Die aktuellen Problemfälle mit Bremsen und klemmendem Gas zeigen: Auch bei neuen und modernen Fahrzeugen kann es zu Ausfällen kommen, die den sofortigen Stopp erfordern, weil sicheres Manövrieren nicht mehr möglich ist. Beispielsweise, wenn das Gaspedal klemmt und die Motordrehzahl deswegen konstant hoch bleibt, das Kupplungsseil reißt oder gar die Bremsen versagen. "Dann heißt es in erster Linie: Ruhe bewahren und mit Bedacht handeln", sagt TÜV SÜD-Experte Philip Puls. Dazu gehört, die umliegenden Verkehrsteilnehmer im Blick zu haben und das Auto so schnell wie möglich zum Stillstand zu bringen. Aber wie funktioniert das trotz Vollgas, ohne Bremsen oder Kupplung?
Szenario I: Gaspedal klemmt. Der Motor dreht gleichmäßig hoch und lässt sich nicht mehr drosseln, die Geschwindigkeit nicht mehr verringern. In einem solchen Fall heißt es: anhalten! Gerade auf der Autobahn erst einmal runter schalten, sanft bremsen und so den Abstand zu den vorausfahrenden Fahrzeugen vergrößern. Warnblinker einschalten und eine ausreichend große Lücke suchen, durch die man den Standstreifen ansteuern kann. Weiter runter schalten und abbremsen, auch wenn der Motor dabei aufheult. Auf dem Standstreifen angekommen, weiter bis in den zweiten Gang runter schalten und stärker bremsen, bis das Auto nur noch rollt. Die Bremsen sind so ausgelegt, dass sie die Kraft des Motors übersteigen. Dann Kupplung treten, den Wagen durch Bremsen zum Stehen bringen und erst jetzt den Motor abschalten. Dazu Puls: "Niemals den Motor ausschalten, solange das Fahrzeug noch in Bewegung ist. Bremswirkung und Servolenkung lassen dann schnell nach!" Achtung: Auf keinen Fall den Zündschlüssel während der Fahrt aus dem Schloss ziehen - dann rastet das Lenkradschloss ein. Fahrer von automatikgetriebenen Autos sollten ein oder zwei Stufen manuell zurückschalten (3, 2 oder L). Noch ein Trick: "Das Sportprogramm wählen", sagt Puls. Das sorgt für höhere Drehzahlen und damit für mehr Bremswirkung.
Szenario II: Bremse fällt aus. Dann heißt es ebenfalls: sofort stoppen. Ohne Bremse allerdings nicht so einfach. In einem solchen Fall muss der Fahrer das Fahrzeug mit dem noch bestehenden zweiten Kreis der Bremse, der Bremswirkung des Motors und der Handbremse zum Stillstand bringen. Ruhe bewahren, Verkehr beobachten, Warnblinker an, runter schalten, Bremse mehrmals betätigen, Handbremse anziehen und den Straßenrand oder den Standstreifen ansteuern. Zur Handbremse: Bei den meisten Fahrzeugen wirkt die Handbremse auf die Hinterreifen. Ist es nass oder gar glatt, dann darauf achten, dass das Heck bei starkem Anziehen nicht ausbricht. Natürlich darf die Handbremse bei solchem Manöver nicht einrasten, also: Knopf gedrückt halten!
Szenario III: Die Kupplung lässt sich nicht mehr betätigen. In diesem Fall entfällt das Verzögern mit der Motorkraft. Weil das Fahrzeug aber ohne Schalten nicht mehr sicher zu lenken ist, sollte man auch dann so schnell wie möglich anhalten - ganz normal mittels Bremse. Einziges Problem: Je nachdem, welcher Gang aktuell eingelegt ist, fängt der Motor ab einer bestimmten Geschwindigkeit an zu schieben. Das beginnt aber frühestens bei Geschwindigkeiten unterhalb 40 Stundenkilometer. Bis dahin sollte der Havarist schon den Standstreifen erreicht haben. So weit wie möglich runter bremsen und den Gang ohne Kupplung raus nehmen. Das kann etwas Kraft kosten und auch dem Getriebe leicht schaden. Dazu Puls: "Den Gang rausnehmen ist besser, als den Motor durch bremsen abzuwürgen, weil dann eventuell schnell die Assistenzsysteme sowie die Servolenkung und die Bremskraftunterstützung ausfallen und das Auto unkontrolliert bis zum Stand ruckelt."
Szenario I-III: Absichern. Ist der Wagen am Straßenrand oder auf dem Standstreifen zum Stehen gekommen, heißt es erst einmal: Warnweste anlegen, Unfallstelle sichern und sich dann mit allen Insassen in Sicherheit bringen! Auf der Autobahn und auf Landstraßen heißt das: Grünbereich neben der Fahrbahn. Niemals im Auto sitzen bleiben! Erst jetzt kann der Pannendienst informiert werden. Zur Erinnerung: Zur Absicherung gehört neben dem Warnblinker das Warndreieck. Auf Autobahnen 200 Meter (gesetzlich nur 100 Meter vorgeschrieben), außerhalb von Ortschaften 100 Meter und in Ortschaften 50 Meter hinter dem Auto. Auf Autobahnen und Landstraßen ist es sicherer, das Warndreieck schon aufgeklappt sichtbar in den Händen zu halten, wenn man es vom Auto wegträgt.
Weitere Informationen unter www.tuev-sued.de