Grabenlose Technik schützt Weltnaturerbe
Sylt ist die viertgrößte Insel Deutschlands, gelegen vor der Küste Schleswig-Holsteins und Dänemarks und ein beliebtes Reiseziel. Knapp 18.000 Einwohner teilen sich eine Fläche von 99 km2 mit durchschnittlich einer dreiviertel Million Urlaubern pro Jahr. Die Hälfte dieses typisch nordfriesischen Naturraums mit kilometerlangen Sandstränden, hohen Dünen und einer artenreichen Flora und Fauna steht als Teil des Weltnaturerbes Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer unter strengem Schutz. Da lag es nahe, dass die Firma Paasch die grabenlose Bauweise für die Verlegung der Leerrohrtrasse auf der Insel vorschlug, als diese Arbeiten wurden. Die Rohrleitungsbauer aus Bremerförde haben die NODIG-Technik schon mehrmals erfolgreich in den sensiblen Küstenregionen der Nordsee eingesetzt und konnten den Auftraggeber auch diesmal von ihren wirtschaftlichen un d ökologischen Vorteilen überzeugen.
Nachdem alle bau- und naturschutzrechtlichen Genehmigungen erteilt waren, konnten die mit der Verlegung der Leerrohre auf der Insel im Frühsommer 2019 im Ortsteil Keitum begonnen werden. Um sicherzustellen, dass das Weltnaturerbe Wattenmeer und die brütenden Zugvögel nicht gestört werden, wurden alle Arbeiten von einer Naturschutzgesellschaft begleitet und überwacht.
Anspruchsvolle Trassenführung
Die Trasse das sensible Ökosystem für insgesamt 2.100 Meter Starkstromkabel war in mehrere Abschnitte unterteilt und hatte es in sich. Auf ihrem unterirdischen Weg von der Übergabestelle des Seekabels im Watt bis zum Umspannwerk Keitum kreuzte sie Wälder, Feuchtbiotope, Salzwiesen und den Hindenburgdamm, der Sylt mit dem Festland verbindet. Bis auf die Unterquerung des Bahndamms wurde alle Bohrungen im HDD-Verfahren mit einem GRUNDODRILL 18ACS durchgeführt. Für die Aufnahme des Seekabels war eine 150 m lange PE-Rohrleitung DA 355 mm vom Watt aus zu verlegen. An Land wurde das Starkstromkabel in drei Leitungen aufgeteilt werden, so dass ab diesem Punkt drei Leerrohre DA 160 mm von einem sogenannten Muffenschacht auseinzuziehen waren. In diesem Verbund wurden drei weitere Leerrohre DA 50 mm für die zukünftige Aufnahme von Glasfaser- und Fernmeldekabeln über 250 m Länge bis zum Bahndamm verlegt. Hinter dem Bahndamm war das 6er-Rohrbündel entlang bis zum Umspannwerk weiterzuführen.
HDD-Profis meistern alle Herausforderungen
Die Paasch-Bohrcrew arbeitet sich umgekehrter Richtung vom Umspannwerk bis ins Watt vor. Als erstes wurde im Mai 2019 das Rohrbündel 3 x Da160 SDR 11 + 3 x Da 50 über eine Gesamtstrecke von 975 Metern in acht Abschnitten vom Umspannwerk parallel zu den Bahngleisen bis zum Bahndamm verlegt. Dann folgte die 450 m lange Strecke vom Bahndamm bis zum Muffenschacht in drei Einzelbohrungen. Der flexible Grundodrill 18CAS und die Bohrprofis meisterten diese Aufgaben durchweg ohne Probleme. Schwierig sollte es erst zum Schluss werden.
Die heikelste der HDD-Bohrungen nahm das achtköpfige Team in den ersten Junitagen als letztes in Angriff: die Anlandungsbohrung d.h. die Verlegung des Leerohres DA 355 mm zur Aufnahme des Seekabels im Watt bis zum Muffenschacht. Hier war besondere Umsicht und präzises Timing geboten. Die Gezeiten ließen das Arbeiten nur innerhalb bestimmter Zeitfenster zu und das Watt durfte in Teilen garnicht betreten oder durch Fahrzeuge belastet werden. Die 150 m lange Pilotbohrung klappte reibungslos, doch beim Rohreinzug versank der Wattbagger, der das schwere PE-Rohr halten sollte, in dem weichen Untergrund und die Arbeiten mussten einige Zeit pausieren werden. Die Aufgabe des Wattbaggers übernahm später ein Tauchschiff, mit dessen Hilfe das 355mm-Rohr schließlich eingezogen wurde.
Anbindung des Seekabels und Rückbau der Freilitungen
Als dann einige Zeit später das Rohrbündel in nur einer Nacht unter dem Bahndamm durchgepresst wurde, war die neue Stromtrasse auf der Insel komplett. Im Oktober wurde dann das Seekabel mit einem riesigen Kabelflug vom Festland bis zur Inselküste im Meeresgrund verlegt. So wurde die Stromversorgung der Insel langfristig gesichert und die mehr als 60 Jahre alten Freileitungen konnten zurückgebaut werden.