Die fraglichen Abmahnungen waren alle innerhalb weniger Tage im März ergangen. Absender war die Berliner Rechtsanwaltskanzlei Rubinstein Jäger. Anlass waren angeblich nicht rechtskonforme Details bei den Preisauszeichnungen der Onlineshops. Statt allerdings die geforderte Unterlassungserklärung zu unterzeichnen und 760 Euro zu bezahlen, gingen einige Onlineshops in die Gegenoffensive und klagten ihrerseits.
„Gravierende Umstände für einen Rechtsmissbrauch“
Trusted Shops hatte eine Liste mit knapp 100 betroffenen Onlinehändlern zusammengestellt und so zu dem Erfolg beigetragen. Denn in der belegten massenhaften Abmahnung sieht das Landgericht Bielefeld – so die Urteilsbegründung – „gravierende Umstände für einen Rechtsmissbrauch“. Außerdem hegt das Gericht den Verdacht auf „sachfremde Motive“ von Digital WorldNet, da „sehr fraglich“ sei, ob die „geltend gemachten Unterlassungsansprüche bestehen“. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig (Az: 15 O 53/06).
Seit Jahren suchen findige Rechtsanwälte im Auftrag ihrer Mandanten nach Schwachstellen bei Mitbewerbern und kassieren mit wenig Aufwand große Summen. Dabei geht es oft um Details, wie im Beispiel der jetzt gestoppten Abmahnwelle: Die beanstandeten Onlineshops hatten bei den Einzelpreisen nicht in unmittelbarer Nähe auf die enthaltene Umsatzsteuer und zusätzliche Versandkosten hingewiesen. Das Landgericht Bielefeld äußerte nun ernsthafte Zweifel, ob dies ein ausreichender Abmahngrund sei. Hinsichtlich der strittigen Rechtsfrage wird laut Trusted Shops beim BGH ein Revisionsverfahren geführt (Az: I ZR 143/04).
Das ergangene Urteil kann allen Onlineshops Mut machen, sich auch künftig gegen Serienabmahnungen aktiv zur Wehr zu setzen. „Jetzt können vielleicht sogar diejenigen Shops, die voreilig die Unterlassungserklärung unterzeichnet haben, ihr Geld zurückbekommen“, sagt Carsten Föhlisch, Justiziar bei Trusted Shops.
Gleichwohl sind weitere Abmahnwellen denkbar. Justiziar Föhlisch: „In Deutschland ist es - von Ausnahmefällen abgesehen - immer noch völlig legal, dass Anwälte bei Abmahnungen einfacher Rechtsverstöße vierstellige Honorarrechnungen stellen und allein auf diese Weise ihren Lebensunterhalt bestreiten. Der Vorschlag von Bundesjustizministerin Zypries, das Anwaltshonorar in bestimmten Fällen auf 50 bis 100 Euro zu begrenzen, geht noch nicht weit genug.“ Zypries hatte auf dem 57. Deutschen Anwaltstag in Köln scharfe Kritik an der Abmahnpraxis einiger Anwälte geübt und angekündigt, die Abmahnkosten zum Schutz von Privatleuten bei einfachen Urheberrechtsverstößen zu deckeln. Von dieser Regelung würden gewerbliche Händler jedoch nicht profitieren.
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