Für jugendliche Autofans ist es eine ganz tolle Sache: "Begleitetes Fahren mit 17". Allein in Bayern haben im vergangenen Jahr 43.547 junge Menschen an diesem Modellversuch teilgenommen, davon haben 32.809 Fahranfänger die Prüfung bestanden. Experten von TÜV SÜD werteten jetzt die Daten zum Versuch aus. "Unsere Statistik belegt vor allem ein großes Interesse im Raum Augsburg und Bayreuth sowie in München", sagt Uwe Kellner, der bei TÜV SÜD Auto Service für die Fahrererlaubnisprüfung zuständig ist und sich intensiv mit der Auswertung des "BF17" - wie das Projekt offiziell heißt - beschäftigt. Eine Erklärung für die hohe Beteiligung gerade in Augsburg führt Kellner auf die Motivation der Bewerber durch Fahrschulen und die Diskussion in den Schulen zurück. Die in Augsburg im Rahmen eines Forschungsprojektes mögliche Theorieprüfung am Computer wirkt sich ebenfalls positiv aus: "So etwas zieht bei den Jugendlichen einfach." Weniger Begleitpersonen in ländlichen Regionen Auch die Tatsache, dass in vielen ländlichen Regionen vielleicht nicht genug Personen zur Verfügung stehen, um die jungen Autofahrer bei ihren Ausfahrten auf dem Beifahrersitz zu begleiten, könnte seiner Meinung nach die unterschiedlichen Ergebnisse in den Landkreisen erklären. Allerdings könnten sich kleine Ungenauigkeiten auch daraus ergeben, dass "vielleicht nicht alle Bewerber unter der Rubrik BF17 erfasst wurden", so der Statistik-Experte. Ob mehr Jungen oder Mädchen das Angebot stärker wahrgenommen haben, lässt sich aber aus den bisher vorliegenden Meldungen nicht ableiten. "Am erfreulichsten ist", so der bayerische Innenminister Dr. Günther Beckstein, "dass die Teilnehmer am Modellversuch beim Unfallgeschehen unauffällig sind." Die jungen Fahrer verursachten im Jahr 2006 während der Begleitphase nur 49 Unfälle.
Defensive Fahrweise durch Begleitperson
Seitens der bayerischen Landesregierung setzt man große Hoffnungen in das Modellprojekt. "Der Grundgedanke des Modellprojekts ist, dass die jungen Leute Fahrpraxis unter Begleitung von erfahrenen Ansprechpartnern gewinnen", so Innenminister Dr. Günther Beckstein. Ziel sei es, die Verkehrssicherheit junger Fahranfänger zu erhöhen. Auch Kellner erwartet weniger tödliche Unfälle bei den "BF17-Jugendlichen".
"Die Begleitperson wird sicher dazu beitragen, dass sich die Jugendlichen von Anfang an eine defensivere Fahrweise aneignen", so der TÜV SÜD-Experte. Dessen Auswertung zeigt auch, dass sich die Teilnehmer des Modellversuchs offenbar besser auf die Führerscheinprüfung vorbereiten. "Die Erfolgsquote bei den Teilnehmern des Modellversuchs liegt bei 75 Prozent und ist höher als bei den übrigen Bewerbern mit nur 71,6 Prozent", erklärt Kellner. Ins Leben gerufen wurde der Modellversuch für die jungen Autofahrerinnen und -fahrer im Rahmen der Aktion "Verkehrssicherheit Bayern 2006".
Seit dem 1. September 2005 können sich Jugendliche, die mindestens 16,5 Jahre alt sind, bei einer Fahrschule zur Führerscheinausbildung anmelden. Nach bestandener Fahrprüfung und Vollendung des 17. Lebensjahres dürfen die Fahranfänger dann in Begleitung eines geübten älteren Fahrers selbst am Steuer sitzen. Sie erhalten eine Prüfungsbescheinigung, in der Begleitpersonen namentlich eingetragen sind. Diese gilt nur innerhalb Deutschlands für die Klassen B und BE, also den Pkw-Führerschein, und natürlich auch für die eingeschlossenen Klassen L, M und S. Nach Einschätzung Kellners ist der Führerschein mit 17 ein weiterer wichtiger Baustein für mehr Sicherheit bei Fahranfängern - zusätzlich zu dem bewährten System von professioneller Ausbildung durch Fahrlehrer, Prüfung und Führerschein auf Probe.
Führerschein mit 17 senkt die Unfallquote
Als erstes Bundesland hatte Niedersachsen im April 2004 seinen Jugendlichen ab 17 erlaubt, in Begleitung ihrer Eltern Auto zu fahren. Das Projekt wurde dort als Erfolg betrachtet: Laut einer Studie der Universität Gießen verursachen die jungen Fahrer später 40 Prozent weniger Unfälle. Weiteres Ergebnis der Untersuchung: Nach Ende des begleiteten Fahrens erhielten die jungen Verkehrsteilnehmer rund 60 Prozent weniger Bußgelder als die untersuchte Vergleichsgruppe. Prof. Joachim Stiensmeier-Pelster vom Psychologie-Fachbereich der Universität Gießen zog folgendes Fazit: "Begleitetes Fahren führt dazu, dass man signifikant weniger Unfälle anschließend hat, und dass man sich stärker an die Verkehrsregeln hält. Die jungen Leute fahren weniger schnell und überfahren seltener Rotlicht oder Stoppschilder." Der Rückgang der Unfallzahlen entspreche den Erkenntnissen in Schweden, während in Österreich nur ein Rückgang um 15 Prozent festgestellt worden sei, so der Wissenschaftler. Eine detaillierte Auswertung des Modellversuchs kündigte das niedersächsische Innenministerium für Juli 2007 an. Generell bleibt es den Bundesländern überlassen, ob sie sich dem Projekt anschließen. Die Fahrprüfung zum begleiteten Fahren mit 17 kann mittlerweile in vielen Bundesländern abgelegt werden; im Juli 2007 startet das Projekt auch in Baden-Württemberg. "Fahren dürfen die Jugendlichen aber natürlich in ganz Deutschland", ergänzt Kellner.