Die Telekom hat hingegen eine rund zehnprozentige Erhöhung der TAL-Entgelte beantragt. Diese lehnt der VATM klar ab. „Der Antrag basiert auf einer Kostenrechnungsmethode, die Investitionen nicht optimal fördert. Seit 18 Jahren werden die TAL-Entgelte nach der gleichen Berechnungsmethode festgelegt. Sie basiert auf Neubaukosten für ein Anschlussnetz bis zum Endkunden. Die Telekom weigert sich aber, ein solches auf Basis der zukunftsträchtigen Glasfaser – FTTB/H – zu tun und nutzt stattdessen die alte Kupferleitung mit billiger Vectoring-Technik weiter“, unterstreicht Grützner.
Unter Zugrundelegung neuer von der EU vorgeschlagenen Berechnungsmethoden müssten Preissenkungen vorgenommen werden, die den Ausbau mit Glasfaser zunächst bis zum Kabelverzweiger (KVz) deutlich attraktiver machen. Derzeit beträgt der Preis für die Wettbewerber 10,19 Euro pro Monat für die Anmietung der TAL am Hauptverteiler und 6,79 Euro bei der Anmietung am KVz. Die Telekom Deutschland hat nun eine Erhöhung auf 11,20 Euro für die HVt-TAL und auf 7,51 Euro für die KVz-TAL für den nächsten Genehmigungszeitraum ab 1. Juli 2016 beantragt. Die Wettbewerber zahlen jedes Jahr rund eine Milliarde Euro für die Vorleistungsprodukte an die Telekom.
Die Studie „TAL-Preise – Investition und Wettbewerb in Deutschland“ von Dr. Karl-Heinz Neumann und Prof. Ingo Vogelsang im Auftrag der 1&1 kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass eine Neujustierung des Preissetzungsmodells dringend erforderlich ist, die u. a. auch abgeschriebene Netzteile berücksichtigt und auf ein glasfaserbasiertes Netz abstellt. Die Wissenschaftler haben einen entsprechenden Vorschlag entwickelt.
Dr. Neumann und Prof. Vogelsang führen in ihrer Studie aus, dass die Telekom in der Zeit von 1999 bis 2015 über die regulatorisch festgesetzten Entgelte rund 40 Milliarden Euro anhand von Abschreibungen verdiente. Demgegenüber habe sie nur 18 Milliarden Euro in das Anschlussnetz investiert. Damit ergebe sich eine Investitionslücke von mehr als 20 Milliarden Euro. „Den Vorleistungsnachfragern, also den Wettbewerbern, hingegen wurden eigene Finanzmittel durch die überhöhten Entgelte entzogen, die damit für Investitionen in eigene Glasfasernetze fehlten“, betont VATM-Geschäftsführer Grützner. Es müsse ein Anreiz auch für die Telekom bestehen, altes Kupfer abzubauen und in moderne Glasfasernetze mit entsprechenden Vorleistungsprodukten zu investieren.
Außerdem, ergänzt Grützner, erwarte das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur allein durch das Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze (DigiNetzG) deutliche Einsparungen beim Breitbandausbau – bis zu 20 Prozent. „Davon wird die Telekom als bundesweit agierendes Unternehmen deutlich profitieren“, so Grützner.