„Mit dem erneuten Versuch einer Remonopolisierung kündigt die Telekom den Industriekonsens der Netzallianz auf und gefährdet zehntausende Arbeitsplätze“, kritisiert VATM-Präsident Martin Witt. „Der Weg hin zu einer Gigabit-Gesellschaft wird auf diese Weise massiv erschwert und es besteht die unmittelbare Gefahr langfristiger Schäden für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands.“
Das im Auftrag der BNetzA erstellte Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen der Bundesnetzagentur und der Deutschen Telekom, konkret in Gestalt eines sogenannten „hinkenden Austauschvertrages“, grundsätzlich möglich sei, weist aber auch auf bestehende Probleme und Bedenken hin. „Einen Freibrief für den von der Telekom gewünschten Deal sehen wir darin keinesfalls, im Gegenteil“, betont Grützner.
Für die rechtliche Konstruktion eines solchen „hinkenden Vertrages“ findet sich im Baurecht – anders als im Telekommunikationsrecht – eine ausdrückliche gesetzliche Regelung. Eine Übertragung auf die Regulierung in der Telekommunikation halten wir jedoch für rechtlich und regulatorisch unzulässig und für äußerst schädlich für die Marktentwicklung. Das Gutachten geht davon aus, dass im Vorfeld einer Regulierungsentscheidung diese vorab mit dem regulierten Unternehmen diskutiert werden muss, um die Bereitschaft zu vertraglichen Zusicherungen im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages auszuloten. Derartige Verhandlungen dürften dann wiederum keinerlei Einfluss auf die spätere Regulierungsentscheidung haben. Genau dies aber kann in der Praxis nicht funktionieren. „Mit der Konstruktion eines öffentlich-rechtlichen Vertrages parallel zu einem Regulierungsverfahren wird die BNetzA in eine äußerst schwierige Situation gebracht. Letztlich steht hier die Unabhängigkeit der Behörde auf dem Spiel“, so Witt.
Während Kommunen, die selbst ausbauen, rund 30 Jahre veranschlagen, bis sich die hohen Kosten für den Glasfaserausbau amortisiert haben, würde dies im HVt-Nahbereich, für den die Telekom ein Monopol beantragt hat, deutlich schneller gehen. In maximal zwei Jahren könnte die Telekom ihr Geld dort zurückverdienen. Zu diesem Ergebnis kommt die Analyse eines der renommiertesten Breitband-Berater Deutschlands, Kai Seim. „Ein erstklassiger Deal für die Telekom, aber äußerst schlecht für die Bürger, die Wirtschaft und den Wettbewerb“, fasst Grützner zusammen.
Auch TK-Experte Prof. Dr. Torsten J. Gerpott von der Universität Duisburg-Essen hatte in der Dienstagsausgabe des „Handelsblatts“ vor möglichen Folgen eines Vectoring-Exklusivausbaus der Telekom gewarnt. Es sei irrelevant, was die Telekom garantiere, vielmehr solle man sich die Frage stellen, wie viel diese Entscheidung an Investitionen vernichte. Die Wettbewerber tragen seit vielen Jahren mehr als die Hälfte der Investitionen.
Die nachhaltigen und zukunftsfähigen Glasfaseranschlüsse bis zu den Gebäuden und Wohnungen werden zum allergrößten Teil von den alternativen Anbietern angeboten. Die gesamtwirtschaftlichen Folgen eines Exklusivrechts für Vectoring seien nicht abzusehen.
„Wir werden hierüber und über die Zukunft der Netzallianz im September ein sehr intensives Gespräch mit dem Bundesminister für Verkehr und Digitale Infrastruktur führen“, kündigt VATM-Präsident Martin Witt an. „Alle Mitglieder der Netzallianz – auch die Telekom – haben sich dem gemeinsamen schnellen Ausbau im Wettbewerb und nicht in neuen Monopolen verpflichtet“, betont Witt.