Gleiche Qualifikation, zusätzliche technische Expertise
Das Gutachten macht deutlich, dass an die unabhängigen Prüfer die gleichen hohen Qualifikationsanforderungen gestellt werden wie an Wirtschaftsprüfer. Eine Akkreditierung durch die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) nach den strengen Vorgaben der EU-Verordnung 765/2008/EG stellt sicher, dass unabhängigen Prüfer alle notwendigen fachlichen, organisatorischen und rechtlichen Anforderungen erfüllen. „Die Gleichwertigkeit der Qualifikationen ist europarechtlich eindeutig geregelt. Es gibt keinen sachlichen Grund, diese Dienstleister vom Markt auszuschließen“, sagt Prof. Dr. Thomas Klindt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und einer der Autoren des Gutachtens. Unabhängige Prüfdienstleister wie die TÜV-Organisationen verfügen darüber hinaus über zusätzliche technische Kompetenzen, die über das reine Finanzwissen von Wirtschaftsprüfern hinausgehen. „Gerade in den Bereichen Umwelt und Soziales bringen technische Prüfdienstleister tiefgehendes Fachwissen mit, das für die Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten von entscheidender Bedeutung ist“, ergänzt Bühler. Dementsprechend sollte statt der geplanten Berufseinschränkung ein Qualitätswettbewerb auf dem Markt stattfinden.
Eingriff in den Wettbewerb und wachsende Marktkonzentration
Bereits jetzt sind die „Big Four“ Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in Deutschland marktbeherrschend. Ein Ausschluss unabhängiger Prüfer bei der Prüfung der Nachhaltigkeitsberichte würde diese Konzentration weiter verstärken und Kapazitätsengpässe schaffen – insbesondere zum Nachteil mittelständischer Unternehmen. Nach den Ergebnissen einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag des TÜV-Verbands unter 500 Unternehmen ab 20 Mitarbeitenden würde eine deutliche Mehrheit (79 Prozent) eine technische Prüforganisation mit der Prüfung ihres Nachhaltigkeitsberichts beauftragen. Die meisten Organisationen sehen in der Zulassung von unabhängigen Prüfdienstleistern eine Möglichkeit, Kosten zu sparen und die Flexibilität bei der Erfüllung der Berichtspflichten zu erhöhen.
Deutschland riskiert europarechtliche Klage
Das Rechtsgutachten betont, dass der vorliegende Gesetzentwurf nicht nur den europäischen Wettbewerb verzerren würde, sondern auch gegen europäisches Primärrecht in Form der Berufs- und Unternehmensfreiheit verstößt. Denn jede nationale Umsetzung der CSRD muss sich an der Charta der Grundrechte der Europäischen Union messen lassen. „Sollte der Deutsche Bundestag keine Änderungen vornehmen, drohen Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof“, warnt Klindt.
Der TÜV-Verband fordert den Deutschen Bundestag auf, den Gesetzentwurf zu korrigieren und technische Prüforganisationen wie TÜV oder DEKRA zuzulassen. „Ein offener Prüfmarkt stärkt den Wettbewerb, erhöht die Verfügbarkeit von Dienstleistungen und senkt die Kosten für Unternehmen“, so Bühler. „Insbesondere die technischen Kompetenzen von unabhängigen Prüfdienstleistern wie den TÜV-Organisationen sind ein enormer Vorteil, der gerade bei der Prüfung von Nachhaltigkeitsberichten genutzt werden sollte.“ Mit den neuen Erkenntnissen des Rechtsgutachtens wird sich der TÜV-Verband im weiteren parlamentarischen Verfahren für die Öffnung des Prüfmarktes einsetzen.
Methodik-Hinweis: Grundlage der Angaben ist eine repräsentative Umfrage des Marktforschungsinstituts Forsa im Auftrag des TÜV-Verbands unter 500 Unternehmen ab 20 Mitarbeitenden. Die Umfrage wurde zwischen Mai und Juli 2024 durchgeführt.
Frage: Wenn Sie die Wahl hätten: Welche der folgenden Institutionen bzw. Einrichtungen würden Sie mit der Überprüfung von Nachhaltigkeitskriterien beauftragen? (Mehrfachnennung möglich)