Das Ziel eines flächendeckenden Gigabit-Netzes in Deutschland bleibt eine der großen infrastrukturellen Herausforderungen dieser Dekade, auch wenn bei mehr als 5 Millionen echten Glasfaseranschlüssen zum Jahresende eine sich beschleunigende Dynamik beim Ausbau feststellbar ist. „In der noch lang andauernden Übergangsphase sind wir essenziell auf den Wettbewerb bei VDSL-basierten Vorleistungsprodukten angewiesen. Wir bauen so viele Gigabit-Anschlüsse wie niemals zuvor – am Limit der Tiefbaukapazitäten. Aber noch viele Jahre muss ein großer Teil der Unternehmen ihren Kunden VDSL-basierte Leistungen zu wettbewerbsfähigen Preisen anbieten können. Wenn Ausbau und die zügige Migration von Kupfer auf Glasfaser gelingen sollen, müssen die kommenden Entgeltgenehmigungsentscheidungen der Bundesnetzagentur hierzu entscheidend beitragen“, appelliert Grützner.
Würde der Entgeltantrag der Telekom ohne deutliche Änderungen genehmigt, bedeute dies für die Wettbewerber eine sachlich völlig ungerechtfertigte Erhöhung der Kosten. Dies setzt die falschen wettbewerblichen Impulse für den Markt und für die Zukunft, betont Grützner. Vielen Zugangsnachfragern der Telekom würden Investitionsmittel für den eigenen Gigabit-Ausbau entzogen. Aber auch Unternehmen und Investoren, die in der Migrationsphase nicht unmittelbar von alten Kupfernetzen unabhängig sind, müssten durch quersubventionierten Telekom-Ausbau oder weitere DSL-Billigpreisaktionen erhebliche Wettbewerbsnachteile hinnehmen. Höhere Vorproduktpreise begünstigen den Glasfaserausbau nicht. Denn hieraus resultierende höhere Endkundenpreise wären – aufgrund der Wettbewerbssituation zum TV-Breitbandkabel/HFC – völlig unrealistisch. Aus Sicht des VATM wäre das Risiko höherer Preise zu Zeiten von Corona-Pandemie und Digitalisierungszielen gerade für den ländlichen Bereich wenig wünschenswert. „Ungerechtfertigte Preiserhöhungen bei den Vorleistungen der Telekom schaden daher vielen ausbauenden Unternehmen. Sie bedeuten einen einseitigen Wettbewerbsvorteil der Telekom, der wie bislang nachweislich nicht zum verstärkten Glasfaserausbau geführt hat, sondern zum Verdrängungswettbewerb und Überbau auch zahlreicher kommunaler Ausbaubemühungen“, sagt Grützner.
Es ist daher wichtig, dass die BNetzA ihre bisherige Genehmigungspraxis anpasst. Dies gilt z. B. insbesondere in Bezug auf den anzulegenden Kostenmaßstab, der es bislang erlaubt, die Kupferpreise auf Basis fiktiver Neubaukosten zu berechnen (Wiederbeschaffungskosten). „Die BNetzA verfügt über den erforderlichen Entscheidungsspielraum und die notwendigen Instrumente, um ungerechtfertigte Entgeltsteigerungen zu verhindern und den tatsächlich kostensteigernden Faktoren, wie sich weiter verknappenden Tiefbauressourcen und einer sinkenden Auslastung der Telekom-Infrastruktur, effektiv und langfristig entgegenzutreten“, betont VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner.
Das vom VATM beauftragte Gutachten „Ökonomische Einschätzung zu neuen Entgelten für Layer 2 VDSL Anschlüsse“ von Prof. Dr. Frank Maier-Rigaud und Prof. Dr. Ulrich Schwalbe zeigt auf, wie die konzeptionellen Voraussetzungen, die angemessene Entgelte aus ökonomischer Sicht erfüllen sollten, geschaffen werden können (Link zur Studie). Die Stellungnahme des VATM steht Ihnen ebenfalls unter vatm.de zur Verfügung.
[1] Der Bitstrom-Zugang ist ein entbündeltes Vorleistungsprodukt, d. h. hier wird nicht nur die Kupferleitung – TAL – zum Kunden physikalisch zur Verfügung gestellt, sondern auch der Transport der Daten bis zu einem Punkt im Netz, an dem der Wettbewerber diese Daten in das Netz der Telekom einspeisen darf. Hinsichtlich Qualität und Produktgestaltung bedeutet Bitstrom eine deutlich stärkere Abhängigkeit des Nachfragers vom Anbieter als bei der unbeschalteten TAL.