Der Bus ist einer der Klassiker des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) - auf dem Weg zur Arbeit, zur Schule, zum Einkaufen oder ins Kino summieren sich die Passagierzahlen in Deutschland jährlich auf rund 5,5 Milliarden. Über 100 Millionen Fahrgäste sind bei Busreisen zu verzeichnen - nach Berlin, Budapest oder Belgrad. "Der Bus ist ein Massenverkehrsmittel. Demzufolge haben Betreiber, Werkstätten und Prüforganisationen auch eine große gesellschaftliche Verantwortung, wenn es um die Sicherheit des einzelnen Fahrzeugs geht", sagt Wolfgang Eichler. Von vornherein habe TÜV SÜD deshalb die Erarbeitung und Publikation eines Bus-Reports durch den Verband der TÜV e.V. (VdTÜV) unterstützt. Bei einer Pressekonferenz am heutigen Donnerstag in Berlin hat der VdTÜV das knapp 30 Seiten starke Premieren-Werk "Bus-Report 2010/2011" präsentiert.
In schlechtem Licht: 18,6 Prozent der Busse haben Probleme mit der Beleuchtung
Das Ergebnis: Bei der Mängelstatistik liegt die Beleuchtung auf Platz eins. Bei 18,6 Prozent der untersuchten Busse gab es Probleme mit dem Licht. Mängel an der Vorder- oder Hinterachse verzeichneten die Sachverständigen in 5,2 Prozent der Fälle. Mit jeweils 4,9 Prozent schlagen Mängel im Bereich Motor/Antrieb sowie bei der Korrosion am Fahrwerk zu Buche. Mangelnde Bremswirkung musste bei 3,9 Prozent der Busse notiert werden, das Lenkungsspiel stimmte bei 2,8 Prozent nicht und in 2,5 Prozent der Fälle waren Funktion oder Ausstattung der Notausstiege zu kritisieren. Datenbasis für den "Bus-Report 2010/2011" sind rund 50.000 Hauptuntersuchungen aus den Jahren 2008 und 2009. Der Blick auf das Gesamtergebnis zeigt: Bei 55,8 Prozent der Busse, die zur HU vorfuhren, konnten die Sachverständigen feststellen: "ohne Mängel". Geringe Mängel gab es bei 31,6 Prozent. Erhebliche Mängel wiesen 12,4 Prozent der Busse auf - sie bekamen die Prüfplakette erst nach Nachbesserung in der Werkstatt. 0,2 Prozent der Busse wurden als verkehrsunsicher eingestuft und durften ohne vorherige Reparatur nicht mehr auf die Straße. "Im Durchschnitt gesehen stehen die deutschen Omnibusse bei der Sicherheit gut da. Allerdings ist jeder Einzelfall wichtig, denn bereits ein erheblicher Mangel kann im Busbetrieb sehr schwerwiegende Folgen haben", betont TÜV SÜD-Fachmann Eichler. "Für alle Beteiligten muss deshalb das Ziel sein, das Sicherheitsniveau bei den Bussen weiter zu verbessern."
Phänomen Altersschwäche: 19,2 Prozent der 20-Jährigen mit Korrosionsschäden
Die Tatsache, dass mit der Lebenszeit der Busse die Anzahl der Mängel deutlich ansteigt, unterstreicht aus Sicht von TÜV SÜD die Bedeutung des engen zeitlichen Taktes aus Hauptuntersuchungen und Sicherheitsprüfungen. Hintergrund zum Stichwort Alter und Mängel: Für den Bus-Report 2010/2011 haben die Technik-Experten die Hauptuntersuchungen von Bussen ausgewertet, die zwischen einem und 20 Jahren alt sind. Die durchschnittliche jährliche Fahrleistung der Fahrzeuge liegt bei rund 55.000 Kilometern. Dabei waren die Busse, die erst ein Jahr alt waren, im Schnitt etwa 69.000 Kilometer im Einsatz. Der Fokus auf die "Hitliste der Mängel" zeigt, dass sich tatsächlich von "Altersschwäche" sprechen lässt: Bei den einjährigen Bussen fielen 7,1 Prozent durch Mängel an der Beleuchtung auf, bei den Zehnjährigen dagegen 21,7 Prozent. Korrosion am Fahrwerk bleibt bis zum 6./7. Lebensjahr der Busse unter 0,6 Prozent, steigt dann aber auf bis zu 19,2 Prozent bei 20 Jahre alten Bussen.
Hintergrund zum Stichwort Hauptuntersuchung/Sicherheitsprüfung: Busse müssen ein Jahr nach der Erstzulassung erstmals zur HU, wobei die TÜV-Sachverständigen bis zu 130 Prüfpunkte abarbeiten. Die weiteren HU folgen im jährlichen Turnus. Der Unterschied zum Auto: Das muss erstmals nach drei Jahren zur Hauptuntersuchung - und danach alle zwei Jahre. Für Omnibusse gibt es zusätzliche Sicherheitsprüfungen, weil die Beförderung von Menschen besonders hohe Anforderungen an die Sicherheit stellt. Der Gesetzgeber hat die Sicherheitsprüfung vom Alter der Fahrzeuge abhängig gemacht, so dass Busse ab dem dritten Einsatzjahr alle drei Monate gecheckt werden. Im Fokus dabei: Fahrgestell, Fahrwerk, Lenkung, Räder und Bereifung, Auspuffanlage und Bremsen. "Die Zahlen zeigen, dass die Kombination aus Hauptuntersuchung und Sicherheitsprüfung absolut notwendig ist", so Wolfgang Eichler. Der Report könne zudem dazu beitragen, weiter für das Thema Wartung zu sensibilisieren.
