- Höchste Investitionen seit 20 Jahren: 57 Prozent der 10,8 Milliarden Euro kommen von den Wettbewerbern der Telekom
- Mehr neue FTTB/H-Anschlüsse denn je: Zahl nimmt um 2,1 Millionen zu
- Auch TV-Breitbandkabel bringt nochmals 1,2 Million neue gigabitfähige Anschlüsse
- Mehr als 31 Millionen gigabitfähige Anschlüsse in Deutschland verfügbar
- Ende 2021 können zwei Drittel aller Haushalte einen Gigabit-Anschluss buchen
- Zahl der 1-Gbit/s-Buchungen hat sich im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt
- Erstmals mehr als 100 Milliarden Gigabyte im Festnetz
- VATM: Neue Regierung muss umdenken und neue Maßnahmen ableiten
Mit 31,4 Millionen verfügbaren Gigabit-Anschlüssen stehen Ende des Jahres rund 66 Prozent der deutschen Haushalte gigabitfähige Netze zur Verfügung (Abb. 12 u. 13). Bei den verfügbaren gigabitfähigen Anschlüssen – HFC-Kabel-(DOCSIS 3.1)- und FTTB/H-Anschlüssen – geht es also hierzulande 2021 deutlich voran. Neun von zehn dieser Anschlüsse, die von den Kundinnen und Kunden gebucht werden, stammen von den alternativen Anbietern.
Beim Neubau von Glasfaseranschlüssen bis ins Haus oder die Wohnung (FFTB/H) wird mit 2,1 Millionen ein neuer Höchststand innerhalb eines Jahres erreicht (Abb. 9). Die Zahl der „echten“ Glasfaseranschlüsse insgesamt wächst um fast 40 Prozent auf 7,5 Millionen. Mehr als ein Drittel der FTTB/H-Anschlüsse wird von Kundinnen und Kunden genutzt. „Die Telekom holt bei den Glasfaseranschlüssen zwar auf, vermarktet diese aber noch nicht so erfolgreich wie die Wettbewerber“, so Prof. Gerpott. Insgesamt bleibt die Rate ausbaufähig. Der DOCSIS-3.1-Ausbau und damit die Aufrüstung der Kabel-HFC-Netze auf Gigabit-Geschwindigkeiten steht in Deutschland vor dem Abschluss. Die Zahl der verfügbaren Gigabitanschlüsse in Breitbandkabelnetzen steigt 2021 nochmals um 1,2 Millionen auf fast 24 Millionen Anschlüsse (Abb. 11).
Insgesamt setzt sich in Deutschland der Trend zu Anschlüssen mit mehr Geschwindigkeit aber deutlich fort. „Dazu hat auch die Corona-Pandemie unter anderem mit Homeoffice und -schooling beigetragen“, so Prof. Gerpott. Über die Hälfte der Kundinnen und -kunden nutzen Bandbreiten von 50 Mbit/s oder mehr (Abb. 14). Bereits 5,4 Millionen von ihnen haben sehr schnelle Anschlüsse mit Bandbreiten von mehr als 250 Mbit/s auf Basis von HFC- oder Glasfasernetzen und 2 Millionen sogar Bandbreiten von mindestens 1 Gbit/s gebucht. Damit hat sich die Kundenzahl im 1-Gbit/s- Segment innerhalb eines Jahres verdoppelt.
Datenvolumen nimmt weiter rasant zu
Der Datenhunger in Deutschland nimmt weiter rasant zu: Im Festnetz wird in diesem Jahr mit 102 Milliarden Gigabyte erstmals die 100-Milliarden-Gigabyte-Grenze übersprungen (Abb. 15) – das bedeutet eine Steigerung um 34 Prozent im Vergleich zu 2020. Das durchschnittliche Datenvolumen pro Anschluss und Monat beträgt 230,7 Gigabyte (+30 Prozent). Im Mobilfunk übertragen die Nutzerinnen und Nutzer 2021 insgesamt rund 6 Milliarden GB – das bedeutet eine Steigerung von 33 Prozent (Abb. 19). Pro Monat verbraucht der User durchschnittlich 3,3 GB.
