- Kapitalmärkte 2025 im Spagat zwischen positiven Fundamentaldaten und politischer Unsicherheit
- Weltwirtschaft wächst weiter moderat, Inflation ist kaum noch rückläufig
- Geldpolitik mit moderaten Zinssenkungen
- Aktien bleiben favorisierte Anlageklasse
Moderates Wachstum der Weltwirtschaft – trotz Trump
Mit Blick auf die globale Konjunktur rechnet Engels für 2025 mit einem moderatem Wirtschaftswachstum. „Die USA bleiben die Lokomotive der Weltwirtschaft – trotz Trump“, fasst er zusammen. Hier zeigen sich die Effekte der staatlichen Förderprogramme der vergangenen Jahre, denn die Reindustrialisierung ist in vollem Gange und die Investitionstätigkeit nimmt zu. Allerdings dürfte der Kurs des designierten US-Präsidenten das Wachstum etwas dämpfen. „Der Trump’sche Politikmix aus restriktiver Einwanderungspolitik, schärferer handelspolitischer Gangart und höherer Verschuldung wirkt inflationsfördernd und eher wachstumsdämpfend“, analysiert Engels. „Zentral wird dabei die Abfolge der Maßnahmen sein, denn nicht alle Pläne werden gleichzeitig umgesetzt oder schlagen sich unmittelbar in der Wirtschaft nieder. Je länger die Präsidentschaft dauert, umso stärker die Folgen für Wachstum und Inflation.“ Für das erste Halbjahr rechnet Engels kaum mit Effekten auf die US-Konjunktur. Insgesamt geht der promovierte Volkswirt von einer Zunahme der Wirtschaftsleistung um 1,7 Prozent im nächsten Jahr aus, gefolgt von 1,4 Prozent 2026. Hätte die Demokratin Kamala Harris die Wahl gewonnen, so Engels, wäre die Prognose wohl höher ausgefallen.
Die Politik der neuen US-Regierung wird auch in Europa nicht ohne Folgen bleiben. Dies trifft insbesondere für die deutsche Volkswirtschaft zu. „Für Deutschland steht in den kommenden Jahren durch die Wiederwahl Trumps die Handels- und Sicherheitspolitik unter neuen Vorzeichen“, sagt Engels. „Die Exportindustrie wird sich auf neue Hürden und Schwierigkeiten einstellen müssen.“ Diese Entwicklung trifft das Land in einer Phase, in der das bisherige Geschäftsmodell ohnehin unter Druck steht. „Die Produktivität der deutschen Wirtschaft sinkt weiter und die Wachstumsdynamik wird absehbar schwach bleiben“, warnt er. „Es fehlt vor allem an Investitionen. Und zwar nicht nur von Unternehmen, sondern auch von öffentlicher Seite“, sagt er und verweist auf den gewaltigen Investitionsstau bei der öffentlichen Infrastruktur. „Konjunkturpolitik ist in der aktuellen Phase zwar wichtig, greift aber zu kurz. Es braucht dringend auch eine angebotsorientierte und damit standortorientierte Politik, um den zentralen Wettbewerbsnachteil exorbitant hoher Energiekosten kompensieren zu helfen.“
Immerhin: Mit Blick auf das Jahr 2025 geht Engels von einer Stabilisierung der Konjunktur aus. „Die gestiegenen Reallöhne dürften auf Sicht das Wachstum stützen. Auch in den übrigen Kernländern des Euroraums bleibt die Konjunktur überwiegend schwach, während es in der Peripherie besser läuft. Wir haben es 2025 also mit einem Europa der zwei Geschwindigkeiten zu tun“, prognostiziert er. Konkret rechnet Engels daher mit einem Wachstum von 0,2 Prozent in Deutschland (2026: 0,2 Prozent), während in der Eurozone 0,7 Prozent (2026: 0,7 Prozent) erreichbar sein dürften.
