Dr. Stepken und Gabriele Sommer, Geschäftsführerin der TÜV SÜD Life Service GmbH, traten als Referenten auf der Konferenz auf und appellierten an Unternehmen, in Zeiten der Wirtschaftskrise Investitionen in die physische und auch psychische Gesundheit von Mitarbeitern sowie in gefährdungsarme Arbeitsplätze nicht zu streichen. "Es ist jetzt wichtiger als jemals zuvor, die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz zu stärken und eine umfassende Umsetzung von Sicherheits- und Gesundheitsstandards sicherzustellen, um als Unternehmen langfristig leistungs- und wettbewerbsfähig zu bleiben", sagte Dr. Axel Stepken bei der Eröffnung der Konferenz am Mittwoch. Mit der Unterschrift der "Seoul Declaration" bekennt sich TÜV SÜD zu gefährdungsarmen und gesunden Arbeitsplätzen - gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.
Gesunde Mitarbeiter bilden die Basis für wirtschaftlichen Erfolg
Im Jahr 2007 gab es in Deutschland laut der deutschen Bundesanstalt für Arbeitsschutz und -medizin insgesamt 437,7 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage. Jedem einzelnen Unternehmen kostete ein Ausfalltag eines Mitarbeiters somit im Schnitt mehr als 400 Euro. Hinzu kommt, dass sich kranke Arbeitnehmer in wirtschaftlich schwierigen Zeiten aus Sorge um ihren Arbeitsplatz bisweilen nicht krank schreiben lassen. Schätzungen zufolge entstehen durch diesen sogenannten Präsentismus sogar noch drei Mal höhere Kosten als durch krank geschriebene Mitarbeiter. Die Zahlen verdeutlichen die Relevanz des Themas. TÜV SÜD-Vorstandsvorsitzender Stepken warnte vor einem "Kahlschlag" beim Gesundheits- und Arbeitsschutz, das werde sich in nicht allzu ferner Zukunft rächen: "Schlimmstenfalls haben Unternehmen dann für den kommenden Aufschwung nicht genügend leistungsfähige Arbeitnehmer zur Verfügung, viele der verbliebenen Mitarbeiter sind eventuell schlecht bis gar nicht motiviert und spezialisierte Fachkräfte nur noch für die Top-Firmen zu bekommen", erläuterte Stepken. Hinzu kämen deutlich höhere Belastungen der Kranken- und Rentenkassen durch kranke oder frühverrentete Arbeitnehmer. Stepken fügte hinzu: "Ich bin deswegen der festen Überzeugung, dass Investitionen in die physische und auch psychische Gesundheit von Mitarbeitern sowie in gefährdungsarme Arbeitsplätze einen entscheidenden Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens liefern."
Internationale Verantwortung
Faire Arbeitsplätze seien auch international ein immer wichtigeres Thema: Viele Unternehmen aus der westlichen Welt haben ihre Produktionsstätten in Länder mit niedrigen Lohnkosten und arbeitgeberfreundlicherer Gesetzgebung verlagert, um Kosten zu sparen. Immer häufiger allerdings thematisieren Medien und Gesellschaft die damit verbundenen Probleme wie Kinderarbeit oder giftige Inhaltstoffe in Produkten. Dr. Stepken appellierte an die Verantwortung von Unternehmen, "nicht nur die wirtschaftlichen Vorteile der Globalisierung zu nutzen, sondern auch das vorhandene Wissen, um die Notwendigkeit von Arbeits- und Gesundheitsschutz und um die Vorteile von menschlichen und menschenwürdigen Arbeitsplätzen dorthin zu bringen." Zum Glück gebe es schon viele gut funktionierende Beispiele dafür, fügte der TÜV SÜD-Vorstandsvorsitzende hinzu.
Psyche leidet immer häufiger
Was die krankheitsbedingten Ausfälle betrifft, so nehmen gerade die psychischen Erkrankungen immer mehr zu. "Viele Menschen sind an ihrem Arbeitsplatz psychisch überlastet. So wird zum Beispiel in Deutschland jede dritte Frühberentung mittlerweile mit einer psychischen Störung begründet", erklärte Gabriele Sommer in ihrem Vortrag zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement. Auch eine Befragung von TÜV SÜD-Arbeitsmedizinern erbrachte Hinweise auf stark zunehmende psychische Belastungen in den Firmen. So berichteten über 80 Prozent der befragten Betriebsärzte, psychische Störungen würden in den betreuten Betrieben immer häufiger. Die vermehrten psychischen Erkrankungen sind - zumindest teilweise - darauf zurückzuführen, dass durch den Wandel hin zur Dienstleistungs- und Informationsgesellschaft die körperlichen Belastungen an den Arbeitsplätzen eher ab und die psychischen Belastungen dagegen stark zunehmen. Gründe dafür sind Informationsüberflutung, Arbeitsverdichtung und Zeitdruck, hohe Ansprüche an Mobilität und Flexibilität, ständige Erreichbarkeit über Handy, Blackberry und Co. - und schließlich auch die permanente Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes.