Abgefahrene Reifen, falsche Reifengröße, unzulässige Felgen. Knapp zwei Millionen Fahrzeuge erschienen alleine im ersten Halbjahr 2009 mit Mängeln an den Rädern bei der Hauptuntersuchung. Werden die Reifen in der Werkstatt montiert, achten die Fachleute darauf, dass mit den Pneus alles stimmt, und diese zum Auto passen. Schickere Felgen, breitere Reifen - gerade bei Sommerreifen sehr beliebt und leicht im Internet zu ersteigern. Im Prinzip kein Problem, wenn man gewisse Spielregeln beachtet. Dazu Michael Staude, Reifenexperte bei TÜV SÜD Automotive: "Wird in Eigenregie gewechselt, müssen Autobesitzer selbst auf den einwandfreien Zustand und auf die Zulassung fürs Auto achten." Die genauen Angaben dazu stehen im Fahrzeugschein. Die braucht man auch beim Kauf im Internet. Hinweis von Staude: "Nur bei Fachhändlern im Internet kaufen, sie können bei Bedarf kompetent beraten, halten die Sicherheitsstandards ein und liefern die Reifen gegebenenfalls ausgewuchtet und montagefertig."
Passen die Pneus oder sollen die Reifen samt Felge vom Vorjahr wieder drauf, können technisch Versierte das auf jeden Fall selbst machen. Wichtig ist es nach Ansicht der TÜV SÜD-Experten nur, eine bestimmte Reihenfolge bei den Arbeitsschritten genau einzuhalten und die Reifen vor der Montage auf Schäden zu untersuchen: "Vor allem die Flanken und die Lauffläche sollte man genau unter die Lupe nehmen", sagt Staude. Und natürlich aufs Profil achten. Die gesetzliche Mindesttiefe für Sommerreifen beträgt 1,6 Millimeter. Staude rät jedoch, die Reifen bereits ab zwei Millimeter Profiltiefe zu wechseln.
Vorbereiten:
Ein Studium der Betriebsanleitung sollte am Beginn jedes Reifenwechsels stehen. Dort steht beispielsweise, wo die Ansatzpunkte für den Wagenheber sind und wie fest die Radschrauben angezogen werden müssen.
Sichern:
Vor dem Anheben muss das Fahrzeug ordentlich gesichert werden. Das Auto zum Reifenwechsel auf eine ebene Abstellfläche stellen, den ersten Gang oder Parksperre einlegen und die Handbremse anziehen. Unterlegkeile an einem anderen als dem zu wechselnden Rad bringen zusätzliche Sicherheit. Achtung: Gang einlegen alleine reicht nicht aus!
Lockern:
Radmuttern oder Radbolzen müssen gelöst werden, solange das Auto noch auf den Rädern steht. Die Schrauben dazu etwa eine Umdrehung lösen, so der Tipp von TÜV SÜD. Dann den Wagen anheben und die Radmuttern ganz herausschrauben. Dabei das Rad fixieren und vorsichtig abnehmen, damit keine Beschädigungen entstehen, beispielsweise an den Bremsscheiben.
Anheben:
Serienmäßige Wagenheber sind - an der richtigen Stelle angesetzt - ausreichend für den Radwechsel. Hinweis der TÜV SÜD-Profis: Unbedingt die korrekte Befestigung und den sicheren Stand vor dem Hochkurbeln sorgfältig überprüfen. Ebenfalls wichtig: Das Fahrzeug muss für jedes Rad neu angehoben werden. Hier sollte man sich nicht von vermeintlicher Zeitersparnis locken lassen: Mit zwei Rädern in der Luft steht das Fahrzeug nicht sicher.
Reinigen:
Wo Felge und Nabe zusammenkommen, muss es absolut sauber sein. Dazu Anlagefläche an der Innenseite des neuen Rads und die Nabe mit einer harten Bürste und einem Tuch reinigen. Nur saubere Anlageflächen gewährleisten sicheres und korrektes Festschrauben! Wichtig in diesem Zusammenhang: Kein Fett verwenden. Das hat an Reifen und Bremsen nichts zu suchen! Fett auf den Bremsen und nicht richtig sitzende Reifen können schwere Unfälle verursachen.
