Zunächst drehte sich in den Vorlesungsblöcken aber alles um die Grundlagen und Verfahren zum Rohr- und Profilbiegen. Hier lernten die Studierenden u.a., wozu eine Rohrisometrie dient, welche Spannungen und Dehnungen beim Rohrbiegen auftreten oder warum das Rohr nach dem Biegen immer um ein paar Grad zurückfedert. Darüber hinaus wurden die ver-schiedenen Biegeverfahren, wie Rotationszugbiegen, Freiformbiegen und Walzprofilieren erläutert und schließlich auch ein Überblick über die zum Rohrbiegen erforderliche Maschi-nen- und Werkzeugtechnik gegeben.
Wie und mit welchen Hilfsmitteln auf Basis der Handskizze eines Rohrverlaufs in wenigen Minuten eine fertig gebogene Rohrfigur entsteht, das bekamen die Studierenden dann in der Mittagspause vor Augen geführt. „Vernetzte Fertigung“ war das Stichwort. Dr.-Ing. Christian Gerlach, Geschäftsbereichsleiter bei TT in Oedingen, erläuterte dazu das Zusammenspiel des Systems „Software - Biegemaschine - Messtechnik“. In einem ersten Schritt wurden mit Hilfe der PIPEFAB Rohrbiegesoftware die Rohrisometrie gezeichnet und bemaßt, die Biegedaten berechnet, eine Biegesimulation mit Kollisionskontrolle durchgeführt und die Biegedaten über das Firmennetzwerk direkt zur CNC Rohrbiegemaschine übertragen.
Das passend abgesägte Rohr (auch die genaue Sägelänge wird von der Rohrbiegesoftware berechnet) musste dann nur noch in die TUBOTRON Rohrbiegemaschine eingelegt und der Start-Knopf betätigt werden. Einige Sekunden später war die Rohrfigur fertig gebogen. Um das Biegeergebnis zu überprüfen, wurde das Bauteil schließlich mit Hilfe eines optischen Rohrmesssystems vom Typ TUBOSCAN vermessen und die erhaltenen Messdaten mit den Daten des Masterrohres verglichen. Auch die Masterdaten waren zuvor aus der Rohrbiege-software generiert und via Netzwerk vom Software-Arbeitsplatz zum Messsystem geschickt worden.
In dieser kurzen, aber eindrucksvollen Vorführung erlebten die Studierenden die optimale Systemintegration von Software, Biegetechnik und Messtechnik im Sinne der vernetzten Fer-tigung, wie sie von zahlreichen Kunden der TRACTO-TECHNIK eingesetzt wird. Diese wird aufgrund des zunehmenden Wettbewerbsdrucks und notwendiger Effizienzsteigerungen in Zukunft noch stark an Bedeutung gewinnen.
Bereits zum 7. Mal seit 2008 fand der Vorlesungstag nun bei TT in Oedingen statt. Und das Konzept der Kombination aus der Vermittlung theoretischer Lehrinhalte und praktischen Ein-blicken in die Fertigungsverfahren bei einem Unternehmen der Branche scheint aufzugehen. Die Ingenieure von morgen nehmen eine Menge an Eindrücken mit nach Hause und können darüber hinaus erste Kontakte zum Unternehmen knüpfen.