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TÜV SÜD: Radeln im Winter fordert hohes Maß an Rücksichtnahme

Fahrradfahren im Winter immer beliebter

(PresseBox) (München, )
Kein Kratzen, immer startklar, kein Stau, stets ein Abstellplatz: Die Vorteile des Fahrrads gegenüber dem Auto liegen selbst im Winter auf der Hand. Vor allem Großstädter steigen deswegen auch zwischen Oktober und März immer häufiger auf das Fahrrad um. Das bedeutet besonders für Autofahrer ein erhöhtes Maß an Vorsicht. Und für alle gilt: gegenseitige Rücksichtnahme beim gleichberechtigten Benutzen des gemeinsamen Verkehrsraums. Für Radler unerlässlich ist die richtige Ausrüstung. Das betonen die TÜV SÜD-Experten und geben Tipps für sicheres Miteinander auf verschneiten Straßen.

Stichpunkt gemeinsamer Verkehrsraum: Das Bundesverwaltungsgericht hat jüngst entschieden, dass die Benutzungspflicht für Fahrradwege nur dann bestehe, wenn das Fahren auf der Straße besonders gefährlich sei (Aktenzeichen: BVerwG 3 C 42.09). Nur an solchen Stellen dürfen entsprechende Verkehrszeichen die Pflicht anordnen. Die Folge: Kfz und Radler benutzen wieder mehr gemeinsam die Straße. Hinzu kommt, dass die Radwegbenutzungspflicht nur dann gelte, wenn es "zumutbar" sei, so die Rechtssprechung. Liegt beispielsweise Schnee auf dem Radweg, während die Straße geräumt ist, darf der Radler auf die Fahrbahn. Alles zusammen erfordert mehr Rücksichtnahme bei den Verkehrsteilnehmern.

Für die Radler heißt das vor allem: sehen und gesehen werden ist unerlässlich für die Sicherheit. Zwischen 30 und 40 Prozent der Radfahrer sind bei Dunkelheit jedoch ohne Licht unterwegs - 23 Prozent haben noch nicht einmal eine entsprechende Anlage am Fahrrad. "Wer unbeleuchtet radelt, gefährdet sich und andere", sagt Philip Puls von TÜV SÜD Auto Service. Vorbildlich handelten jene 14 Prozent der Radler, die zusätzlich zum Licht noch reflektierende Kleidung einsetzten. Gerade in der dunklen Jahreszeit schaffe die neue, chice Fahrradkleidung ein zusätzliches Stück Sicherheit. Das gleiche gilt laut Puls für Hi-Tech-Lichtanlagen.

Wie geschmiert: Gerade im Winter leidet die Fahrradtechnik besonders. Kälte stellt erhöhte Ansprüche ans Velo. Schlecht geschmierte oder verschlissene Bowdenzüge machen Bremse und Schaltung schwergängig. Gute Schmiermittel wie dünnes Öl oder Teflonfette schaffen Abhilfe.

Eine Schicht des Fetts sorgt auch dafür, dass sich Schrauben und Hebel an der Sattelverstellung oder Schlössern im Winter und mit klammen Fingern noch bedienen lassen. Außerdem schützt es Kette und Schaltung vor aggressivem Streusalz. Erfahrene Winterradler sitzen in der kalten Jahreszeit auf einem Sattel ohne Gel. Das ist nämlich bei Kälte knochenhart.

Wie angeklebt: Im Gegensatz zum motorisierten Verkehr gibt es beim Radeln keine Winterreifenpflicht. Bis vor ein paar Jahren waren nicht einmal spezielle Reifen für das Radfahren zwischen November und März auf dem Markt. Doch inzwischen haben unter anderem die Hersteller von Autoreifen ihre Winter-Kompetenz ins Fahrradsegment eingebracht. Bezeichnungen wie TopContact Winter, Nordic Spike, Iceman oder Snow Stud zeigen, dass das Radfahren längst nicht mehr nur eine Sommer- und Schönwetterbeschäftigung ist. Reifen mit Spikes sind auf dem Velo zugelassen - und das ohne zeitliche oder andere Beschränkungen. Aquaplaning - also das Aufschwimmen des Reifens - stellt für Radler übrigens keine Gefahr dar. Es würde erst bei Geschwindigkeiten über 50 Kilometer pro Stunde auftreten. Rutschiger ist eine nasse Straße natürlich stets.

