Gebrochene Rückenlehnen und abgerissene Halterungen - die Ergebnisse des in der aktuellen Ausgabe 3 des Fachmagazins auto motor und sport veröffentlichten Crashtests können bei Eltern für große Verunsicherung sorgen. Auch TÜV SÜD-Crashtest-Experte Dr. Lothar Wech zeigte sich überrascht über das Ausmaß der beim Crash zu Tage getretenen Mängel. Er warnt aber davor, als Konsequenz aus dem schlechten Ergebnis auf Rückhalteeinrichtungen für Kinder im Auto zu verzichten oder auf xbeliebige Kindersitze zurückzugreifen: "Es ist auf jeden Fall besser, ein Kind im Rückhaltesystem mitzunehmen als ungesichert oder mit dem Erwachsenengurt gesichert", sagt Dr. Wech. Der richtige Sitz für den Nachwuchs, geeignet für das Auto, biete großen Schutz, erläutert der Experte weiter. Woran man sich beim Kauf orientieren sollte und was es zu beachten gibt, um das optimale System zu finden, dazu Hinweise von TÜV SÜD.
Richtung: Bei den meisten Kinderrückhaltesystemen sitzt der Nachwuchs in Fahrtrichtung. In so genannten Reboard- oder auch Rearward-Facing-Systemen liegen oder sitzen die ganz Kleinen gegen die Fahrtrichtung. Das bietet beim häufigeren Frontalcrash mehr Schutz - vor allem für den Kopf. Der ist bei den Kleinsten im Verhältnis zum Körper noch sehr groß und wird im Reboard- oder Rearward-Facing-System optimal gehalten. Wichtiger Hinweis für die Rückwärtsfahrt: Viele Eltern wollen den Spross gerne so nah wie möglich haben und montieren deshalb die Schale auf dem Beifahrersitz. Dabei ist unbedingt darauf zu achten, dass der Beifahrer-Airbag deaktiviert ist. Dazu Dr. Wech: "Wenn ich alleine mit dem Kind unterwegs bin, ist es sicherer, das Baby in meiner Nähe zu haben. Denn ich muss nicht den Kopf drehen und nach hinten schauen. Im Allgemeinen sind aber die Plätze hinten für Kinder sicherer."
Befestigung: ISOFIX oder Gurt? Die wirksamste Befestigung eines Kindersitzes ist die direkte Verbindung mit dem Fahrzeug. Dazu muss das Auto aber vorbereitet sein. Bei Kfz ohne ISOFIX können auch Gurtsysteme ausreichend Halt bieten.
Kategorie: Der Sitz muss auch zum Auto passen. Die meisten Systeme sind "Universal" und können in jedem Fahrzeug montiert werden. "Semiuniversal", "Eingeschränkt" und "Fahrzeugspezifisch" - diese Bezeichnungen kennzeichnen den Einsatz nur in bestimmten Fahrzeugen und Sitzpositionen. Die entsprechenden Informationen müssen auf der Verpackung eindeutig dargestellt sein. Mit "Spezial" gekennzeichnet sind Systeme, die nur in einem bestimmten Automodell verwendet werden dürfen.
Gewichtsklasse: Gruppe "0" ist für die Kleinsten bis zu einem Körpergewicht von zehn Kilogramm geeignet. Speziell für Reboard-Systeme gibt es die erweiterte Gruppe "0+" - bis 13 Kilogramm. Gruppe "1" klassifiziert Sitze für den Gewichtsbereich zwischen neun und 18 Kilogramm, Gruppe "2" zwischen 15 und 25 Kilogramm und Gruppe "3" ist für alle Kinder ab einem Gewicht von 22 Kilogramm geeignet - dabei handelt es sich meistens um Sitzerhöhungen.
Gesetze: Wichtigste Regel: Bis zum Alter von zwölf Jahren dürfen Kinder, die noch keine 150 cm groß sind, nur in entsprechenden Rückhalteeinrichtungen mitfahren. Das gilt für alle Kraftfahrzeuge, für die Gurtpflicht besteht - also auch für Wohnmobile und Kleinbusse. Rückhaltesysteme müssen amtlich zugelassen sein. Dafür werden umfangreiche Prüfungen gemäß der ECE-Regelung 44 durchgeführt. Für diese Regelung gab es im April 2008 eine Novelle. Seitdem dürfen nur noch Kindersitze benutzt werden, die gemäß der Norm ECE R 44/03 oder 44/04 geprüft sind. Kinderrückhaltesysteme nach ECE R44/01 oder R44/02 sind nicht mehr zulässig. Werden solche Sitze trotzdem benutzt, sind nicht nur die Kinder gefährdet, es droht zusätzlich ein Bußgeld von 30 Euro.
Prüfsiegel: Alle diese Hinweise müssen auf einem Etikett am System (häufig orangefarben) erkennbar sein. Es enthält folgende Pflichtangaben (siehe Abbildung oben):
- Kategorie des Rückhaltesystems, zum Beispiel "Universal"
- Gewichtsklasse des Sitzes, zum Beispiel für Kinder mit einem Körpergewicht zwischen 15 und 25 Kilogramm
- Genehmigungszeichen des Sitzes
- Hersteller des Sitzes
Einkauftipps: "Wichtigste Grundregel - Kind auf jeden Fall zum Kauf mitnehmen und Einbau im Auto probieren", rät Dr. Wech. Dann können sich Eltern vor Ort in folgenden Punkten Gewissheit verschaffen: Der Ein- und Ausbau sollte leicht vonstattengehen, die Verankerungen und Gurtführungen optimal zum Fahrzeug passen. Den Händler fragen, ob er eine Einweisung gibt. Viele sind dazu vom Hersteller geschult. Wichtig auch: Das Kind sollte es in der Schale oder dem Sitz bequem haben - auch wenn es schläft. Sitze mit Einstellmöglichkeiten und gutem Seitenschutz sind am besten. Damit das schlafende Kind nicht herausrutscht, werden Schlafstützen zur Sicherung angeboten - sie bieten auch bei Fahrzeugen mit Seitenairbags Schutz. Ist der Nachwuchs schon größer, sollte man es bei der Auswahl auf jeden Fall mitreden lassen. Das beugt späteren Protesten vor und sorgt so für mehr Sicherheit.
Weitere wichtige Hinweise gibt es im TÜV SÜD-Tipp "Kinder im Auto: Wie werden sie richtig gesichert?" Die Broschüre kann kostenlos heruntergeladen werden unter www.tuev-sued.de im Privatkunden-Bereich Auto&Fahrzeuge.