Digitale Produkte nachhaltiger gestalten
Die Umfrage verdeutlicht die ökologischen Spannungsfelder der Digitalisierung: Rechenzentren, Kommunikationsinfrastrukturen und die steigende Anzahl an Endgeräten benötigen immer mehr Energie und knappe Rohstoffe. „Die zentrale Herausforderung besteht darin, den digitalen Wandel so zu gestalten, dass er zum Treiber für eine nachhaltige Zukunft wird und ökologische Krisen nicht weiter verschärft“, sagt Petrich. Um den CO2-Fußabdruck und den Kühlaufwand großer Serverfarmen zu senken, müssten bereits bei der Standortwahl und für den Bau von Rechenzentren strenge Kriterien gelten. „Die Abwärmenutzung muss geregelt und der Energiebedarf weitgehend aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden“, so Petrich. Die Bundesregierung hat die wesentlichen Ziele und Maßnahmen für eine nachhaltige Ausrichtung von Rechenzentren im Koalitionsvertrag festgehalten. Jetzt kommt es auf eine konsequente Umsetzung an. Petrich: „Unabhängige Prüfungen stellen die Einhaltung dieser Anforderungen bei Planung, Bau und dem nachhaltigen Betrieb von Rechenzentren sicher und sollten gesetzlich festgeschrieben werden.“
Ein weiteres Problem sieht der TÜV-Verband im enormen Verbrauch und der kurzen Lebensdauer elektronischer Geräte. Ob Smartphones, Tablets, Wearables oder andere digitale Gadgets: kurzlebige Produkte schaden der Umwelt. „Für Hardware müssen schon bei der Produktentwicklung Nachhaltigkeitsanforderungen gelten“, sagt Petrich. „Unter anderem sollten Zielwerte für recycelbare Anteile und die Lebensdauer eines Produkts gesetzlich festgelegt werden.“ Zudem sollten in einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft Produkte repariert werden können, um ihre Haltbarkeit zu verlängern. „Eindeutige Hinweise wie ein ‚Ready for Repair‘ Zeichen könnten den Verbraucher:innen Kaufentscheidungen im Sinne der Nachhaltigkeit erleichtern“, sagt Petrich. „Mit einem Prüfzeichen versehene Produkte müssten spezifische Anforderungen erfüllen wie zum Beispiel das Vorhalten von Ersatzteilen, den einfachen Austausch von Komponenten oder garantierte Software-Updates.“ Wichtig sei zudem der einfache Zugang zu Reparaturmöglichkeiten. Reparaturen sollten deshalb von qualifizierten freien Werkstätten und nicht allein von eigenen oder autorisierten Werkstätten der Hersteller und Händler durchgeführt werden können.
Künstliche Intelligenz unter Nachhaltigkeitsaspekten betrachten
Nicht zuletzt müssen aus Sicht des TÜV-Verbands auch besonders rechenintensive Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) unter Nachhaltigkeitsaspekten betrachtet werden. „KI-Modelle, die mit großen Datenmengen arbeiten, verbrauchen viel Energie. Aktuell macht allerdings kaum ein Unternehmen den CO2-Ausstoß der Anwendungen transparent“, sagt Petrich. „In Zukunft sollte der Energieverbrauch bei der Entwicklung großer KI-Systeme dokumentiert werden müssen.“ Lösungen für eine energieeffiziente KI-Modellierung stehen heute schon bereit. Petrich: „Komplexe KI-Systeme sollten trainiert werden, wenn viel erneuerbare Energien zur Verfügung stehen. Bei Knappheit können Trainingspausen eingelegt werden, um nicht auf fossile Energieträger ausweichen zu müssen.“
Für die Bewertung von Nachhaltigkeitsaspekten von KI-Systemen werden derzeit entsprechende Prüfmethoden entwickelt. Der TÜV-Verband hat gemeinsam mit dem BSI und dem Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (HHI) in einem Paper auf die Auditierbarkeit von KI-Systemen hingewiesen. Im TÜV AI Lab werden bereits heute geeignete Prüfverfahren entwickelt, um die angestrebte Regulierung von Künstlicher Intelligenz von Anfang an begleiten und praktische Anwendungsbeispiele liefern zu können.
Unsere Position „Chancen von Grüner IT und KI nutzen“: www.tuev-verband.de/positionspapiere/chancen-von-gruener-it-und-KI-nutzen
Weitere Informationen zur TÜV Sustainability Studie sind abrufbar unter: www.tuev-verband.de/pressemitteilungen/sustainability-studie
Methodik-Hinweis: Grundlage der Studienergebnisse ist eine repräsentative Umfrage des Marktforschungsinstituts Ipsos im Auftrag des TÜV-Verbands unter 504 Unternehmen ab 25 Mitarbeitenden in Deutschland. Die Befragung wurde im Mai und Juni 2022 durchgeführt. Befragt wurden Personen, die für Entscheidungen zum Thema Nachhaltigkeit verantwortlich sind, darunter Geschäftsführer:innen, Führungskräfte und Expert:innen.