Aufgrund des starken Versiegelungsgrads und der baulichen Verdichtung sind Städte von den Auswirkungen des Klimawandels in hohem Maße betroffen. „Es kommt zu einer häufigeren und länger andauernden, überwiegend sommerlichen Überwärmung. Mit entsprechenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen für die Stadtbewohner“, sagt VDI-Experte Matthias Rau. Im Pressegespräch wurde betont, dass die verminderte nächtliche Abkühlung eine tragende Rolle spielt. Denn Hitzetage (maximale Lufttemperatur ≥ 30 °C) in Verbindung mit Tropennächten (minimale Lufttemperatur ≥ 20 °C) versetzen den Körper in thermischen Stress. „Thermisch induzierte Ausgleichströmungen gewinnen daher zunehmend an Bedeutung. Denn die Sicherstellung der Zufuhr kühlerer Luft in den überhitzen Stadtkörper stellt eine wichtige Maßnahme im Kontext einer nachhaltigen Stadtplanung dar, um dem Klimawandel zu begegnen“, weiß Dr. Valeri Goldberg.
Vorrangiges Ziel der Kaltluftversorgung im Siedlungsbereich ist es, in sehr warmen Nächten die aufgewärmten Wohngebäude zu kühlen, um die Schlafqualität in den Innenräumen zu verbessern. Die Richtlinie VDI 3787 Blatt 5 „Lokale Kaltluft“ gibt Empfehlungen für die Einbeziehung des Phänomens der lokalen Kaltluft bei der Stadt- und Regionalplanung mit dem Ziel, das Klima innerhalb bebauter Gebiete für den Menschen zu verbessern.
Notwendige Anpassungsstrategien
Der VDI empfiehlt folgende fünf Maßnahmen:
- Erhalt und Schaffung von Frischluftschneisen und Ventilationsbahnen: Diese tragen wesentlich zur Durchlüftung und Kühlung urbaner Bereiche bei.
- Grünflächenvernetzung und Bäume: Durch die Integration von Grünflächen und Alleen kann die Verdunstungsleistung erhöht und die Überhitzung reduziert werden.
- Lokale Begrünungsmaßnahmen: Fassaden- und Dachbegrünungen mindern die Gebäudeaufheizung und verringern den Kühlungsbedarf in Hitzeperioden.
- Entsiegelung von Flächen: Maßnahmen wie die Entsiegelung von Parkplätzen und Nebenstraßen erhöhen die Versickerungsleistung bei Starkregenereignissen.
- Verschattungssysteme: Diese reduzieren die Einstrahlung und tragen zur Abkühlung bei.
Kaltluft bildet sich insbesondere in Strahlungsnächten mit wolkenlosem Himmel und schwachem Wind. Bodennah strömt diese kühlere Luft in bebauten Gebieten ab, wobei die topografischen Gegebenheiten eine wesentliche Rolle spielen. In ebenem Gelände strömt Kaltluft durch Druckunterschiede zwischen Freiland und Stadt in die urbanen Bereiche und sorgt dort für thermische Entlastung.
Richtlinie VDI 3787 Blatt 5 zahlt auf Klimaanpassungsgesetz ein
Die Richtlinie VDI 3787 Blatt 5 bietet eine umfassende Darstellung der Entstehung und Dynamik von Kaltluft sowie methodische Ansätze zur Untersuchung und Modellierung von Kaltluftphänomenen. Sie dient als Leitfaden für die Planung und Umsetzung einer von mehreren effektiven Klimaanpassungsmaßnahmen in Städten. Das neue Klimaanpassungsgesetz tritt am 1.7. in Kraft und bezieht sich unter anderem auf die Stärkung der Klimaanpassung vor Ort. Für eine wirkungsvolle Vorsorge sollen möglichst flächendeckend, vornehmlich auf lokaler Ebene, Anpassungskonzepte und Maßnahmenpläne auf der Grundlage von Risikoanalysen erstellt werden. Die technischen Lösungen des VDI zahlen direkt darauf ein.