen? Letztlich, so das Fazit aus ihrem bemerkenswerten Vortrag, ist es der Prüfingenieur, der über den Prüferfolg entscheidet. Norman Werther, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU München, nahm die rauchdichte Ausführung von Bauteilfugen im Mehrgeschossbau unter die Lupe. Ein Brand soll an einer Stelle bleiben und sich nicht ausbreiten können. Rauch darf nicht durch Fugen dringen, fordert die Musterbauordnung (MBO). Werthers Bestreben bestand darin, Vorbehalte der Bauaufsicht durch funktionierende Brandschutzlösungen in Vertrauen zum Holzbau umzumünzen. „Konsequent luftdichte Bauausführung hilft, Konvektionsströmungen zu verhindern und den Brandschutz zu optimieren.“, lautete sein Ratschlag an die Praktiker.
Spezielle Brandschutzprodukte für den Holzbau stellte im Anschluss Andreas Wetzel vor, leitender Mitarbeiter des DHV-Fördermitglieds Rex Industrie-Produkte. Dazu gehörten unter anderem Fugenfüllungen aus Mineralfaserschaumstoff sowie im Brandfall aufschäumende Fugendichtbänder. Ihr besonderer Vorteil besteht darin, dass sie sich auf der Baustelle schneller und einfacher als herkömmliche Fugenfüllungen einbringen lassen und, sofern intumeszierend, jede noch so kleine Nische erreichen und zuverlässig abdichten.
Neuer Weltmarktführer
Dass Norbord, eine der bekanntesten Herstellermarken für OSB-Platten, jetzt West Fraser heißt, berichtete Business Development Manager André Kolbinger. Er referierte über Synergien, die sich aus der Übernahme des beliebten Anbieters durch das nordamerikanische Unternehmen West Fraser ergeben. Dabei stellte er neue Produkte für den Holzbau vor, die sich in der Entwicklung zur Marktreife befinden, und veranschaulichte die Vorteile der Fusion anhand beeindruckender Bauvorhaben wie des neuen Gemeindekindergartens in Freiburg, dessen Gebäudehülle hauptsächlich aus West Fraser OSB-Platten besteht.
Hörenswerter Schallschutz-Vortrag
Wenn sich jemand mit Schallschutzfragen aus dem Effeff auskennt, dann Michael Wolf. Der Geschäftsführer und Gründer des DHV-Fördermitglieds Wolf Bavaria präsentierte Wissenswertes über die Funktion von Schallschutzlagern im Hochbau sowie zur geltenden Schallschutznorm: „DIN 4109 definiert die Mindestanforderung, die jedem Bauherrn geschuldet wird. Tückisch ist daran, dass der Bundesgerichtshof die Ausführung gemäß DIN 4109-5 als Standard ansieht, was erhöhten Schallschutz bedeutet! Normaler bzw. einfacher Schallschutz wird der BGH-Anforderung hingegen nicht gerecht! Da sich Schallschutzmaßnahmen nachträglich – wenn überhaupt - nur unter großem Aufwand realisieren lassen, drohen Bauunternehmen hohe Schadensersatzforderungen, wenn sie nur den einfachen Schallschutz ausführen.“ Vor einer Klage auf Nachbesserung oder Entschädigung, so der Experte weiter, kann das ausführende Hausbauunternehmen eine schriftliche Vereinbarung im Bauvertrag bewahren, die das vom Bauherrn gewünschte Schalldämmmaß explizit regelt.
Achtgeschosser BUGGI 52 beeindruckt
Über die Planung und Realisierung eines Achtgeschossers in Holzbauweise sprachen zum Abschluss der Tagung Architekt Jochen Weissenrieder und Bauleiter Herbert Duttlinger, verantwortlicher Mitarbeiter bei Holzbau Bruno Kaiser. Wie baurechtliche, bauaufsichtliche und baupraktische Hürden zu nehmen sind, wenn mehrgeschossige Wohngebäude, die bis an die Hochhausgrenze ragen, in Holz ausgeführt werden sollen, wurde dabei auf eindrucksvolle Weise deutlich.
Dank an die Organisatoren
Zu guter Letzt: Dass die DHV-Herbstfachtagung mit Mitgliederversammlung am 11. und 12. November als Präsenzveranstaltung stattfinden konnte, ist der umsichtigen Vorbereitung durch das Team der DHV-Geschäftsstelle und dem engagierten Personal des Maritim Kongresshotels in Darmstadt zu verdanken: Die Rahmenbedingungen waren in jeder Hinsicht vorbildlich!
(DHV-Pressestelle/ad)
Leistungsstarke Interessengemeinschaft: DHV, ZMH und 81fünf
Mit zusammen über 300 Mitgliedsbetrieben bilden der Deutsche Holzfertigbau-Verband e.V. (DHV, Ostfildern; www.d-h-v.de), die Vereinigung ZimmerMeisterHaus (ZMH, Schwäbisch Hall; www.zmh.com) und das Unternehmer-Netzwerk 81fünf high-tech & holzbau AG (Lüneburg; www.81fuenf.de) eine leistungsstarke Gemeinschaft, die übereinstimmende Interessen gegenüber Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gebündelt artikuliert. Größte Organisation in diesem Verbund ist der DHV, der als zentrales Sprachrohr fungiert. Zu den Mitgliedsunternehmen der drei holzwirtschaftlichen Verbände, die das Bauen in Deutschland nachhaltig mitgestalten, zählen Holzfertigbaubetriebe, Architektur- und Planungsbüros sowie Zulieferfirmen aller baubeteiligten Gewerke. Darüber hinaus gehören Sägewerke, Baumaschinenhersteller sowie Dienstleister aus bauaffinen Branchen wie zum Beispiel Gebäude-Energieberater, Statiker, Softwareentwickler, Vermessungsingenieure und Medienvertreter dem holzwirtschaftlichen Interessenverbund an. Das gemeinsame Ziel heißt Holzbau komplett: von der Beratung über die Planung und Vorfertigung bis zur bezugsbereiten Ausführung von Wohnhäusern, Büro-, Gewerbe- und Zweckbauten in allen erdenklichen Formen und Größen.
Weitere Informationen: Deutscher Holzfertigbau-Verband e.V. (DHV), Geschäftsstelle: Hellmuth-Hirth-Str. 7, 73760 Ostfildern,
E-Mail: info@d-h-v.de, Web: www.d-h-v.de