5G-Aufbau schreitet zügig voran
Dreiviertel der Ende 2021 aktiven persönlichen Mobilfunk-SIM-Karten werden es den Kundinnen und Kunden ermöglichen, Mobilfunknetze der vierten oder fünften Generation zu nutzen (Abb. 17). „Die Anzahl der 5G-fähigen SIM-Karten hat sich innerhalb eines Jahres auf 10,8 Millionen mehr als verdreifacht. Der Aufbau der 5G-Mobilfunknetze schreitet in 2021 zügig voran“, erläutert Prof. Gerpott.
Es wird mehr gesprochen
Die Telefonie erfreute sich 2021 weiterhin wachsender Beliebtheit. Rund 963 Millionen Minuten wird im Durchschnitt hierzulande täglich telefoniert (Abb. 5). Der Anstieg fällt damit aber geringer aus als im ersten Pandemiejahr 2020 (2020: +16 Prozent, 2021: +4 Prozent). 2020 stieg auch erstmals seit 13 Jahren die Zahl der Festnetzminuten – und auch in diesem Jahr wurde vor allem zu Lockdown-Zeiten noch etwas häufiger per Festnetz telefoniert: durchschnittlich 296 Millionen Minuten täglich (+4 Prozent). Häufiger und auch insgesamt am längsten greifen die Bürgerinnen und Bürger zum Smartphone: 433 Millionen Minuten täglich wird mobil gesprochen, 234 Millionen Minuten über die Nutzung von OTTs.
Festnetzumsatz steigt erstmals seit 2016 leicht
Auch die Umsatzseite im Telekommunikationsmarkt beleuchtet die Studie: Der Gesamtumsatz der TK-Anbieter steigt 2021 nominal um 1 Prozent auf 59,1 Milliarden Euro (Abb. 1-4). Die Erlöse im Mobilfunkmarkt wachsen um 0,2 Milliarden Euro auf 26,1 Milliarden Euro. 17,9 Milliarden (+0,1 Milliarden Euro) entfallen auf die Wettbewerber und 8,2 Milliarden Euro auf die Telekom. Im Festnetzmarkt werden die Unternehmen stabil 33 Milliarden Euro (+0,4 Milliarden Euro) umsetzen – 15,5 Milliarden Euro davon entfallen auf die Telekom (-0,2 Milliarden Euro), die TK-Wettbewerber (ohne Kabelnetze) verbuchen dieses Jahr 11,4 Milliarden Euro (2020: 10,9 Milliarden Euro). Der Kabelmarkt wächst erneut um 0,1 auf nunmehr 6,1 Milliarden Euro. Damit legen die Wettbewerber beim Umsatz sowohl im Teilmarkt Festnetze als auch im Teilmarkt Mobilfunknetze leicht zu.
Besonders wichtig für den Wirtschaftsstandort Deutschland ist der Geschäftskundenmarkt (Abb. 3). Dieser ist weiterhin hart umkämpft. Hier sind die Wettbewerber bei der Umsetzung von Geschäftskunden-Anschlüssen immer noch sehr stark auf die Vorleistungen der Telekom angewiesen, auch durch die zweite Vectoring-Entscheidung der Bundesnetzagentur. Während die Telekom rund 11,8 Milliarden Euro mit Geschäftskunden umsetzen wird, sind es bei den Wettbewerbern 9,2 Milliarden Euro (44 Prozent).
VATM-Präsident: Realistische Ziele setzen, richtige politische Maßnahmen ableiten
VATM-Präsident David Zimmer bezog bei der Vorstellung der Marktstudie wie folgt Stellung: „Dass wir beim Gigabit-Ausbau so gut aufholen und an der Leistungsgrenze der verfügbaren Baukapazitäten arbeiten, ist eindeutig dem Wettbewerb zu verdanken. Wir bauen schneller, als wir vermarkten können.“ Der zügige weitere Ausbau von digitalen Netzen bleibe eine zentrale infrastrukturpolitische Herausforderung. „Die neue Bundesregierung muss hierfür umgehend die Weichen stellen“, so Zimmer. Der VATM hat einen Katalog mit Maßnahmen erarbeitet, die schnellstmöglich umgesetzt werden müssen.