Spot auf die Beleuchtung: Bei drei Jahre alten Bussen beispielsweise fällt am häufigsten die hintere Beleuchtung mit Mängeln auf (8,9 Prozent), gefolgt von der Kennzeichen-Beleuchtung (4,9 Prozent), den Blinkern (4,4 Prozent) und dem Licht vorne (3,8 Prozent). "Da lässt sich durch eine regelmäßige Routinekontrolle durch den Fahrer schon einiges abfangen", so der Hinweis von Eichler. Praxis-Tipp für die Busgarage: An geeigneter Stelle einen großen Spiegel anbringen, so dass sich beim Ausfahren die hintere Beleuchtung kontrollieren lässt.
Korrosion im Kreuzfeuer: In Bussen ist mehr Stahl verbaut als in anderen Fahrzeugen. Somit heißt es: Achtung Korrosionsgefahr! Im Schnitt stellten die Sachverständigen an rund 5 Prozent der Busse Korrosionsmängel an Rahmen und tragenden Teilen fest. Bei den 20 Jahre alten Fahrzeugen liegt die Quote sogar bei 19,2 Prozent. So lässt sich vorbeugen: Unterboden regelmäßig kontrollieren, kleine Schäden sofort ausbessern. "Werden Reparaturen fällig, sollte der Busunternehmer darauf achten, dass die Werkstatt technologisch auf der Höhe der Zeit ist - so lässt sich nahezu Herstellerqualität erreichen", so der Kommentar von TÜV SÜD-Mann Eichler.
Bremsen im Belastungstest: Bremsen sind besonders sicherheitsrelevant. Mängel bei der Bremswirkung gab es bei 3,9 Prozent der untersuchten Busse. "Weil sich Mängel an einer Bremse in der Regel nicht von außen erkennen lassen, gibt es kein Pardon: Da hilft nur der regelmäßige Check in der Werkstatt", merkt Wolfgang Eichler an.
Der Bus-Report setzt sich auch mit den besonderen Vorrichtungen zur Fahrgastsicherheit auseinander. Bei Feuerlöscher und Verbandskasten lag die Mängelquote zwischen 1,3 und 3 Prozent. Türen und Kontrolleinrichtungen waren - bei derselben Altersspanne - bei 0,5 bis 3,4 Prozent zu monieren. Je nach Abhängigkeit vom Alter waren bis zu 5 Prozent der Notausstiege auffällig!
Schnittstelle Sicherheit: Die "Zukunft der Hauptuntersuchung" hat bereits begonnen
Um alle sicherheitsrelevanten Teile und Systeme im Blick zu haben, hat auch bei den Bussen längst die "Zukunft der Hauptuntersuchung" begonnen. So greift bei allen Bussen, die ab dem 1. April 2006 zugelassen wurden, die so genannte "Elektronik-HU". Das heißt: Um die Funktion von ABS, ESP und anderen Systemen zu prüfen, liest der TÜV-Sachverständige an einer elektronischen Schnittstelle Systemdaten aus dem Fahrzeug aus. Prognose von Wolfgang Eichler: "Die Hybridtechnologie oder der Einsatz von reinen Elektrobussen werden auf den Inhalt und Ablauf der Hauptuntersuchung wesentlichen Einfluss haben."
Mit breitem Ansatz: Das Zertifikat "Sicherheit im Busbetrieb"
Für alle Antriebstechnologien gilt das Ziel: höchste Sicherheit. Auf dem Weg zu diesem Ziel vergibt TÜV SÜD bereits seit Jahren das Zertifikat "Sicherheit im Busbetrieb", das zusammen mit anderen Prüforganisationen entwickelt wurde. Bei der Zertifizierung werden insbesondere Organisation, Fahrer und Fahrzeug betrachtet. Dabei geht es um die Einsatzpläne und die Weiterbildung der Fahrer ebenso wie um den Umweltschutz im Betriebsablauf und die Ersatzleuchten für die Busscheinwerfer.
Als Partner von Busunternehmen bietet TÜV SÜD darüber hinaus eine Reihe von Dienstleistungen an - beispielsweise Fahrerschulungen nach der Berufskraftfahrerrichtlinie, Schaden- und Wertgutachten für einzelne Fahrzeuge oder das Management für einen kompletten Fuhrpark.
Den kompletten "Bus-Report 2010/2011" gibt es zum Herunterladen unter www.vdtuev.de. Über das Zertifikat "Sicherheit im Busbetrieb" informiert im Detail www.sichere-personenbefoerderung.de, einen Überblick über die TÜV SÜD-Leistungen bietet www.tuev-sued.de