Lieber Weihnachtsmann, was glaubst Du, was nächstes Jahr auf Dich zukommt? Wird Dein Leben einfacher?
Ach je, das wird wieder ein riesiger bürokratischer Aufwand. Ich habe bald keine Lust mehr, den Weihnachtsmann für die Umweltpolitik zu spielen. Wie Ihr Euch sicherlich denken könnt, stehe ich stellvertretend für ganz viele Weihnachtsmänner und -frauen, die seit Jahrhunderten versuchen, das Geschäft mit den schönen Geschenken so aufrecht zu erhalten, dass die Umwelt keinen Schaden nimmt. Und Ihr könnt versichert sein, dieses wird mit jedem Jahr schwieriger. Keiner versteht mehr die tausend Vorschriften, die wir alle beachten müssen. In irgendeiner Form arbeiten jede Weihnachtsfrau und jeder Weihnachtsmann ungewollt gegen manche Vorschriften.
Und woran liegt das?
Bevor wir überhaupt Geschenke verteilen dürfen, müssen wir uns mit Vorschriften auseinandersetzen, deren Sinnhaftigkeit für die Umwelt von einer Bürokratieflut oftmals weggespült wird. Und ständig werden neue Vorschriften erlassen, die sich manchmal sogar gegenseitig widersprechen. Wie sollen die armen Weihnachtsfrauen und -männer dieses alles regeln, wenn selbst die zuständigen Ruprechtsbehörden den Überblick verloren haben? Und dann kommt ja demnächst noch der „Open Scope“.
“Open Scope“? Kannst Du bitte unseren Mitgliedern erklären, was das bedeutet?
Aber sicher doch. Stellt Euch vor: Ich muss gewährleisten, dass ab dem 15.08. nächsten Jahres geprüft wird, ob z.B. Kleidung, Möbel oder Maschinen und ähnliche Geschenke elektrische Funktionen haben. Wenn ja, sind diese nach den neuesten Regelungen Elektrogeräte und müssen gemäß ElektroG registriert werden. Nur dann dürfen wir diese als Geschenke an die Erdenbürger in Deutschland verteilen. Zusätzlich müssen wir noch alle Elektrogeräte, die wir verschenken, in neue Kategorien umschlüsseln. Plötzlich müssen wir Kantenlängen und Bildschirmgrößen in Quadratzentimetern wissen, um eine richtige Zuordnung durchführen zu können. Das sind Parameter, die in unserem Geschenkewirtschaftssystem bisher nicht existieren. Das wird ein riesiger Aufwand. Wie soll ich dabei eine reibungslose Bescherung der lieben Kinder im nächsten Jahr gewährleisten?
Aber um den 15.08. sind doch vielerorts Sommerferien, selbst in Weihnachtshausen?Aus meiner Sicht hätte kaum ein schlechterer Zeitpunkt gewählt werden können. Mitten im Beschaffungsjahr, das schreit zum Himmel, aber anscheinend hört uns dort niemand zu!
Und warum äußerst Du Deine Kritik nicht mal bei den zuständigen Ruprechtsbehörden?
Das mache ich auch, aber da gibt es mehrere zuständige Behörden. Einige reagieren auf Kritik dadurch, dass sie Weihnachtsfrauen und -männer anschließend mit Missachtung bestrafen. Aber es gibt auch andere, die sind gegenüber unseren Argumenten sehr aufgeschlossen. Diese halten unseren Glauben an eine Frohe Weihnacht bei uns weiterhin aufrecht.
Halten sich denn alle Weihnachtsmänner an die Vorschriften?
Nein, bei weitem nicht. Es gibt viele Kollegen, die darauf vertrauen, dass sie nicht erwischt werden. Leider sind die Knechte Ruprechts, die für den Vollzug zuständig sind, sowohl personell als auch von der Flut der Regelungen hoffnungslos überfordert. Und dann gibt es ja auch noch die Osterhasen.
Die Osterhasen, was machen die denn?
Die verteilen ihre Eier über Internetplattformen wie z. B. Hasebay, Hasebaba und Hasezon und legen so die Eier direkt in die Nester der Kinder, oftmals ohne sich um die Sicherheits- und Umweltregelungen zu scheren. Von den Gefahren, die von manchen faulen Eiern ausgehen, wollen wir gar nicht erst reden.
Und die sind vor der Rute von Knecht Ruprecht sicher?
Das ist das Unfaire daran. Die Osterhasen haben ihre Server und die Läger außerhalb der Reichweite von Knecht Ruprecht's Rute aufgestellt. Somit sind sie vor ihm sicher, weil er sehr unbeweglich ist.
Findest Du das in Ordnung?
Nein, absolut nicht, die Plattformen können doch den Importeuren gleichgestellt werden und diese könnten dann als „Quasi-Weihnachtsmänner“ von Knecht Ruprecht zur Ordnung gerufen werden. Aber Knecht Ruprecht will sich nicht bewegen und zieht es vor, nur die Weihnachtsfrauen und -männer in seiner Reichweite zu überwachen. Was hat das dann noch mit Umweltschutz und Produktverantwortung zu tun?
Möchtest Du noch einen abschließenden Kommentar abgeben?
Ja gerne. Ich möchte einen meiner Kollegen zitieren: „Bei uns findet Umweltschutz oft nur auf dem Papier statt. Gesetze, Statistiken und Bürokratie alleine bringen aber keinen Umweltschutz. Nur wenn überprüft wird, was tatsächlich umgesetzt wird, kann man auf Verbesserungen für die Umwelt hoffen.“ Insbesondere zu Weihnachten.
Vielen Dank, lieber guter Weihnachtsmann, für die offenen Worte.
Nun fragen wir uns ernsthaft: An welches Weihnachtsmärchen sollen wir überhaupt noch glauben?
Liebe Mitglieder, Kunden und Geschäftsfreunde,
mit unserer Weihnachtsgeschichte möchten wir Sie möglichst schonend darauf vorbereiten, dass im nächsten Jahr schon wieder viele gesetzliche Änderungen auf uns zukommen, die wir gemeinsam mit Ihnen bewältigen wollen.
Darum möchten wir Ihnen versichern, dass wir Sie mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützen werden, damit Sie diese anstehenden Hürden überwinden.
Sehr positiv stimmt uns, dass wir uns bei vielen Behördenmitarbeitern bedanken können, die sich die Zeit genommen haben, die Probleme unserer Mitglieder und Kunden anzuhören und die sogar Lösungswege aktiv unterstützt und gestaltet haben.
Es wäre sehr hilfreich, wenn uns diese Verbindungen weiterhin erhalten bleiben, damit die Behördenwelt und die Welt der vielen uns angeschlossenen Unternehmen mit ihren oft existenzbedrohenden Problemen nicht immer weiter auseinander driften.
Allen Politikern, den Behördenmitarbeitern und insbesondere Ihnen, sehr geehrte Mitglieder, Kunden und Geschäftsfreunde sowie Ihren Familien wünschen wir ein Frohes Weihnachtsfest und ein gesundes, fröhliches und erfolgreiches neues Jahr.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr VERE e.V.
Jochen Stepp, Oliver Friedrichs, Christoph Brellinger