Privat vor Staat
Die auf 2025 ausgerichteten Ausbauziele haben die dringend nötige politische Handlungsperspektive bis 2030 bislang verhindert. Ausbauplanungen und vor allem Förderkonzepte der alten Bundesregierung haben der Dynamik des Marktes nicht Rechnung getragen. „Wenn ein wirklich wettbewerbs- und innovationsfreundliches Umfeld geschaffen wird, können wir Deutschland vielleicht sogar noch vor dem Jahr 2030 vollständig mit gigabitfähigen Infrastrukturen ausstatten“, betont der VATM-Präsident. Für den Breitbandausbau, gerade auch für den ländlichen Raum, stehen mehr als 30 Milliarden Euro private Investitionsmittel allein der Wettbewerber zur Verfügung – mehr als je zuvor. Förderung verzögert den Ausbau um zwei bis drei Jahre. Sie darf niemals einen möglichen eigenwirtschaftlichen Ausbau verhindern. Das bestehende Förderkonzept muss daher unverzüglich überarbeitet und ergänzt werden.
Auch ein Recht auf schnelles Internet oder weitergehende Versorgungs- und Ausbauverpflichtungen können die Leistungsfähigkeit der alten Kupferdoppeladernetze nicht verbessern oder die Bau- und Fachkräftekapazitäten erhöhen. „Für die Zeit bis zum Glasfaserausbau brauchen wir eine unkomplizierte Übergangslösung, um die digitale Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger zu ermöglichen. Eine solche schnelle Digitalisierungshilfe kann ausschließlich per Funk oder Satellit erfolgen“, so David Zimmer. Der gerade eingeführte Digitalisierungszuschuss des BMVI sei leider unbrauchbar, da er nur etwa ein Prozent der Problemfälle abdeckt und um Jahre zu spät abrufbar ist.
Weit über 200.000 einzelne Gebäude verfügen bundesweit in gut versorgten Gebieten aufgrund der Physik zu langer Kupferdoppeladerleitungen nicht über schnelles Internet. Zimmer appelliert: „Für rund eine Million Menschen brauchen wir mit höchster Priorität eine funkgestützte Digitalisierungshilfe, bis der Glasfaserausbau realistischerweise erfolgen kann.“
Da Baukapazitäten und Fachkräfte auch in Zukunft nur begrenzt verfügbar sein werden, müssen aus VATM-Sicht alle Möglichkeiten genutzt werden, um mit den vorhandenen Ressourcen schneller zu bauen. Die Normierung von Verlegeverfahren in geringerer Tiefe muss zügig finalisiert werden. Außerdem werden bundesweit harmonisierte und digitalisierte Antrags- und Genehmigungsverfahren dringend benötigt.
„Wir brauchen einen verbesserten Rahmen für innovative digitale Anwendungen, vor allem bei Verwaltung und Gesundheitswesen, die konkreten Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger mit sich bringen und die Nachfrage nach Gigabit-Anschlüssen stimulieren“, fordert der VATM-Präsident. Der Staat müsse zum Anbieter und zum Nachfrager solcher digitalen Dienste werden.
Zur Umsetzung aller notwendigen Maßnahmen braucht es Manpower und agiles Handeln. Die digitalpolitischen Kompetenzen müssen ressortübergreifend auch institutionell gebündelt werden. Ein Digitalministerium, das im Ressortprinzip Mitspracherecht und entsprechende Mittel hat, ist sinnvoll. Zimmer: „Wichtig ist vor allem eine mit ausreichend kompetentem Personal ausgestattete Digitalagentur, die zugkräftig agiert, bestehende Projekte vernetzt, Synergien kreiert und die Konzepte, Strategien und Maßnahmen effizient in die Praxis überführt.“