Die Bewältigung der Polykrise ist sicher keine Leichtigkeit. Die aufgrund der Inflation zurückgegangene Verbrauchernachfrage und die Rohstoffknappheit in der Lieferkette trieben die Kosten in die Höhe, was in Kombination mit der angespannten geopolitischen Lage dazu geführt hat, dass sich Kunden bei Investitionen zurückhalten. Wirft man außerdem noch KI und Automatisierungstools in den Mix, drängt sich der Verdacht auf, dass die Tage von Consultingfirmen gezählt zu sein scheinen.
Größere Consultingfirmen, die während der Pandemie aufgrund des enormen Transformationsbedarfs ihre Belegschaft erhöht haben, verfügen auf dem Papier über mehr Ressourcen, um die bevorstehenden wirtschaftlichen Herausforderungen zu meistern. Denn sie können sich ihren Kunden als One-Stop-Shop präsentieren, der eine Vielzahl von Dienstleistungen anbietet.
Aber wollen Kunden das überhaupt? Die wohl offensichtliche Antwort der Experten lautet: „Das kommt ganz darauf an.“ Nämlich auf den Kunden, die Branche, das Expertenwissen und die Erfahrung. Sicher ist jedoch, dass sich Kunden eine spezifischere und spezialisiertere Unterstützung wünschen, als bloß eine allgemeine Beratung. Universallösungen sind längst überholt. Spezialisierte Consultingfirmen müssen nun aber smart vorgehen und Fachkräfte mit den erforderlichen Kompetenzen einstellen, damit sie sich von der Menge abheben können. Jene kleineren Consultingbüros, die über eine Belegschaft mit relevanten Branchenkenntnissen und Kompetenzen verfügen, werden ihren Kunden letztlich den größten Mehrwert bieten und sich einen Platz in Nischensektoren sichern.
Für die kleineren und mittleren Dienstleistungsunternehmen tun sich lukrative Marktchancen auf, die diese ergreifen können, sofern sie ein einzigartiges Serviceangebot bieten. Aber sie müssen schneller als die Konkurrenz sein, wofür es auf die richtigen Ressourcen ankommen wird. Denn für sie steht mehr auf dem Spiel. Denn während größere Unternehmen wirtschaftlich schwächere Zeiten durch Personalabbau überstehen können, sind kleinere Unternehmen zum Überleben auf jedes Projekt angewiesen.
Spezialisiert, aber mit globalem Blick
Wer erfolgreich sein will, muss, was das Management von Kunden UND Projekten betrifft, kreativ sein. Selbst eine „kleine“ Consultingfirma kann sich international einen Namen machen. Wie? Durch spezielle Fachkenntnisse. Die wahre Herausforderung besteht dann in der eigentlichen Umsetzung von Projekten in verschiedenen Ländern über mehrere Standorte hinweg. Dafür kommt es auf eine optimierte, agile Arbeitsweise an, damit Unternehmen schnell auf Kundenbedürfnisse reagieren können. Spezialisiert und global aktiv zugleich, ist das überhaupt möglich?
Expertise muss schnell zugänglich sein, sei es innerhalb des Unternehmens oder in Form externer Mitarbeitenden, die Sie dort engagieren, wo das Projekt ausgeführt wird. Dafür müssen Sie einerseits die Fähigkeiten Ihrer Mitarbeitenden kennen und andererseits müssen Sie vorhersagen können, wie sich die künftige Nachfrage auf den Personalbedarf auswirken wird. Außerdem müssen Sie KI und Automatisierung effektiv einsetzen, damit Sie Projektressourcen optimieren und dafür sorgen können, dass sich die richtigen Mitarbeitenden zur richtigen Zeit am richtigen Ort befinden. Denn schließlich wird es darauf ankommen, dass Projekte pünktlich und im Rahmen des Budgets fertiggestellt werden. Kleineren Unternehmen fehlt es in der Regel an Ressourcen für Planung und Strategiefestlegung, um künftige Marktchancen zu nutzen. Sie sind daher auf akkurate Echtzeit-Analysen angewiesen, um flexibel auf die Kundennachfrage reagieren zu können.
Daher ist es unerlässlich, dass kleinere Unternehmen bei der Projektauswahl mit Sorgfalt vorgehen. Sie dürfen nur Projekte annehmen, die sie fertigstellen können. Denn nur so werden sie eine enge Beziehung zu Kunden aufbauen. Bei großen Projekten mit komplexen Personalanforderungen ist Vorsicht geboten. Große Projekte setzen ein ausführliches Verständnis der Fähigkeiten innerhalb des Unternehmens voraus, um den Bedürfnissen von Kunden gerecht zu werden. Über welche Branchenerfahrungen verfügen die Mitarbeitenden in dem Unternehmen? Wenn es sich um ein Change-Management-Projekt handelt, ist es auch wichtig, den menschlichen Aspekt, die erforderliche Änderung von Prozessen und die Technologie zu berücksichtigen, die notwendig ist, um die Änderung erfolgreich zu gestalten.
