"Operativ wie politisch brauchen wir künftig ein strukturiertes, spezialisiertes, vernetztes Krankenhauswesen mit klaren Erfolgskriterien sowie profilierten, aufeinander und miteinander abgestimmten Portfolien von sehr viel weniger Krankenhäusern als heute."
Ein Musterbeispiel für moderne, zukunftsfähige Strukturen bei chronischen Erkrankungen ist das Parkinson-Netzwerk in den Niederlanden. Krankenkassen und Krankenhaus haben sich vertraglich auf Erfolgskriterien verständigt: Erfolgreich behandelte und betreute Parkinsonpatienten verursachen deutlich weniger Folgekosten für Hüftbrüche oder Pflegeheimaufenthalte als konventionell behandelte Patienten.
"Die mittel- und langfristig erfolgreiche Therapie stellt das Parkinson-Netzwerk über diverse zertifizierte Spezialisten sicher, die untereinander Befunde, Informationen, Kenntnisse diskutieren und austauschen. In diesem Netzwerk sollen auf einheitlicher Basis verschiedene Perspektiven eingenommen werden, darf gar nicht jeder Facharzt das Rad neu erfinden", so de Vries. "Ob wohl rund 15 Spezialisten unterschiedlicher Disziplinen Aspekte von Parkinson behandeln spart dies nicht nur Kosten, sondern den Patienten in der Regel auch viel Leid." Dem Netzwerk sind die Patienten selbst angeschlossen, die sich über Online-Plattformen unmittelbar und sehr transparent informieren können.
In Deutschland sind rund 280.000 Menschen an Parkinson erkrankt. Würden - wie in den Niederlanden nachgewiesen - durch Restrukturierungen rund 1.000 Euro pro Jahr pro Parkinsonpatient eingespart, so könnten bereits in diesem Segment bis zu 280 Mio. Euro effizienter investiert werden. Unter anderem im Personal- und Pflegebereich.
"Restrukturierungen im Bereich des Krankenhauswesens müssen Kapitalkosten reduzieren und schaffen somit Spielräume für nachhaltige Qualitätsverbesserungen", ist De Vries überzeugt.
Der Anteil der Kosten des Gesundheitswesens am Bruttoinlandsprodukt Deutschlands ist jenen in den Niederlanden in etwa vergleichbar. Allerdings bieten derzeit in den Niederlanden noch 90 Klinken landesweit ihre Leistungen an. Tendenziell sollen in den kommenden Jahren noch weniger Kliniken, die jeweils über ein profiliertes Portfolio verfügen, noch effektiver und effizienter beraten, betreuen, behandeln. Mehr Ärzte produzieren viel überflüssige Diagnostik und Therapien: Pro Kopf der Bevölkerung bieten den Deutschen bis zu dreimal so viele Fachärzte ihre Leistungen an als in den Niederlanden - und konkurrieren dabei mit rund 2.100 Krankenhäusern mit einem breit gefächerten Angebot verschiedenster Leistungen.
"Viel hilft nicht viel. Das Krankenhauswesen lässt sich im wohl verstandenen Interesse der Patienten politisch wie operativ besser und 'billiger' organisieren und strukturieren", erklärt De Vries. "Möglicherweise muss Deutschland sich sogar von der heutigen Philosophie der flächendeckenden Versorgung von Krankenhäusern verabschieden. Im Bedarfsfall können Hubschraubertransporte zu spezialisierten Kliniken medizinisch wie wirtschaftlich wesentlich sinnvoller sein als das heimatnahe Krankenhaus, in dem alle Schaltjahre auch einmal eine Thorax-Operation durchgeführt wird", ergänzt Rainer Ulrich, geschäftsführender Gesellschafter der SEViX GROUP.
Eine effiziente, erfolgsorientierte Gesundheitswirtschaft ist hinreichend auf das Aktionsfeld der "Multi-Morbidität" vorbereitet, das in der öffentlichen Gesundheitsdebatte Deutschlands derzeit noch keine Rolle spielt: "Die Konsequenzen der alternden Gesellschaft werden wir schlagartig um das Jahr 2020 erfahren", so Ulrich. "Spätestens bis zu diesem Zeitpunkt muss Deutschland strukturell wie wirtschaftlich auf die Her-ausforderung vorbereitet sein, dass bei älteren Menschen mehrere Krankheiten 'gleichzeitig' diagnostiziert werden."
In den Niederlanden sei man sich der Herausforderung, angemessene Kosten und hohe Qualität der Gesundheitswirtschaft auch bei Multi-Morbidität sicher zu stellen, bewusst. Für Schlaganfall-Patienten haben Krankenkassen und Krankenhäuser bereits heute Erfolgskriterien vereinbart. Die Verweildauer des Patien-ten in Kliniken beträgt derzeit durchschnittlich 3,7 Tage, die Versorgung soll weitere Schlaganfälle innerhalb von 12 Monaten so weit wie möglich ausschließen. Dies führt letztendlich dazu, dass eine bessere medizinische Versorgung nachweisbar praktiziert wird und somit mehr Schlaganfall-Patienten weiter zu Hause leben können und nicht in einem Pflegeheim betreut werden müssen. Höhere Qualität bei geringeren Kosten.
"Mit einem ergebnisorientiertem Gesundheits- und Portfoliomanagement kann man die Herausforderungen der Zukunft meistern", ist sich der Experte im Gesundheitswesen, De Vries, sicher.
Die SEViX GROUP geht derzeit davon aus, dass Krankenhäuser kurz- und mittelfristig bei Fusionen und bei der Neuausrichtung des angebotenen Portfolios professionell beraten, betreut und unterstützt werden müssen.
"Am Ende dieses Prozesses profitieren die Patienten von dem Paradox im Gesundheitswesen", so de Vries. "Spezialisierte, vernetzte Profis in einer effizienten, strukturierten Gesundheitswirtschaft schaffen finanzielle Spielräume für eine bessere Betreuung und Behandlung. Die vereinbarten Erfolgskriterien dienen letztendlich den Patienten, die sich heutzutage trotz aufwändigen Gesundheitswesens häufig vernachlässigt fühlen. Das niederländische Modell zeigt, dass mehr Betreuung auch mehr Vorbeugung bedeutet. Dies erwarten die Patienten heute von ihrem Gesundheitssystem".