"Ein einzigartiges Fahrgefühl": Fast jeder Autohersteller wirbt damit. Beim Kunden will er positive Emotionen wecken, denn das sichert den Verkaufserfolg. Doch was wünscht sich der Autofahrer eigentlich? Wie soll sein Traumauto beschaffen sein? Hart oder weich gefedert, rassig direkte Lenkung oder gutmütige Trägheit im Fahrverhalten? Für Autobauer ist es nicht leicht, den Geschmack der Kundschaft exakt zu treffen. Zudem sprechen Autofahrer und Entwicklungsingenieure meist nicht die gleiche Sprache: Die einen reden von "schwammiger Lenkung", die anderen brauchen Kennlinien und Schwellenwerte, um Fahrkomfort, -dynamik und Wohlfühlfaktoren zu beschreiben. Denn die Ansatzpunkte, die man verändern könnte, um eine kundengerechte Lenkung zu konstruieren, sind vielschichtig: vom Reifen über das Fahrwerk bis hin zum Lenksystem. Unter Umständen laufen einzelne Modifikationen gar konträr. Deshalb benötigen Autobauer konkretere Angaben, um ihr Produkt optimieren zu können. Dabei hilft jetzt ein Verfahren, das Ingenieure von TÜV SÜD Automotive entwickelt haben: "IMPROVE by QfD" nennt sich die Methodik, mit der die Experten aus Garching bei München die Automobilhersteller weltweit bei der Optimierung ihrer Produkte unterstützen. Dabei werden die zumeist emotionalen Äußerungen der Kunden nach statistischen Grundsätzen aufgenommen und in konkrete Optimierungsparameter am Fahrzeug umgesetzt.
Engineered Emotion: Wenn Ingenieure verstehen, was Autofahrer fühlen
"Mit IMPROVE by QfD bieten wir den Automobilingenieuren ganz konkrete Hinweise, um die mehrdimensionalen Einflüsse beispielsweise auf das Fahrverhalten gewichten zu können und daraus Modifikationen oder gar Neuentwicklungen ableiten zu können und ermöglichen so ein echtes kundenorientiertes Design", erklärt Bernhard Schick, Bereichsleiter Fahrwerk bei TÜV SÜD Automotive. Auf der FISITA 2006 im japanischen Yokohama stellt Schick diese Woche Design-Ergebnisse der Optimierung eines Toyota-Prototypen vor: Zusammen mit den Entwicklern des japanischen Autobauers schickten die Experten von TÜV SÜD Automotive rund 230 Kunden und Journalisten in verschiedenen europäischen Städten mit acht Wagen der Mittelklasse erstmals auf die Straße, um die Lenkung zu optimieren. Bei den Probefahrten stiegen erfahrene Techniker und Ingenieure von TÜV SÜD auf den Beifahrersitz und interviewten Kunden und Journalisten, während diese das Fahrzeug über ausgewählte Teststrecken fuhren.
Toyota setzt auf "IMPROVE by QfD"
"Wichtig ist es, offene Fragen zu stellen, um dem Fahrer nicht mögliche Antworten bereits in den Mund zu legen", erklärt Schick. Auch auf gleichen kulturellen und sprachlichen Hintergrund achteten die Techniker aus Garching und setzten nur Muttersprachler für die Untersuchungen ein. Die Ergebnisse der Fahrtests belegten, dass verschiedene Funktionsgruppen eines Autos für ein komfortables Fahrgefühl verantwortlich sind und deren Optimierung besonders effektiv ist. Ein abschließender Test mit optimierten Fahrzeugen zeigte im direkten Vergleich: Bezüglich aller wichtigen Kundenwünsche schnitt das mit Hilfe des TÜV SÜD-Verfahrens überarbeitete Auto erheblich besser ab als die Ausgangsvariante der Toyota-Prototypen. Auch beim Vergleich mit dem Fahrzeug eines Wettbewerbers bewies sich der Erfolg der "Optimierungsrunde". Wichtigste Schlussfolgerung der Tests: Mehrdimensionale Einflüsse auf das Fahrverhalten lassen sich mit "IMPROVE by QfD" effektiv herausarbeiten. Und auch die möglicherweise missverständlichen Äußerungen des Kunden können mit dem Verfahren der TÜV SÜD-Experten in treffendes Vokabular für Ingenieure übersetzt werden.
Effektivere Automobilkonstruktion: Aufwand und Kosten optimieren
"Aufgrund unserer ausgezeichneten Ausstattung mit Mess- und Prüfständen und unserer langjährigen Erfahrung als Entwicklungspartner im Bereich Automotive sind wir auch in der Lage, diese technischen Modifikationen an einem Fahrzeug selbst vorzunehmen und unseren Kunden beispielsweise einen optimierten Prototypen für eigene Tests zur Verfügung zu stellen", erklärt Bernhard Schick. Seit Mitte 2004 bieten die Experten von TÜV SÜD das komplette Leistungsspektrum von "IMPROVE by QfD" von der Kundenbefragung bis zum fertigen Prototypen an. Zusammen mit den Kunden aus der Autoindustrie wird die potenzielle Zielgruppe der Testfahrer ausgewählt und dann von TÜV SÜD Mitarbeitern angesprochen. Ein großer Vorteil des Verfahrens ist die Unabhängigkeit vom Hersteller. "Unseren Mitarbeitern erzählen die Testfahrer sehr viel detaillierter ihre Erlebnisse mit dem jeweiligen Auto, als einem Angestellten des Herstellers", weiß Schick. "Auch die fachlich hohe Qualifizierung unserer Interviewer unterscheidet uns von üblichen Marktforschungsunternehmen, die oftmals nur einen vorgefertigten Fragenkatalog abarbeiten. Wir können mit unserer Methode hingegen sehr viel gezielter fragen und damit die Qualität der Untersuchung enorm steigern." Ergebnis ist stets ein aufwand- und kostenoptimiertes Szenario für den Kunden. Auf dem TÜV SÜD-Messestand der FISITA 2006, einem der wichtigsten Kongresse für die weltweite Automobilszene, informieren sich zahlreiche Autobauer und -entwickler über "IMPROVE by QfD".