Hier kommt Technologie ins Spiel. Denn sie kann die nötige Infrastruktur bieten, um es den mittelgroßen Unternehmen zu ermöglichen, die richtigen Prozesse und Richtlinien zu entwickeln. Bildet eine dynamische IT-Infrastruktur die Grundlage Ihres Unternehmens, können sie Ihre Arbeitsabläufe optimieren und sich zugleich durch Ihre Spezialkenntnisse einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, weil Sie weltweit Projekte annehmen und ausführen können, für die Ihre speziellen Kompetenzen gefragt sind.
Um sich ein solides Fundament aufzubauen, gibt es einige Voraussetzungen:
- Eine zentrale Sicht auf alle Daten: Für Ihr Projektmanagement, die Ressourcenauslastung und das Pipeline-Management ist es absolut erforderlich, dass Sie über eine Single Source of Truth verfügen. Denn ohne diese Einblicke können Sie keine akkuraten Entscheidungen treffen.
- Datenkompatibilität: Unternehmen bewahren allmögliche Arten von Daten auf. Wenn Ihre Systeme diese Daten jedoch nicht lesen können, können Sie sich keinen vollständigen und akkuraten Überblick über die Performance Ihres Unternehmens verschaffen.
- Interoperabilität von Anwendungen: Für etablierte Unternehmen mit On-Premise-Anwendungen ist dies schwieriger, in die Tat umzusetzen, als für jüngere Unternehmen mit einem Digital-First-Ansatz, die alles von Grund auf in der Cloud einrichten können. Es ist jedoch wichtig, dass alle Anwendungen miteinander kompatibel sind, was mit Open APIs möglich ist.
Cloud – so lautet die Antwort auf die Frage, wie Sie Ihre Ziele erreichen. Wichtige Anwendungen in die Cloud zu verlagern, ist keine Leichtigkeit, ist aber notwendig, um Agilität und Reaktionsfähigkeit zu erlangen. Dies erfordert die sorgfältige Planung und Änderung von wichtigen Prozessen im Bereich HR, Rechnungswesen und Projektmanagement. Das Hauptziel besteht letztlich darin, eine schlankere, agilere IT-Infrastruktur aufzubauen, mit der Ihr Unternehmen schnell auf sich ändernde Kundenanforderungen reagieren kann, wodurch Sie sich im Wettbewerb gegenüber größeren Firmen behaupten können, die keine einzigartigen Spezialkenntnisse anbieten können.
Diese Flexibilität ist für mittelständische Consultingfirmen von entscheidender Bedeutung, wenn sie überleben und wachsen wollen, insbesondere wenn niemand so genau vorhersagen kann, was die Zukunft bereithält. Wenn Sie einen Consultant auffordern, die Zukunft vorherzusagen, lautet die Antwort in der Regel: „Wir wissen nicht, was wir nicht wissen.“
Vor knapp einem Jahr ist die generative KI im Mainstream angekommen. Welche Auswirkungen andere Technologien haben werden, ist noch unklar. Die Aussichten sind jedoch spannend. Stellen Sie sich nur mal vor, wie eine Consultingfirma einen ChatGPT Buddy einrichtet, der Strategien analysiert und festlegt, womit Kunden und Consultants Herausforderungen überwinden können. Um diese Technologien jedoch effektiv nutzen zu können, ist eine agile IT-Infrastruktur erforderlich, in die sich neue Technologien problemlos integrieren lassen.
Können die kleineren Consultingfirmen mit den größeren mithalten? Definitiv – vorausgesetzt, sie verfügen über die richtige IT-Infrastruktur und Technologien der nächsten Generation, damit sie ihren Wettbewerbsvorteil – ihre Spezialkenntnisse – voll ausschöpfen können. Gelingt diesen kleineren Consultingbüros dieser Balanceakt, können sie sich Kunden als vertrauenswürdiger Partner präsentieren, den die größeren Consultingfirmen nur schlecht in den Schatten stellen können. Angesichts der anstehenden Marktstörungen sollten kleinere Consultingbüros nun ihre Chance nutzen und sich gegenüber den großen Consultingfirmen durchsetzen.
Über Bryce Wolf, Senior Manager, Industry Solutions, Unit4
Bryce Wolf ist als Senior Manager of Industry Solutions für die strategischen Branchen für die Umsetzung der Produktstrategie von Unit4 und die Bereitstellung der Industry Models für Dienstleistungsunternehmen und MESH verantwortlich. Dafür arbeitet er eng mit Product Directors zusammen, um Dienstleistungsunternehmen eine durchgängige Lösung zu bieten. Als Berater bei Oracle+NetSuite, JDA Software, FinancialForce und Managementberatungsfirmen konnte er Erfahrung im Bereich Produktstrategie sammeln, bevor er 2021 zu Unit4 kam.