Dass Lindner, Präsident der Bundespolizeidirektion 11 / Spezialkräfte Bundespolizei und zuvor langjähriger Kommandeur der Bundespolizei-Eliteeinheit „Grenzschutzgruppe 9“ (GSG 9), einmal wichtige Positionen innehaben würde, hatte sich früh in seinem Leben abgezeichnet: „Ich habe schon immer gerne Verantwortung übernommen“, erinnert er sich bei der TUM. So ließ er sich als Jugendlicher zum Klassensprecher wählen und betrieb Leistungssport Rudern als Schlagmann. Da war das ursprüngliche Karriereziel eine logische Konsequenz: „Es lag auf der Hand, dass ich Offizier werden wollte.“
Der Charakter entscheidet
So verpflichtete sich Lindner im Anschluss an den Wehrdienst für zwei Jahre bei der Bundeswehr. Doch schon bald zeigte sich: „Die Herausforderungen, die mir die Bundeswehr angeboten hat, waren damals nicht ausreichend.“ Auf der Suche nach einer neuen Aufgabe schloss sich Lindner dem damaligen Bundesgrenzschutz an, sein Ziel war die GSG 9. Auf den Auswahlprozess bei der Spezialeinheit zur Bekämpfung von Organisierter Kriminalität und Terrorismus bereitete er sich neben seinem Studium für den Polizeivollzugsdienst vor.
Wie das Auswahlverfahren ablief? Eine Woche lang wurden die Bewerber in zahlreichen Multiple Choice Tests, Einzel- und Gruppenaufgaben sowie Belastungstests stark gefordert. Möglichen Erwartungen der anwesenden Studierenden des Bildungscampus Heilbronn, dass es bei der Polizei vor allem auf körperliche Fitness ankomme, tritt Lindner gleich entgegen: „Eine starke Physis ist zwar Grundvoraussetzung, aber wir schauen zunächst mal auf den Charakter.“ Intellekt, Teamfähigkeit und Authentizität seien entscheidende Qualitäten. Vor allem aber psychische Resilienz, denn der wahre Charakter eines Menschen zeige sich in Krisensituationen.
In Krisenlagen stets präsent
Auf den erfolgreich absolvierten Auswahlprozess folgten „zehn Monate knüppelharte Ausbildung, bei der alle Faktoren in unterschiedlichster Form geprüft wurden“. Lindner meisterte auch diese Herausforderungen sowie die sechsmonatige Probezeit. Sein anschließendes Berufsleben bei der GSG 9 verlief alles andere als monoton: „Kein Tag war wie der andere, wir mussten jederzeit einsatzbereit sein.“ So wurden zahlreiche Einsätze erfolgreich bewältigt.
Wie er mit dem enormen psychischen Druck umgeht? Man müsse seine innere Ruhe bewahren, sagt Lindner. Auch ein gesundes Maß an Demut und Respekt vor der Aufgabe und den beteiligten Personen sei angebracht. Und eine hohe Gewissenhaftigkeit: „Es ist wichtig, dass Sie sich auf jeden Einsatz neu vorbereiten und im Vorfeld immer eine exakte Analyse und Planung durchführen.“
Vertrauen entsteht durch Kommunikation
Lindner zeigt sich in Heilbronn als überzeugter Teamplayer. Genau das versuche er als Führungskraft umzusetzen: „Es ist wichtig, dass das Team zusammenwächst. Das Allerwichtigste ist es, einander zu vertrauen, da man sich gegenseitig das Leben anvertraut.“ Wie aber kann Vertrauen entstehen? Vor allem durch stetigen Austausch und gezieltes Teambuilding, sagt Lindner.
Die vielen Fragen der Studierenden – sowohl bei der folgenden Fragerunde als auch im Anschluss an die Veranstaltung – beantwortet Lindner so offen wie möglich. Er nennt seine Eltern, Großeltern sowie GSG 9-Gründungskommandeur Ulrich Wegener als große Vorbilder, definiert den idealen Führungsstil als authentisch, flexibel und sieht es als seine Pflicht, Aufträgen auch zu widersprechen, wenn er es für angemessen erachte. Die Studierenden schießen zahlreiche Erinnerungsfotos mit ihm und können vielleicht künftig ruhiger schlafen – in der Gewissheit, dass ihre Sicherheit in den Händen solch besonnener Persönlichkeiten liegt.