Bei der Auswahl und Auslegung des Systems wurde insbesondere auf eine ganzheitliche Betrachtung des Warenstroms von der Artikelpalette im Wareneingang des Logistikzentrums bis hin zur Regalbefüllung in den SB-Märkten Wert gelegt.
Im Lebensmittelbereich wird standardmäßig manuell von der Artikelpalette auf eine Kundenpalette kommissioniert. Bei großvolumigen Artikeln und teilweise schlechter Kolli-Qualität ist das eine sehr effektive und wirtschaftliche Art der Kommissionierung. Leistungssteigerungen werden hier hauptsächlich durch intelligente Artikelbereitstellungen und optimierte Pick-by-Voice-Systeme erzielt.
In den vergangenen Jahren jedoch haben die Artikelvielfalt und auch der Anteil an kleinvolumigen Artikeln bei nahezu gleichem Umsatz extrem zugenommen. Gleichzeitig hat sich die Qualität der Umverpackung der Kolli erheblich verschlechtert. Da diese Tendenz sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft weiter fortsetzen wird, musste eine wirtschaftliche Kommissioniermethode mit ergonomisch gestalteten Arbeitsplätzen gefunden werden. Hierfür hat Vanderlande Industries in enger Zusammenarbeit mit dem Endkunden eine wegweisende Lösung ausgearbeitet. Die optimale Lösung in diesem Fall ist eine Kombination aus Paletten- und Behältersystem mit anschließendem Marktbehältersystem.
Die Herausforderung und ihre Lösung
Eines der Ziele dieses Projektes war es, bis zu 8.000 unterschiedliche Artikel aus 16 Familiengruppen auf einer Hallenfläche von ca. 7.500 m² zu lagern und zu kommissionieren, ohne dabei auf die Bereitstellflächen vor den Toren im Warenein- und Warenausgang verzichten zu müssen.
Dem eigentlichen Kommissioniersystem ist ein automatisches Palettenlager als Nachschublager vorgeschaltet. Avisierte Ware wird im Wareneingang auf der Fläche erfasst. Artikelreine Paletten werden gelabelt und auf die Fördertechnik aufgegeben. Die aufgegebenen Paletten werden nach Länge, Breite, Höhe und Gewicht geprüft und für die optimale Einlagerung drei Höhengruppen zugeordnet. Paletten, die den Vorgaben nicht entsprechen (NiO), werden auf einer NiO-Bahn ausgeschleust.
Im Anschluss an die Dimensionsprüfung können die Paletten in das zweigassige Palettenlager mit 2.052 Stellplätzen eingelagert werden. Für Waren, die auf nicht förderfähigen Paletten angeliefert werden, ist alternativ dazu ein direkter Transport zu einem manuellen Umpackplatz vorgesehen.
Abgesehen von diesem Sonderumpackplatz sind die sechs installierten Umpackplätze, die auf einer Bühne installiert sind, mit jeweils 2 Palettenliften ausgestattet. Diese werden bedarfsgerecht mit mittels Querverfahrwagen mit Paletten versorgt. Mit Hilfe der Lifte werden die Paletten durch einen Schacht auf Bühnenniveau angehoben. Auf der Bühne entnehmen die Mitarbeiter in ergonomisch günstiger Höhe eine vorgegebene Anzahl von Kolli von den Paletten und legen diese artikelrein in Behälter. Mit Tastern kann der Mitarbeiter die Palette in die für ihn optimale Höhe positionieren. Auf diese Weise können auch Paletten mit einer maximalen Höhe von bis zu 2.100 mm problemlos entstapelt werden. Teilentnahmen von den Paletten sind an diesem Arbeitsplatz auch möglich. Anbruchpaletten werden in das Palettenlager zurückgefahren, Leerpaletten werden zu zwei Leerpalettenstaplern transportiert. Der Umpackvorgang der Artikel in die Behälter wird von SAP vorgegeben und durch Tara- und Bruttowiegung des Lagerbehälters im Hintergrund gebucht. Somit muss der Mitarbeiter am Arbeitsplatz keine Buchungen im Dialog mit dem SAP-System vornehmen. Der Behälter dient nur der Artikellagerung und kreist im Inhouse-System. Bei der Entstapelung anfallende Verpackungsreste und Ladungssicherungen werden von den Mitarbeitern auf zwei getrennte Müllbänder für Kunststoffe und Papier entsorgt und automatisch in Pressen transportiert.
Die Behälterkommissionierung
Nach vollständiger Befüllung der Behälter werden diese in ein 20-gassiges Behälterlager eingelagert. Von dort aus werden die Artikelbehälter auftragsbezogen abgerufen und zu 12 Kommissionierarbeitsplätzen gefahren. Vor jedem dieser einzelnen Kommissionierarbeitsplätze sind jeweils 2 Turmspeicher mit 2 x 30 Stellplätzen installiert. Diese Turmspeicher dienen der Zwischenpufferung und Sequenzbildung. Dabei werden zunächst bis zu 16 Familiengruppen und anschließend nach den Gewichtskriterien "schwer vor leicht" sortiert.
Die Kommissionierleistung an den Arbeitsplätzen beträgt mehr als 320 Kolli pro Stunde. Der Kunde realisiert eine Kommissionierung in so genannte Marktbehälter mit den Abmaßen 800 x 600 x 680 mm. Diese haben zum einen den Vorteil eines wesentlich höheren Füllgrades. Andererseits können im LKW insgesamt drei Marktbehälter übereinander gestapelt werden. Zwei Marktbehälterstapel ergeben die Grundfläche einer Europalette, so dass der Frachtraum wesentlich effizienter genutzt werden kann. Ein weiterer Vorteil ist, dass das Handling für die Mitarbeiter in den Filialen erheblich einfacher ist.
