Ziel der Arbeitszeiterfassung ist in erster Linie der Gesundheitsschutz der Mitarbeiter. Überstunden beispielsweise können auf diesem Wege zuverlässig erfasst und abgegolten werden. Auf der anderen Seite wollen viele Arbeitnehmer flexibel arbeiten, um Arbeit und Privatleben unter einen Hut zu bekommen. Das ist mit den neuen Vorgaben des Urteils und einer daraus folgenden nationalen Gesetzgebung auch möglich, meinen viele Experten. „Das Gericht fordert zwar eine allgemeine Zeiterfassung, die genauen Rahmenbedingungen und Auswirkungen, beispielsweise auf Vertrauensarbeitszeitmodelle bleiben aber unklar und es steht nicht zu erwarten, dass flexiblen Arbeitsortmodellen damit das Aus droht“, betont Ina Jähne, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Referentin der TÜV NORD Akademie.
Für Konzerne und größere Mittelständler, die seit langer Zeit mit Zeiterfassung und entsprechend eingespielten Prozessen arbeiten, ist die neue Regelung auch kein Problem. „Aber für Klein- und Kleinstunternehmen bedeutet sie einen enormen zeitlichen und administrativen Zusatzaufwand und ist natürlich in einer ohnehin schwierigen Zeit mit weiteren Kosten verbunden“, weiß Ina Jähne.
Für die Umsetzung des Urteils stehen noch einige Konkretisierungen seitens des Gesetzgebers aus, wobei die Politik zunächst die Urteilsgründe abwarten will, die in einigen Wochen erwartet werden. Eigentlich wäre es aber schon seit mindestens drei Jahren Aufgabe der Politik gewesen, klare gesetzliche Rahmenbedingungen auf den Weg zu bringen. Schon der EuGH hat in seiner Entscheidung im Mai 2019 gesagt, dass es sich bei der Arbeitszeiterfassung um ein systematisches System handeln müsse. Das BAG hat das Thema nun wieder auf die Agenda des Ministeriums gebracht.
Klar ist, dass der handgeschriebene Stundenzettel nicht ausreichen dürfte, zumal auch Pausenzeiten, Beginn und Ende der Arbeitszeit erfasst werden müssen. Außerdem bleibt abzuwarten, wie sich die Arbeitszeiterfassung abhängig vom Einsatz im Unternehmen gegenüber dem Homeoffice unterscheidet.
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