Wo sind die Frachtführer?
Zu sagen, dass der Straßenverkehr in Europa im Chaos versinkt, ist nichtssagend. Der Mangel an Transportunternehmen lässt sich am besten an den explodierenden Frachtraten ablesen. Wie die Analysten von Transport Intelligence kürzlich berechnet haben, ist der durchschnittliche Tarifindex im europäischen Straßenverkehr, innerhalb von einem Jahr, um 7 Prozent gestiegen. Dabei handelt es sich natürlich um einen statistischen Durchschnittswert, denn die Hersteller und Handelsunternehmen musstenoft sogar 20-30 % mehr bezahlen. Der Mangel an Frachtführern führt zu weiteren Preiserhöhungen. Gibt es Anzeichen für eine Stabilisierung?
Es sieht so aus, als würde das Defizit auf dem Transportmarkt zumindest bis Ende des Jahres weiterhin bestehen. Die Pandemie, steigende Kraftstoffpreise, das Mobilitätspaket, der Fahrermangel und schließlich der Krieg in der Ukraine haben den Transportmarkt auf den Kopf gestellt und die Lieferketten erschüttert. Aus dem bereits erwähnten TI-Bericht geht hervor, dass die Frachtraten polnischer Frachtführer in Europa am stärksten gestiegen sind (die Preise stiegen insbesondere nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine). So muss man für eine volle Lkw-Ladung aus Polen in die EU derzeit rund 1.400 Euro bezahlen und auf der wichtigen europäischen Transportroute, Warschau-Duisburg, nicht viel weniger.
Frachtverträge – eine aussterbende Dienstleistung?
Nach Ansicht von Michael Pakulniewicz, einem Transportmarktanalysten bei Trans.eu Global, wird das Preischaos auf dem Markt mindestens bis zum Ende dieses Jahres anhalten. – Erst dann wird sich die hohe Inflation auf den Konsum auswirken, was zu einer deutlichen Absinkung der Nachfrage nach Transportdienstleistungen führen wird. Außerdem wird der europäische Markt die Auswirkungen der Konjunkturabschwächung in Deutschland, dem Motor der kontinentalen Wirtschaft, zu spüren bekommen”, kommentiert er. Rafael Jablonski, CEO von System Transport, stimmt dieser Aussage zu. -Die Normalität wird in Kürze zurückkehren, aber auf einem anderen, höheren Preisniveau. Die Frachtverträge sind nach heutigem Verständnis eine aussterbende Dienstleistung – vermutet Jablonski. Verlader und Logistiker müssen bei Frachtverträgen mit einer hohen Ablehnungsquote rechnen: Wenn es “nur” 10-15 Prozent sind, kann man von Glück reden.
– Ich habe vor kurzem einen guten Witz gehört, den sich Spediteure gegenseitig erzählen. Was ist besser: ein Frachtvertrag oder Weihnachten?
Natürlich sind es Frachtverträge aber Weihnachten kommt öfter – lacht Rafael Jablonski. Der Geschäftsführer von System Transport beschäftigt sich seit 25 Jahren mit Lieferketten, seine Flotte bedient alle möglichen Richtungen, aber einen solchen Nachfrageüberschuss hat er noch nie erlebt.
Rettung in der Optimierung
Die Vertreter der Transport-und Logistikbranche sind sich einig, dass es keine Rückkehr zum Ausgangspunkt vor der Pandemie geben wird. Und es geht nicht nur um die Tarife, denn auch das Verhältnis zwischen Verladern und Frachtführern hat sich verändert. Längere Verträge, die für mindestens ein Jahr abgeschlossen werden, werden langsam überflüssig. Flexibilität ist heute das A und O auf dem Markt. – Die einzige Möglichkeit, die Frachtkosten zu senken, besteht in der Optimierung von Lösungen, z. B. durch eine bessere Ausschöpfung des Laderaums und die Verlängerung des Lieferzyklus. Nicht jede Ware muss sofort nach der Bestellung beim Lieferanten sein – kommentiert Rafael Jablonski. Sowohl Produzenten als auch Frachtführer suchen nach verschiedenen Lösungen, um die Flexibilität zu erhöhen. Handelsunternehmen, um keine Umsatzmargen durch hohe Transportkosten zu verlieren, Frachtführer hingegen, um den Fuhrpark besser auszulasten, steigende Kosten zu kompensieren und mehr zu verdienen.
