Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen und Perspektiven des Quantencomputings standen dabei für Prof. Just insbesondere die Fragen „Warum ist Quantencomputing so schnell?“ und „Was bedeutet Quantencomputing für den Mittelstand?“ im Fokus. So erläuterte Prof. Just, an anschaulichen Beispielen, warum Quantencomputer in der Lage sind, Berechnungen durchzuführen, die klassische Computer überfordern würden. Darüber hinaus wurden bekannte Quantenalgorithmen und deren zukünftige Anwendungen diskutiert, die zeigen, wie diese Technologie enorme Rechenvorteile bei komplexen Problemen, wie z. B. in der Materialforschung oder Optimierung, erzielen kann.
Im wirtschaftlichen Teil der Diskussion wurde die Frage behandelt, wann erste reale Anwendungen von Quantencomputing zu erwarten seien. Hier wurde deutlich, dass derzeit vor allem „Toy Problems“ gelöst werden können, und der breite industrielle Einsatz noch Jahre entfernt ist – realistische Zeiträume reichen bis 2030 oder sogar 2040. Allerdings gibt es bereits konkrete Anwendungsfelder in der Forschung und Entwicklung, die erste Erfolge versprechen.
Für den Mittelstand, so stellte auch Prof. Just heraus, sind die direkten Auswirkungen des Quantencomputings derzeit also noch begrenzt. Dennoch riet sie den Unternehmen, sich auf die zukünftigen Möglichkeiten vorzubereiten, um den Einstieg in diese Technologie nicht zu verpassen. „Quantencomputing wird in den kommenden Jahrzehnten eine entscheidende Rolle spielen. Unternehmen, die bereits heute die Potenziale erkennen, sichern sich einen wichtigen Vorsprung in der digitalen Transformation,“ betonte Prof. Just. Mittelständische Unternehmen könnten insbesondere in Bereichen wie Steuerungstechnik und Elektronik ihre Innovationsstärken einbringen. Prof. Dr. Jan Timper vom Forschungszentrum Jülich hob ebenfalls hervor, wie wichtig es sei, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) „quantum-ready“ zu machen.
Ein weiteres zentrales Thema der Diskussion war der Übergang von der Forschung in die Praxis. Hier wurde von allen Teilnehmern des „Stationengesprächs“ die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft herausgestellt, um den Transfer von Quantencomputing-Anwendungen in den Markt erfolgreich zu gestalten. Besonders für europäische Unternehmen sei es entscheidend, frühzeitig in gut koordinierte Großprojekte zu investieren, die es ermöglichen, diese hochkomplexe Technologie auf wirtschaftlicher Ebene nutzbar zu machen.
Für den produktiven Einsatz von Quantencomputern in Unternehmen braucht es nach übereinstimmender Einschätzung der Teilnehmer auch noch benutzerfreundliche Softwarelösungen und eine niederschwellige Bedienbarkeit. Dabei wurde insbesondere das BMWK-Projekt EniQma unter der Leitung von Prof. Dr. Nikolay Tcholtchev hervorgehoben, das einen Rahmen geschaffen hat, um Unternehmen den Zugang zu Quantencomputern zu erleichtern.
Darüber hinaus wurde die Bedeutung der deutschen Spitzenposition im Quantencomputing erörtert. Es sei essenziell, dass Deutschland seine technologische Souveränität in diesem Zukunftsbereich bewahrt. Hierzu betonten die Experten die Rolle von Förderprogrammen wie dem Handlungskonzept Quantentechnologien der Bundesregierung und die Unterstützung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) zur Entwicklung wirtschaftlicher Anwendungen.
Zu den Teilnehmern des Stationengesprächs „Quantencomputing – Anwendungsgebiete und politische Steuerung einer Zukunftstechnologie von morgen“ gehörten:
Engelbert Beyer, Unterabteilungsleiter Technologieorientierte Forschung für Innovationen, Bundesministerium für Bildung und Forschung
Dr. Walter Fischedick, Abteilungsleiter Digitalwirtschaft, Start-ups, Innovation, Technologieförderung und -transfer, Digitale Infrastruktur, Hessisches Ministerium für Digitalisierung und Innovation
Prof. Dr. Bettina Just, Professorin für Mathematik und Informatik, Technische Hochschule Mittelhessen und TransMIT-Zentrum für Quantencomputing
Dr. Johann Schmidt, wiss. Referent, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V.
Prof. Dr. Nikolay Tcholtchev, Professor für Informatik, Hochschule RheinMain, und Head of Quality Engineering for Urban ICT and Quantum Computing Lead at System Quality Center CC, Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme
Dr. Jan Timper, Leiter des Science Office des Peter Grünberg Instituts, Forschungszentrum Jülich
Moderation: Dr. Johannes Sebastian Müller-Römer, Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung
Über den Digital-Gipfel 2024
Der Digital-Gipfel der Bundesregierung fand am 21. und 22. Oktober in Frankfurt am Main unter dem Motto „Deutschland Digital – Innovativ. Souverän. International“ statt. Über 1.500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Politik diskutierten über digitale Innovationen und die Zukunft Deutschlands im internationalen Wettbewerb.
Mehr Informationen unter:
https://www.de.digital/DIGITAL/Navigation/DE/Digital-Gipfel/digital-gipfel.html
https://www.digitalgipfel-hessen.de/
Über das TransMIT-Zentrum für Quantencomputing:
Das TransMIT-Zentrum für Quantencomputing unter der Leitung von Prof. Dr. Bettina Just bietet Vorträge, Schulungen, Workshops und Beratungsleistungen im Bereich des Quantencomputing an. Dies umfasst einen sehr niedrigschwelligen, schnellen Einstieg ins Thema und maßgeschneiderte Workshops für Unternehmen und Institutionen. Hier wird deren konkreter Handlungsbedarf in der Quanteninformatik erarbeitet. Wenn gewünscht, bietet das Zentrum Unterstützung bei der Umsetzung identifizierter Maßnahmen an. Zur Zielgruppe des TransMIT-Zentrums für Quantencomputing gehören sowohl Unternehmen als auch Institutionen aus verschiedenen Branchen und Bereichen.
Weitere Informationen und Kontaktdaten unter: https://www.transmit.de/geschaeftsbereiche/zentren/details/?z_id=257