Hoher Wert ist auf die Gestaltung des Kommissionierarbeitsplatzes gelegt worden. Die Lagerbehälter werden in sequenzgenauer Reihenfolge dem Kommissionierplatz zugeführt. Wie die Paletten am Umpackplatz werden dem Mitarbeiter die Marktbehälter mit zwei Liften angedient. Der Mitarbeiter bekommt die zu entnehmende Kolli-Anzahl im SAP-Dialog angezeigt und legt diese in den vorgesehenen Marktbehälter. Auch dieser Vorgang wird systemtechnisch durch ein Wägesystem im Hintergrund im SAP-System gebucht. Zur optimalen Beladung der Marktbehälter ist noch eine Zwischenablage vorgesehen. Hierdurch sind eine gute Raumausnutzung bei produktschonendem Handling sowie eine hohe Kommissionierleistung gegeben. Bei der Kommissionierung anfallende Leerbehälter werden über einen zentralen Leerbehälterpuffer zurück zu den Umpackplätzen im Wareneingang transportiert.
Der Marktbehältertransport
Von den SB-Märkten zurückkommende Marktbehälter werden als Stapel von Gabelstaplern auf die Fördertechnik aufgegeben. Unter der Kommissionierbühne befindet sich ein zentraler Puffer für leere Marktbehälter. Von diesen Pufferstrecken werden die Marktbehälter bedarfsgerecht zu Entstaplern gefahren und anschließend zwei Querverfahrwagen übergeben. Diese Querverfahrwagen sind mit je zwei Teleskopgabeln ausgestattet. Die leeren Marktbehälter werden in Liftschächte aufgegeben und zur Befüllung angehoben. Im Doppelspiel werden gleichzeitig volle Marktbehälter abgezogen.
Die leeren Marktbehälter werden den Mitarbeitern in ergonomisch optimierter Höhe bereitgestellt. Nach erfolgter Befüllung durch die Kommissionierer werden die Marktbehälter abgesenkt und der anschließenden Fördertechnik übergeben. Hier werden sie gelabelt und in den Marktbehälterpuffer eingelagert. Dieser Puffer ist den Kommissionierplätzen nachgeschaltet. Er dient sowohl der Zwischenpufferung als auch der Sequenzbildung für den optimalen Gabelstaplerverkehr zu den Warenausgangstoren im Logistikzentrum. Das heißt, die Marktbehälter werden bedarfsgerecht zur richtigen Zeit und in der entsprechenden Reihenfolge ausgelagert und maximal als Dreierstapel und 4-er Zug für den Gabelstaplertransport zu den Bereitstellflächen vor den Warenausgangstoren bereitgestellt. In allen Hallenblöcken werden unterschiedliche Warengruppen parallel für die gleichen Aufträge gestartet, so dass die Warenausgangsfläche für eine Tour nur relativ kurz genutzt werden muss.
Der Kundennutzen
Das Gesamtsystem ist vom Endkunden als Ideenwettbewerb ausgeschrieben worden. In enger Zusammenarbeit mit der Logistikabteilung des Kunden sind so unterschiedliche Konzepte für die Lösung ausgearbeitet worden. Am Ende dieses Ideenwettbewerbes hat Vanderlande Industries die wirtschaftlichste Lösung gehabt und den Auftrag zur Realisierung erhalten.
Das System zeichnet sich durch eine sehr hohe Raumausnutzung aus. Durch die Kombination eines Palettenlagers als Nachschublager mit einem Behälterlager als Kommissionierblock ist eine hohe Lagerdichte mit hoher Zugriffsleistung kombiniert.
Das Behälterlager und die vorgeschalteten Arbeitsplätze sind in zwei Blöcke redundant aufgeteilt. Dadurch konnte die Systemsicherheit nochmals gesteigert werden. Dieser Lösungsansatz ist 1:1 auf die anschließende Marktbehältertechnik übertragen worden.
Durch die ergonomisch gestalteten Arbeitsplätze ist eine hohe Umpack- und Kommissionierleistung bei sehr geringem Bruch gegeben. Alle Handlingsprozesse am Arbeitsplatz sind im Vorfeld detailliert untersucht und optimiert worden.
Ein weiterer wesentlicher Gewinn für den Kunden ist die Reduktion der Transportkosten. Aufgrund der Kommissionierung in die Marktbehälter ist eine erheblich bessere Raumausnutzung der LKW, welche die Märkte beliefern, gegeben. Dadurch wird die Ware mit weniger LKW und produktschonender in die Märkte transportiert. In den Märkten werden die neuen Marktbehälter sehr gut angenommen. Für die Bestückung der Regale sind sie handlicher als Paletten und können für die Zwischenlagerung auch optimal genutzt werden.
Das Gesamtsystem ist in kurzer Zeit und noch vor Ablauf des vereinbarten Termins montiert und in Betrieb genommen worden. Die zugesagten Verfügbarkeits- und Leistungsdaten konnten schneller als vereinbart erreicht werden.
Aufgrund der partnerschaftlichen und erfolgreichen Zusammenarbeit während des gesamten Projektverlaufes ist von Beginn an eine positive Akzeptanz des Gesamtsystems in allen Bereichen erzielt worden.