Wie früher: In Sachen Fahrradbeleuchtung ist in letzter Zeit viel argumentiert worden. Statt der antiquiert anmutenden Seitenläufer-Dynamos gibt es in das Vorderrad integrierte. Nabendynamos laufen so viel leichter, dass ein zusätzlicher Kraftaufwand beim Treten praktisch nicht mehr spürbar ist. Außerdem arbeiten sie nahezu unhörbar. Ein Dynamo ist gesetzlich vorgeschrieben. Einzig Fahrräder unter elf Kilogramm dürfen mit reinen Batterieleuchten ausgerüstet sein. Eine Modernisierung der Regeln und der Wegfall der Dynamopflicht werden in der Politik seit längerem diskutiert.

Wie ein Christbaum: Bei den Scheinwerfern ist seit 2006 eine höhere Lichtleistung von mindestens zehn Lux vorgeschrieben. Ältere Modelle dürfen zwar unbegrenzt weiter genutzt werden; ihr Austausch ist aber nach Ansicht von TÜV SÜD dringend zu empfehlen. Die neuen Scheinwerfer verwenden praktisch ausnahmslos Halogenlampen oder Leuchtdioden (LED). Letztere sind nicht automatisch besser. LED-Scheinwerfer der ersten Generation lieferten deutlich weniger Licht als Halogen-Versionen. Aktuelle Modelle sind gleichwertig. "Wer heute ein neues Fahrrad oder eine neue Lichtanlage kauft, sollte aber darauf achten, dass es über ein Standlicht verfügt", ergänzt Philip Puls. Manche Konstruktionen benötigen dafür noch nicht einmal eine Batterie, sondern beziehen den Strom für ein paar Minuten Nachlaufzeit aus einem stromspeichernden Kondensator.

Wie vorgeschrieben: Blinkende Scheinwerfer und Rücklichter sind in Deutschland nicht erlaubt. Leider verkaufen sogar manche Fachhändler diese illegalen Teile. Verstöße gegen Beleuchtungsvorschriften können zehn Euro Verwarnungsgeld kosten. Neben den Leuchten selbst schreibt die Straßenverkehrs-Zulassungsordnung (StVZO) auch Reflektoren vorn und hinten sowie an Pedalen und seitlich an den Rädern vor. Wer Speichenreflektoren nicht mag, kann alternativ Reifen mit Reflexstreifen kaufen oder die modernen dünnen Speichenüberzüge aus rückstrahlendem Material anbringen. Alle "Lichttechnischen Einrichtungen" am Fahrrad müssen ein Prüfzeichen tragen. Es ist meist die so genannte K-Schlange, also eine Wellenlinie hinter dem Buchstaben K. Ein alternatives Zulassungszeichen ist ein großes E in einem Kreis.

Wie beim Wintersport: Anbieter von Sportsachen haben ein großes Sortiment, das funktional und elegant ist. TÜV SÜD empfiehlt, besonders auf Reflexstreifen und Leuchtfarben zu achten. Wer in normaler Straßenkleidung radelt, kann diese mit abnehmbaren Reflexbändern sicherer machen. So wird der ausgestreckte Arm als Abbiegezeichen durch ein Reflexband in der Nähe des Handgelenks um ein Vielfaches besser sichtbar. Sehr wichtig ist auch gutes Schuhwerk. Es verhindert das Abrutschen von Pedalen und das Straucheln beim Anhalten im Schnee oder bei Eis.

Wie die Profis: Fahrradhelme sind keinesfalls nur etwas für schlechte Radfahrer. Das zeigt schon die Tour de France, bei der alle einen Helm tragen. Während im Sommer gut belüftete Modelle angesagt sind, empfinden Winter-Radler geschlossene Helme als angenehmer.

Wie überall: Winterwetter erschwert das Radeln in einigen Punkten. So verlängern Streusalzkörner und Splitt den Bremsweg. Unter Schnee können sich einfache Hindernisse bis hin zu gefährlichen Straßenbahnschienen verstecken. Und für andere Verkehrsteilnehmer bedeuten Eis und Schnee verlängerte Bremswege. Erschwerend wirken sich die kurzen Tage aus. Fahrten von und zur Arbeit finden meist in Dunkelheit statt. Radler müssen diese Bedingungen ebenso berücksichtigen wie der motorisierte Verkehr. "Im Zweifelsfall sollte ein guter Radfahrer lieber langsam machen oder absteigen", meint TÜV SÜD-Experte Puls.

Weitere Informationen unter www.tuev-sued.de
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