„Wir brauchen einen Reboot für Germany. Die richtige digitale Infrastruktur ist die Basis für unsere Zukunft. Wir befinden uns gerade in einem Umbruch von einer Industrie- in eine Wissens- und Datengesellschaft. Dabei darf Europa nicht zu einer Datenkolonie von den USA und China werden. Es ist jetzt notwendig, eine führende Rolle einzunehmen“, sagte Vodafone-Deutschland-Chef Dr. Hannes Ametsreiter. Ametsreiter und Thorsten Dirks, CEO Deutsche Glasfaser Unternehmensgruppe, diskutierten über die Leitplanken für eine bessere Telekommunikationspolitik. Wichtigster Treiber des Gigabit-Ausbaus ist und bleibt der Wettbewerb. Davon zeigten sich Dr. Ametsreiter, Dirks und Zimmer überzeugt und verwiesen auf die deutlich veränderte Investitionssituation in Deutschland. „Anders als noch vor zwei Jahren erlebt der Glasfaserausbau gerade auf dem Land eine große Dynamik dank Investoren, die in den nächsten Jahren mehr als 30 Milliarden Euro in den Ausbau stecken werden. Investitionsmittel stehen also mehr als genügend zur Verfügung“, sagte Dirks.
So zeigt auch die aktuelle TK-Marktstudie von Dialog Consult und VATM eine große Dynamik bei den Ausbauaktivitäten. Zwei Drittel aller Haushalte können gigabitfähige Anschlüsse buchen. Es wurden noch nie so viele Glasfaseranschlüsse gebaut wie 2021 – insgesamt zu 90 Prozent ohne Fördermittel des Bundes. Der Investitionshorizont der Anleger hat sich verlängert. Die Renditeerwartungen sind nicht mehr so hoch. Da auch die in Ballungszentren oft gleich mehrfach gute Versorgung auf dem Land meist fehlt, sind genau hier die Chancen für sichere und gut planbare Investitionen am größten. „Daher profitiert der ländliche Bereich so stark vom Ausbauboom“, so Zimmer.
Die bisherige Förderung passte zwar mit einer auf drei Jahre begrenzten Sichtweise gut zum Ausbau der weißen Flecken. Mit einer derart eingeschränkten Perspektive wird uns aber die Schließung der grauen Flecken bis zum Jahr 2030 nicht gelingen. Der eigenwirtschaftliche Ausbau ist zwei bis drei Jahre schneller und dabei preiswerter als mit zeitraubenden Markterkundungs-, Ausschreibungs- und Genehmigungsverfahren. Ohne eine vorgeschaltete Planung müssten nicht nur tausende völlig unnötige Markterkundungsverfahren durchgeführt werden. Vor allem würden tausende Gebiete künstlich zu Fördergebieten, in denen der Ausbau zwar völlig problemlos in vier oder fünf Jahren erfolgen könnte, aber eben nicht innerhalb von drei Jahren, so Zimmer.
„Wir brauchen nur in ganz wenigen Fällen noch Förderung. Mehr Förderung als nötig verhindert und verzögert den Ausbau massiv. Noch mehr Förderung ist, als würde man in ein volles Glas immer mehr Milch gießen. Wir können so nicht schneller bauen – nur teurer. Unsere Aufgabe gemeinsam mit der Politik muss es sein, neue sinnvolle Regeln zu finden, die Förderung genau dort hinzubringen, wo sie wirklich in den nächsten Jahren unverzichtbar ist. Wir müssen bei der Förderung klug priorisieren und möglichst dort zuerst bauen, wo der Bedarf bei den Bürgerinnen und Bürgern am größten ist“, stellte Dirks klar.
Eine sehr wichtige Rolle für den Fortschritt beim Ausbau spielen laut Dr. Ametsreiter und Dirks bundesweit harmonisierte und digitalisierte Antrags- und Genehmigungsverfahren für den Mobilfunk und für das Festnetz. Digitalisierung müsse so genutzt werden, dass trotz begrenzter Baukapazitäten mehr Kilometer geschafft und mehr Häuser angeschlossen werden können. Die Zusammenarbeit mit den Kommunen ist bei den Verfahren von großer Bedeutung. Das gilt sowohl für den möglichst schnellen Ausbau von Glasfaser als auch für die 5G-Versorgung. Hier müssen möglichst schnell bürokratische Hindernisse abgebaut und die Verwaltung digitalisiert werden. „Bei der Dauer von Genehmigungsverfahren müssen wir von teils zwei Jahren auf sechs Monate runterkommen“, betonte Dr. Ametsreiter. Dirks ergänzt: „Zum Beispiel hier kann das Geld deutlich besser in die Digitalisierung der Verwaltung gesteckt werden als in überflüssige Förderung.“
Noch immer haben Kommunen Vorbehalte gegenüber minimalinvasiven Bauverfahren, die für Glasfaserkabel die Bürgersteige nicht mehr 70 Zentimeter tief aufgraben müssen und sich über Jahre bewährt haben. Für einen schnelleren und ressourcenschonenderen Netzausbau muss daher die Normierung für Verlegeverfahren in geringerer Tiefe zügig finalisiert werden.
Zum Abschluss der Diskussion zur Digitalisierung und den Leitplanken der TK-Politik stand für die Unternehmenschefs Dr. Ametsreiter und Dirks fest: „Wir müssen wieder eine Nation der Macher werden und uns mehr um die Umsetzung kümmern.“
Die Aufzeichnung der Veranstaltung „VATM Virtuell Spezial“ steht Ihnen in Kürze unter www.vatm.de zur Verfügung.