Anziehen:
Die Radmuttern oder bolzen vor dem Absenken nur handfest anziehen! Achtung: Sommerräder haben manchmal andere Radbolzen. Nur solche verwenden, die für die Räder vorgesehen sind. Steht das Auto fest auf den Sommerreifen, müssen die Schrauben über Kreuz fest angezogen werden - aber nicht mit zu viel Kraft. Dies ist besonders bei Leichtmetallfelgen wichtig, die sonst Schäden davon tragen können. Außerdem können Befestigungsbolzen reißen oder die Felge kann beschädigt werden, wenn sie "so stark wie möglich", vielleicht sogar mit einem verlängerten Schlüssel, angezogen werden. Die Experten von TÜV SÜD empfehlen, unbedingt einen Drehmomentschlüssel zum endgültigen Anziehen zu verwenden. Natürlich muss er auf den korrekten Wert eingestellt sein - den vorm Wechsel der Betriebsanleitung entnehmen.
Überprüfen:
Unbedingt nötig ist die zweite Kontrolle der Radmuttern nach 50 bis 100 Kilometern Fahrt. Steht gleich nach dem Wechsel auf die neuen Pneus eine längere Fahrt an: Den Drehmomentschlüssel mitnehmen und auf einem Parkplatz oder einer Raststätte die Muttern nachziehen.
Markieren:
Damit die Winterreifen im Herbst wieder an der richtigen Stelle landen, die Pneus beschriften. Wer die Position des abmontierten Rads auf die Innenseite schreibt, ist nicht mit sichtbaren Markierungen unterwegs. Wohin am besten mit den Winterreifen? Sie haben es gern kühl und trocken. Am besten liegend lagern.
Messen:
Die erste Fahrt mit den neuen Reifen geht zur nächstgelegenen Tankstelle, um den Reifen den richtigen Druck zu verpassen. Dabei auf die Herstellerangaben achten. Vorsicht: Sommer und Winterreifen brauchen oft andere Drücke. Sollte während der Fahrt das Lenkrad vibrieren, muss in der Fachwerkstatt ausgewuchtet werden.
Losfahren:
Sind die neuen Reifen montiert, steht einer sofortigen Ausfahrt übrigens nichts im Wege: "Neue Sommerreifen sind im Prinzip sofort voll einsatzfähig", sagt Staude. Ein längeres Einfahren sei nicht nötig. Zwar kann sich produktionsbedingt noch Trennmittel auf einem neuen Reifen befinden. Staude: "Das kann die Fahreigenschaften auf den ersten Metern beeinträchtigen. Diese Schicht ist üblicherweise spätestens nach zehn Kilometern weg", so Staude. Auch die Austriebe auf der Lauffläche haben meist keinen signifikanten Einfluss auf die Sicherheit. Die Gummihärchen, die bei der Produktion in den Entlüftungen der Form entstehen, können nur unter extremen Testbedingungen die Bremswirkung minimal verschlechtern.
Rechnen:
Runtergefahrene Winterreifen jetzt noch ein paar Monate fahren und dann erst die Sommerreifen aufziehen, um Geld zu sparen? Keine gute Idee, sagen die TÜV SÜD-Fachleute: Sommer- wie Winterreifen sind genau auf die jahreszeitspezifischen Anforderungen zugeschnitten. Winterreifen bieten im Sommer nicht genug Grip. Die Gummimischung ist bei Temperaturen oberhalb sieben Grad plus zu weich - der Bremsweg verlängert sich. Zudem sind Winterreifen im Sommer nicht nur in puncto Sicherheit schlechter, sie schaden auch der Umwelt und dem Budget: Winterreifen - auch runtergefahrene - brauchen im Sommer mehr Sprit: bis zu einem halben Liter auf hundert Kilometern. Abwarten rechnet sich also nicht. Spätestens Ende April wechseln, lautet die TÜV SÜD-Empfehlung.
Weitere Informationen für Autofahrer gibt es unter www.tuev-sued.de