Die Bewertung der ERP-Lösungen zeigt im Vergleich zu 2020 eine stabil gebliebene Anwenderzufriedenheit. Im Hinblick auf die Gesamtbeurteilung der Dienstleistungen des Software-Partners sowohl während des laufenden Betriebs als auch während der Implementierung hat die Zufriedenheit allerdings deutlich nachgelassen. So gibt es Software-Anbieter, bei denen die Spanne der Bewertung für Lösung und Dienstleistung bis zu zwei Schulnoten beträgt.
ERP als People Business
Dieses Ergebnis zeigt, wie stark das ERP-Geschäft auf die Kompetenz und das Engagement einzelner Mitarbeiter im Consulting und Support der ERP-Anbieter baut: Die Vielzahl von Ver- bzw. Aufkäufen von ERP-Anbietern hat in den letzten Jahren erhebliche Umstrukturierungen auf der Anbieterseite nach sich gezogen. Durch Personalwechsel und veränderte Zuständigkeiten sind vielfach über Jahre gewachsene Beziehungen zwischen den ERP-Anwenderunternehmen und „ihrem“ Berater oft in erheblichem Maße beeinträchtigt worden. Die Tatsache, dass derartige Veränderungen so starke Auswirkungen auf die Anwenderzufriedenheit haben, legt Mängel im Hinblick auf die Professionalität des Services der ERP-Anbieter nahe. Zumindest dann, wenn man darunter eine stabile, von den Fähigkeiten Einzelner weitgehend unabhängige Service-Qualität versteht. Offenbar mangelt es in vielen Fällen noch immer an leistungsfähigen Strukturen, Standards und Methoden für Implementierungsprojekte bzw. bei Release-Wechseln, Fehler-Behebung und Support im Tagesgeschäft sowie bei der Beratung zur Einsatzoptimierung.
Gewinner und Verlierer bei der ERP-Zufriedenheit
Die diesjährige Studie bestätigt die mittlerweile etablierte Erkenntnis, dass „schlanke“ ERP-Lösungen, ausgesprochene Branchenlösungen und/oder Lösungen kleinerer Anbieter mit verhältnismäßig kleinem Kundenstamm in Sachen Anwenderzufriedenheit insgesamt am besten abschneiden. Die an der Spitze des Portfolios rangierenden Lösungen work4all, syslog.ERP und ISSOS PRO erfüllen alle mindestens eine dieser „Bedingungen“.
Die besten Lösungen unter den größeren Installationen finden sich dagegen erst im Mittelfeld. Ein Grund hierfür ist das hohe Anforderungsniveau in Verbindung mit spürbar größerem Aufwand bei Einführung, Wartung und (End-) Anwenderbetreuung. Hier schneidet Infor mit seiner CloudSuite, dem Nachfolger von Infor LN, in diesem Jahr am besten ab. Dabei macht die Infor CloudSuite (Infor CS) im Hinblick auf die Zufriedenheit mit dem Wartungspartner nicht nur Boden gut, der vor zwei Jahren verloren wurde, sondern übertrifft auch die erheblich besseren Zufriedenheitsresultate aus 2018.
In der Kritik: Mobilität und Performance
Trotz des insgesamt hohen Zufriedenheitsniveaus zeigt die Studie auch Schwächen bei Details, die den Alltag von ERP-Anwendern und Administratoren durchaus belasten: Trotz einer leichten Verbesserung gegenüber den Vorjahren schneidet die „Mobile Einsetzbarkeit der ERP-Software“ mit einer Durchschnittsnote von 2,76 weiterhin am schlechtesten unter allen betrachteten Zufriedenheitsaspekten ab. Offenbar wirken die seitens der Software-Anbieter ergriffenen Maßnahmen (z. B. vermehrte Umstellung auf Web-Technologien mit Responsive Design) noch nicht. Zum einen gibt es große Unterschiede zwischen den einzelnen ERP-Produkten. Zum anderen scheint die Erwartungshaltung im Hinblick auf den mobilen Zugriff fast so schnell zu steigen, wie die Leistungsfähigkeit der ERP-Software in Sachen „Mobilität“. Auffällig verschlechtert hat sich im Vergleich zu 2020 das Anwenderurteil zur „Performance“ und zur „Stabilität“ der ERP-Software. Dabei spielt zum einen sicherlich eine Rolle, dass die grafischen Oberflächen der Lösungen mehr Rechenleistung erfordern. Wichtiger für beide Aspekte ist aber möglicherweise der Umstand, dass in den vergangenen Jahren viele Anwender aus dem Homeoffice über das Internet auf die ERP-Software zugreifen. Begrenzte Bandbreiten und instabile Internet-Anbindungen fallen dabei auch auf die ERP-Software zurück.
Neues Trendthema: Nachhaltigkeit
In die Liste der Themen und Trends hat sich unter die „üblichen Verdächtigen“, wie die Daten- und Informationssicherheit oder die Usability/Ergonomie ein neues Thema gemischt: die Nachhaltigkeit. Immerhin ca. 36 % der Teilnehmer billigen dem Thema „Nachhaltigkeit“ mit Fragestellungen rund um die Energie-Effizienz oder auch die CO2- bzw. Ökobilanzierung eine äußerst oder sehr hohe Relevanz zu: Durch zahlreiche politische und gesetzgeberische Initiativen (u. a. EU-CSR-Richtlinie, Agenda 2030, Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz), zuletzt aber vermehrt auch durch den zunehmenden Druck von Kundenseite, streben immer mehr Unternehmen danach, z. B. in Sachen Klimaneutralität Fortschritte zu erzielen und auch nachweisen zu können.
Das Management Summary mit den wichtigsten Ergebnissen steht ab sofort auf der Studienseite zum kostenlosen Download zur Verfügung: www.trovarit.com/erp-praxis/.
Über die Studie: Mit bisher insgesamt mehr als 20.000 Teilnehmern ist die Studie „ERP in der Praxis - Anwenderzufriedenheit, Nutzen & Perspektiven“ (www.trovarit.com/erp-praxis) der größte anbieterunabhängige Erfahrungsaustausch unter ERP-Anwendern. Die Studie wurde seit 2004 im Zweijahres-Rhythmus in Deutschland, Österreich und der Schweiz durchgeführt. Das Trovarit Research-Team wird dabei von einer internationalen Expertengruppe unterstützt. In dieser sind u. a. das Forschungsinstitut für Rationalisierung (FIR) an der RWTH Aachen, das Center Integrated Business Applications (CIBA), die 2BCS AG (Schweiz) und Der ERP-Tuner (Österreich) vertreten.
Die Studie wurde in diesem Jahr durch folgende Medienpartner unterstützt: Produktion, Logistik Heute, COMPUTERWELT, isReport, IT & Production, Report und Line-of.biz.