„Wettbewerbsförderung ist die beste denkbare Investitionsförderung“, fassen die Verbands-Geschäftsführer Jürgen Grützner (VATM) und Wolfgang Heer (BUGLAS) die Überzeugung der bei ihnen organisierten fast 200 Mitgliedsunternehmen zusammen. „Wenn es der EU-Kommission Ernst mit dem Ausbau von ‚very high capacity‘-Netzen und der Incentivierung des damit verbundenen Investitionsbedarfs im europaweit dreistelligen Milliardenbereich ist, muss sie die richtigen Anreize setzen. In den bislang vorliegenden Entwürfen ist jedoch bei der Investitionsförderung nur von Deregulierung die Rede“, bemängeln die beiden Geschäftsführer.
„Wir brauchen aber Regeln, die allen Investoren helfen, in Deutschland und Europa in neue Netze zu investieren. Warum die Wettbewerber, die in Deutschland seit mehr als 15 Jahren für mehr als die Hälfte aller Investitionen im TK-Markt verantwortlich zeichnen, bei Überlegungen zur Investitionsförderung außen vor bleiben, erschließt sich nicht“, so Grützner und Heer. Pan-europäischen Gedankenspielen, nach denen einige wenige große TK-Unternehmen den notwendigen Glasfaserausbau besser realisieren würden als ein auf vielen Anbietern basierender Wettbewerb, sei nach den Erfahrungen mit den erheblichen Investitionen regionaler Anbieter in Deutschland eine klare Absage zu erteilen.
Nach dem Willen der Kommission sollen künftig Wettbewerbsunternehmen unter dem Stichwort sogenannter „essential facilities“, also nicht replizierbarer Infrastrukturen, trotz des Fehlens von regulierungsauslösender Marktmacht in das Korsett einer symmetrischen Regulierung gezwungen werden und hiervon nur in begrenztem Maße Ausnahmen zulässig sein. „Damit werden nicht nur keine zusätzlichen Investitionen ausgelöst, sondern auch bereits getätigte entwertet“, kritisieren die Verbände.
Grundsätzlich begrüßen BUGLAS und VATM die Absicht der EU-Kommission, die Telekommunikationspolitik auf Gigabit-Konnektivität auszurichten. Ob die dazu im Entwurf des TK-Review ausgerufenen Konnektivitätsziele anspruchsvoll genug sind, war Gegenstand intensiver Diskussionen der Veranstaltungsteilnehmer mit den Vertretern von Kommission und des europäischen Regulierergremiums BEREC (Board of European Regulators for Electronic Communications). Positiv bewerten die beiden Verbände auch das Vorhaben, die Unabhängigkeit der nationalen Regulierer stärken zu wollen. Wie dieses Ziel konkret umgesetzt werden soll, ist aber in Brüssel noch nicht klar.
Hinsichtlich der Herstellung eines Level Playing-Fields zwischen Telekommunikationsunternehmen und OTTs (Anbieter von Over-the-Top-Services), die TK-ähnliche Dienste anbieten, sehen BUGLAS und VATM noch erheblichen Nachbesserungsbedarf am vorliegenden Entwurf zur Überarbeitung des europäischen TK-Rechtsrahmens. OTTs müssen nach Auffassung der beiden Verbände den gleichen sinnvollen Regelungen beispielsweise in den Bereichen Daten- und Verbraucherschutz unterworfen werden wie „herkömmliche“ TK-Anbieter, ohne dass hiermit Fragen der Zugangsregulierung vermischt werden.
Die gestrige Infothek „EECC – wir dekodieren den neuen Rechtsrahmen“ war bereits die zweite gemeinsame Informationsveranstaltung der beiden Verbände zum EU-TK-Review in Brüssel. BUGLAS und VATM werden ihre Mitgliedsunternehmen voraussichtlich im kommenden Frühjahr mit einer Folgeveranstaltung über den Fortgang der Beratungen zum europäischen Rechtsrahmen informieren.