Der beste Gradmesser für die Beziehung zwischen den beiden Gruppen ist die bereits erwähnte Ablehnungsquote. Aus Angst, ihr gutes Image verlieren zu können, geben Verlader nicht immer detaillierte Informationen über sie weiter. Das vollständigste Bild darüber besitzen jedoch die Spediteure. – Längere Verträge schließen wir vor allem bei Verbindungen zwischen unseren Niederlassungen ab.
Wir setzen zu fast 90 Prozent auf “telefonische Verträge”, also kurzfristige Ad-hoc-Verträge mit bewährten Frachtführern. Außerdem nutzen wir eine Transportbörse, um die Lücken zu füllen, die durch fehlende Fahrer entstehen”, erklärt ein anonymer Spediteur eines großen Produktionsunternehmens.
Durchdringung der Märkte
Die zunehmende Flexibilisierung der Herangehensweise an Transportaufträge bedeutet unter anderem einen verstärkten Einsatz von technologischen Hilfsmitteln. Der Trend zur Digitalisierung in der Transport und Logistikbranche wird durch aktuelle Marktforschungen bestätigt. Lautdem jüngsten Bericht des Analysezentrums SpotData planen beispielsweise 42 % der Frachtführer in die Digitalisierung ihrer Prozesse zu investieren. Bei den Verladern ist dieser Prozess bereits weit fortgeschritten.
– Der Vertragsmarkt und der Spotmarkt sind dazu gezwungen, zusammenzuarbeiten und sich gegenseitig zu ergänzen. Frachtführer sind gezwungen, die Frachtraten zu erhöhen, weil nicht nur die Kraftstoffpreise steigen, sondern auch die Kosten für Fahrer und die Finanzierung des Fuhrparks.
Ob gewollt oder nicht, der Markt zwingt den Verlader, seine Arbeitsweise zu ändern, da er – und nicht der Frachtführer – unter dem Druck steht, die Kontinuität der Lieferungen sicherzustellen. Hersteller oder Handelsunternehmen können es sich jedoch nicht leisten, von kontraktbasierten Aufträgen drastisch abzuweichen, und suchen daher nach einem Gleichgewicht zwischen den beiden Märkten. Piotr Roczniak nennt dies anschaulich “die verschiedenen Schattierungen eines Regenbogens”, d. h. die Suche nach situationsgerechten Lösungen. – Die Zeiten, in denen Verlader einen langfristigen Vertrag aushandeln konnten, sind bereits vorbei. Heute müssen sie nach der besten Lösung in einem bestimmten Moment suchen.
Sie sollten die Preise auf dem Spotmarkt beobachten um die Vertragspreise anzupassen und eine niedrige Ablehnungsquote zu gewährleisten. Mit den entsprechenden technologischen Instrumenten können sie sowohl auf Vertragspartner, eine Gruppe von Subunternehmern, als auch auf den öffentlichen Markt zugreifen.- fügt Piotr Roczniak hinzu.
Die Zeiten der schwarzen Schwäne
Instabile Frachtpreise, wöchentliche vertragliche Kraftstoffanpassungen, höhere Löhne für Fahrer – das sind die Herausforderungen, denen sich die Marktteilnehmer in der Transport-und Logistikbranche stellen müssen. Die Fähigkeit, flexibel auf die Marktsituation zu reagieren und Kapazitäten aus verschiedenen Quellen zu gewinnen- so schnell wie möglich und ohne zu viel zu bezahlen – ist die einzige Lösung, nicht nur für die kommenden Monate. Das Chaos wird immer größer – meint Michel Pakulniewicz. Piotr Roczniak verwendet die Metapher des Schwarzen Schwans, um die aktuelle Situation zu beschreiben – und um die These seines Vorgängers zu bestätigen. Dieses Konzept wurde vor einigen Jahren von dem bedeutenden Statistiker und Wirtschaftswissenschaftler Nassim Nicholas Taleb eingeführt. – Der Punkt ist, dass Vorhersagen oft fehlschlagen, weil einige unvorhersehbare Phänomene auftreten. Der Transportmarkt und die Wirtschaft insgesamt werden ständig von solchen Schwarzen Schwänen heimgesucht – fügt er hinzu.
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