Phase der rückläufigen Inflation läuft aus
Keine weitere Entspannung, aber auch keine erneute Verschärfung erwartet Engels bei der Inflation. „Die Teuerung wird kaum noch sinken, aber auch nicht erneut anspringen“, meint er. In den USA rechnet er für 2025 mit einer Inflation von 2,6 Prozent und damit einem Verharren oberhalb der Zielmarke der US-Notenbank Fed. „Höhere Importzölle und eine restriktivere Einwanderungspolitik durch die neue US-Regierung dürften ab der zweiten Jahreshälfte nach und nach inflationstreibend wirken.“ Im Euroraum sieht Engels hingegen angesichts der schwachen Konjunktur die Inflation auf 2,1 Prozent und damit nahe die Zweiprozent-Schwelle fallen.
Geldpolitik mit moderaten Zinssenkungen
Den wichtigsten Notenbanken öffnet sich damit weiterer Spielraum für Leitzinssenkungen. „Auf dem aktuellen Niveau wirkt die Geldpolitik immer noch restriktiv“, gibt Engels zu bedenken. „Mit der Beruhigung bei der Inflation können die Zentralbanken aber 2025 einen etwas lockereren Kurs fahren.“ Er geht von weiteren Leitzinssenkungen der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) um insgesamt 75 Basispunkte bis zur Jahresmitte aus. „Danach wird die Fed auf Sicht fahren“, glaubt Engels. Wichtig wird dabei seiner Ansicht nach sein, welche Effekte aus der Trump’schen Wirtschaftspolitik zuerst wirksam werden. „Ein Teil der geplanten Maßnahmen wirkt wachstumshemmend (z.B. die Migrationspolitik) und inflationshemmend (z.B. die energiepolitischen Vorhaben), ein anderer inflationsfördernd (wie etwa Zölle). Je nach Timing und Tempo der einzelnen Maßnahmen werden Inflation oder Wachstum die Agenda der Fed – und damit ihren Kurs – bestimmen.“ Im Euroraum dominiert hingegen die Wachstumsschwäche klar das Vorgehen der Europäischen Zentralbank (EZB). „Wir rechnen mit fünf Leitzinssenkungen der EZB im Jahr 2025“, prognostiziert Engels.
Unternehmensanleihen vor Staatspapieren
Die Verschiebungen der (wirtschafts-)politischen Rahmenbedingungen verändern auch die Perspektiven für einzelne Anlageklassen. Bei Staatsanleihen dürfte beispielsweise die steigende Staatsverschuldung in den USA auf längere Sicht renditetreibend wirken, vor allem bei längeren Laufzeiten. „Dieser Effekt wird schleichend einsetzen und möglicherweise 2025 nur wenig spürbar sein – aber er kommt“, ist Engels überzeugt. Auch das Ende des Inflationsrückgangs dürfte in diese Richtung wirken. Gleichzeitig unterstützt die nachlassende Wachstumsdynamik den Rentenmarkt. „Wir rechnen mit leicht steigenden Renditen am langen Ende der Zinsstrukturkurve, während am kurzen Ende Rückgänge wahrscheinlich sind. Insgesamt wird die Zinsstrukturkurve dadurch etwas steiler, sowohl in den USA als auch in Europa“, konkretisiert der Kapitalmarktexperte. „Kassehaltung wird damit unattraktiver.“
Bei den vielbeachteten Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit geht Engels von leichten Renditeanstiegen auf 4,5 Prozent bei US-Papieren und 2,5 Prozent bei ihren deutschen Pendants aus. „Das Zinsniveau steigt also in Summe speziell für längere Laufzeiten moderat an, und sichere Staatsanleihen werden isoliert die Renditeziele vieler Investoren nicht liefern können.“ Er rät daher zu einem Blick auf Anleihen mit Renditeaufschlag. „Vor allem Unternehmensanleihen von soliden Schuldnern bleiben attraktiv.“
