Um die ehrgeizigen Ziele der Wirtschaft und Politik zu erreichen – Deutschland soll laut Koalitionsvertrag Vorreiter und Leitmarkt für den neuen Mobilfunkstandard 5G werden –, muss die Investitionsfähigkeit der Netzbetreiber Vorrang haben: Hohe Frequenzkosten aufgrund eines Einnahmen maximierenden Designs, die wie im Falle der UMTS-Versteigerung im Jahr 2000 die Investitionsmöglichkeiten der Anbieter über Jahre gelähmt haben, würden auch der künftigen 5G-Versorgung schaden. Dass es auch anders geht, zeigt das Nachbarland Frankreich: Dort wurde im Zuge anstehender Frequenzzuteilungen eine Vereinbarung mit den Mobilfunknetzbetreibern getroffen, die selbst vom französischen Regulierer als „historisch“[1] bezeichnet wird. Ein ähnlicher „nationaler Mobilfunkpakt“ ist auch in Deutschland möglich und wurde auf der heutigen Sitzung des Beirats der Bundesnetzagentur diskutiert.
Der Markt befindet sich in einer Hochinvestitionsphase: Um den 5G-Rollout ab 2020 zu stemmen, neue Anforderungen, wie z. B. bei der Versorgung von Verkehrswegen für das autonome Fahren zu erfüllen, und um „weiße Flecken“ zu versorgen bzw. die Versorgung im ländlichen Raum zu verbessern, sind Anstrengungen von allen Beteiligten erforderlich. Die Mobilfunknetzbetreiber im VATM stehen bereit.
Verzicht auf gewinnmaximierende Frequenzauktion
„Die Investitionsfähigkeit der Netzbetreiber darf nicht durch eine Frequenzregulierung gefährdet werden, die zu hohen Frequenzkosten führt. Niedrige Frequenzkosten lassen den Netzbetreibern durchaus Spielraum, sich sogar freiwillig hohen Anforderungen an die Versorgung zu unterwerfen. Die bisherige Kombination aus Versteigerung mit hohen Kosten und hohen Versorgungsauflagen hat sich nicht bewährt – ein „Weiter so“ gefährdet unseren Wirtschaftsstandort und den schnellen 5G-Roll-Out“, appelliert Jürgen Grützner, Geschäftsführer des VATM. Es wäre ein Fehler, wenn für die Frequenzvergabe ein Modell zur Anwendung käme, das Ende der 90er Jahre für die UMTS-Versteigerung erdacht wurde und schon damals zu einer nachhaltigen Schwächung der Branche geführt hat.
Hohe Versorgungsauflagen sind ein Irrweg
Hohe Versorgungsauflagen und hohe Frequenzkosten stehen im Widerspruch zueinander: Studien belegen, dass die Netzversorgung in jenen Ländern Europas besonders gut ist, in denen die Frequenzkosten verhältnismäßig gering sind[2]. Hohe Frequenzkosten reduzieren die Investitionsbudgets der Netzbetreiber enorm und verschlechtern somit die Ausgangssituation für Infrastrukturinvestitionen. „Ein höherer Versorgungsgrad ist gesamtwirtschaftlich betrachtet weitaus besser zu erreichen, indem Politik, Regulierer und Netzbetreiber an einem Strang ziehen“, so Grützner.
Der Koalitionsvertrag bietet dafür die Möglichkeiten. Der Vertrag sieht eine Gesamtstrategie zur Schließung der weißen Flecken vor: „Wir werden bestehende Funklöcher und weiße Flecken beim Mobilfunk und mobilen Internet zügig schließen und dazu mit den Ländern und den Mobilfunkanbietern eine bundesweite Gesamtstrategie erarbeiten.“ (Rz. 1220)
„Versorgungsauflagen sollten besser als freiwillige Versorgungsverpflichtungen seitens der Netzbetreiber in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag verankert werden. Im Gegenzug verzichtet die Politik auf gewinnmaximierende Vergabeverfahren und schafft investitionsfreundliche Rahmenbedingungen. In extremen Fällen sollten verbleibende Restgebiete durch eine bedarfsgerechte und gezielte Förderung versorgt werden“, fasst der VATM-Geschäftsführer den Lösungsvorschlag zusammen.
[1] arcep: Press Release, 22 January 2018
[2] Study on Spectrum Assignment in the European Union: LS telecom AG, Valdani Vicari & Associati, PolicyTracker, 10/2017, S. 10. Study on Spectrum Assignment