Der Gewinn beinhaltete die grabenlose Erneuerung einer Abwasserhaltung im TIP Verfahren mit Burstform. Damit werden zum Rohrstrang verschweißte PE Rohre über einen Revisionsschacht von einem Meter Durchmesser in die Altleitung eingezogen. Um dies zu ermöglichen, muss das Rohr oval verformt werden. Unmittelbar vor dem Eintritt in das Altrohr wird es wieder in die ursprüngliche, kreisrunde Form gebracht und kontinuierlich eingezogen. Die Führungshülse, dem Neurohr vorauslaufend und durch Führungsrollen zentriert, gleicht Unebenheiten (Deformationen, Versätze etc.) aus. Das Rohr liegt dann sehr eng an der Altrohrwandung an und die Querschnittsreduzierung wird so gering wie möglich gehalten. Die Bezeichnung TIP kommt von Tight in Pipe = eng am Altrohr.
Ende April 2011 wurde dann der Gewinn in eine Baumaßnahme umgesetzt. Die Durchführung oblag der Firma Rettberg GmbH und Co. KG aus Göttingen, neben der TRACTO-TECHNIK, Lennestadt, Sponsor des Preises und Förderer des
SgL-Symposiums in Siegen. In der Hülsdorfer Straße in Hagen waren 2 Haltungen von 52 m und 57 m Länge zu erneuern. Von den 9 Hausanschlüssen wurden 4 Anschlüsse zentral in der Maschinenbaugrube in offener Bauweise und 5 Anschlüsse in geschlossener Bauweise mit einem Sanierungsroboter von Hächler angebunden.
Das in einer Tiefe von 2,10 m liegende Altrohr aus Beton DN 300 hatte auf der gesamten Länge mehrere Versätze und Deformationen. Die Einzelrohre, Schöngen PE 100 RC 292 x 13 mm von je 6 m Länge waren im Vorfeld zu einem 52 m langen Rohrstrang verschweißt worden.
Zunächst standen die Einrichtung einer Notentsorgung und die Reinigung des Altrohres an. In der Mitte der gesamten Haltungslänge wurde eine Grube angelegt und die Zuglafette GRUNDOBURST, Typ 400 S, installiert. Mit der hydraulisch betriebenen Zuglafette kann das QuickLock-Gestänge für den Einzug des Neurohres in beide Richtungen eingeschoben werden.
Danach folgte die Installation des Burstform und des Rollenführungssystems im Schacht. Der an dem QuickLock Gestänge angekoppelte Rohrstrang wurde nun durch das Rollenführungssystem gezogen und dabei ovalisiert. Im Schacht - in Höhe des Altrohres - führt das PE-Rohr auf engstem Raum einen 90°-Bogen aus. Anschließend wurde durch eine Rückverformungsvorrichtung das Rohr wieder in seinen kreisrunden Zustand gebracht und mit der Führungshülse eingezogen.
Der Verformungsprozess des Rohres ermöglicht eine höhere Kurvengängigkeit und eine leichtere Handhabung. Durch den speziellen PE 100 RC Rohrwerkstoff nach PAS 1075 bleiben die Materialstrukturen erhalten.
Die muffenlosen Rohrstränge aus PE-Kunststoff haben deutlich geringere hydraulische Rauhigkeitsbeiwerte als Betonrohre des gleichen Durchmessers. „Die notwendige Durchflusskapazität wird daher auch bei leicht reduziertem Rohrquerschnitt aufrechterhalten“, so Dipl.-Ing. Karsten Rettberg, Geschäftsführer des gleichnamigen Unternehmens.
Das Interesse der zahlreich vertretenden Abwasserexperten aus den Nachbarstädten, die Frau Linke eingeladen hatte, war groß. Bevor Dipl.-Ing. Karsten Rettberg den Start für den Rohreinzug freigab, erklärte er den Anwesenden die Baumaßnahme. Der Rohreinzug selbst war nach 1 Stunde abgewickelt. Die Rüstzeiten dagegen waren mit ca. 1,5 Arbeitstagen zeitaufwendiger. Die Teilnehmer zeigten sich rundum zufrieden, weil mit diesem Verfahren relativ schnell und kostengünstig das zu erneuernde Altrohr durch ein vollwertiges Neurohr mit weitgehend gleichbleibender hydraulischer Leistung grabenlos erneuert werden konnte.
Verfahrens-Vorteile
• Verlegung von Abwasser-Neurohren als Langrohr, Länge bis zu 100 Meter: grabenlos – muffenlos
• Rohreinzug i.d.R. vom Startschacht Ø 1 m zur Maschinengrube
• Rohrwerkstoff PE 100 RC und Rohrdurchmesser von DA 192, 242 und DA 292,
• Die Rohre werden mechanisch verformt und senkrecht über den Schacht in das Altrohr eingeführt
• Vor dem Einzug in das Altrohr wird das Kunststoffrohr wieder in seine kreisrunde Form gebracht und Tight in pipe
(eng im Altrohr) eingezogen
• Tight in pipe bedeutet nur ein geringer Querschnittsverlust. Die hydraulische Leistung bleibt weitgehend erhalten bzw.
durch die geringere hydraulische Rauhigkeit kompensiert.
• Die Materialeigenschaften des Kunststoffrohres werden durch den Verformungsprozess nicht beeinträchtigt
• Der Rohreinzug ist auch mit Berstlining möglich, d. h. das Neurohr kann auch größer als das Altrohr sein –
auch hier Wegfall großer Einziehgruben
• Beim Rohreinzug befindet sich kein Personal im Revisionsschacht
• Die Hausanschlüsse sind unterirdisch anschließbar
• Kurze Bauzeiten
Bautechnische Vorteile
• Einsatz im Leitungsbestand, deshalb besonders innerstädtisch vorteilhaft
• Punktuelle Baustelle durch kleine Zielgrube: Rohrsohle + Arbeitsraum
• Eine Zielgrube für zwei Haltungen in gegensätzliche Richtungen von je 100 m Länge
• keine Sperrungen, Umleitungen, Fahrbahnverengungen
• kein Ärger mit Wohn- und Geschäftsanliegern
• kaum Erdaushub, kein Straßenaufbruch und keine Straßenwiederherstellung
• kostengünstig durch Verkürzung der Bauzeiten und Reduzierung der Tiefbauarbeiten
Hinweis:
Das SgL- Symposium findet am 6.10.2011 in der Universität Siegen zum 6. Mal statt. Programm und Informationen erhalten Sie unter E-mail: sgl@uni-siegen.de