Aktien weiter favorisierte Anlageklasse
Größere Chancen sieht der Kapitalmarktstratege bei Aktien. „Die Weltwirtschaft wächst moderat, die Leitzinsen sinken graduell und die Unternehmensgewinne dürften weiter moderat steigen. Dieser Mix ist gut für Aktien“, sagt Engels. Er rechnet auf Indexebene mit einem zweistelligen Zuwachs bei den Gewinnen, was ein solides Fundament für weitere Kurssteigerungen bildet. „Im Vergleich zu den Vorjahren rechnen wir mit einer Verbreiterung der Gewinnanstiege auf mehr Sektoren und Unternehmen. Die Börse wird daher nicht mehr nur von den „Glorreichen Sieben“, sondern zunehmend von der gesamten Unternehmenslandschaft getragen.“ In der Kombination mit etwas sinkenden Bewertungen hält Engels ein mittleres einstelliges Kursplus bei globalen Aktien für realistisch. „Die Einzeltitelauswahl rückt als zentraler Erfolgsfaktor auf der Aktienseite unter einer erneuten Trump-Legislatur noch mehr in den Fokus als bisher.“
Rohstoffe als wichtiger Diversifikator in einer unsicheren Welt
Die Bedeutung von Rohstoffen dürfte im nächsten Jahr nach Einschätzung von Engels zunehmen. „Zwei strukturelle Vorteile sprechen aus Depotsicht für eine Beimischung von Rohstoffen: der Diversifikationseffekt und mittelfristig die grüne Transformation.“ In Anbetracht der unsicheren Weltlage sollten vor allem Edelmetalle – und insbesondere Gold – eine stabilisierende Wirkung in einem diversifizierten Portfolio entwickeln können. „Gold ist zwar aus Bewertungssicht teuer, aber eine gute Risikoversicherung und profitiert außerdem von höheren Fiskaldefiziten.“ Auch bei Industriemetallen ist er optimistisch, da perspektivisch der Bedarf zur Dekarbonisierung der Wirtschaft und die zyklische Stabilisierung der chinesischen Volkswirtschaft die Nachfrage stützen. „Langfristig bleiben Industriemetalle unser Favorit im Rohstoffsektor“, meint Engels. Weniger zuversichtlich ist er bei Energie. Vor allem den Ölpreis sieht er angesichts schwacher Fundamentaldaten unter Druck, wobei geopolitische Verschärfungen immer wieder zu Preisspitzen führen dürften. „Wir sehen den Preis je Fass Öl der Sorte Brent in einer Spanne zwischen 70 und 85 US-Dollar im Jahr 2025. Das spricht eher für taktisches Investieren als für eine strategische Positionierung.“
Balanceakt mit positiven Aussichten
In Summe schätzt Engels die Perspektiven an den Kapitalmärkten als aussichtsreich ein. „Nach einem fulminanten Kapitalmarktjahr 2024 stehen die Chancen gut, dass auch 2025 solide Erträge verspricht. Aber die Zuwächse an den Börsen werden wohl niedriger als in 2024 ausfallen, und die Schwankungsanfälligkeit dürfte steigen.“ Als Grund dafür nennt er insbesondere die geopolitische Gesamtlage. „Die Situation im Nahen Osten und Osteuropa, die neue US-Regierung und die politische Unsicherheit in Kern-Europa haben das Potenzial, die Märkte immer wieder vorübergehend in Aufruhr zu versetzen.“ Daher empfiehlt er Investoren ein bedachtes, wachsames Vorgehen. Dem stehen aber Unterstützungsfaktoren wie das Wachstum der Weltwirtschaft und die sinkenden Leitzinsen gegenüber. „Geldanlage 2025 gleicht mehr denn je einem Balanceakt zwischen Risikominimierung und Renditeorientierung. Dieser Spagat dürfte sich aber lohnen, denn die Chancen überwiegen“, ist er überzeugt.